Die bevorstehende Schließung der Therme Sinnflut in Bad Brückenau und damit der Wegfall eines weiteren Schwimmbades für das Schulschwimmen beschäftigt Gunhild Seitz. Sie ist Kreisschulobfrau Schwimmen im Schulamt des Landkreises Bad Kissingen. „Was früher selbstverständlich war, gibt es heute nicht mehr“.
Von den Schwimmbädern, die für Schulschwimmen genutzt wurden und geeignet waren, existiert in absehbarer Zeit nur noch Hammelburg. Wildflecken, Münnerstadt und Bad Kissingen haben schon geschlossen, Bad Brückenau folgt im September. „Es bleibt ein Hallenbad übrig und das liegt am südlichen Ende des Landkreises.“ Ob und wann in Bad Brückenau wieder geschwommen werden könne, das sei derzeit noch völlig unklar.
Hammelburg bleibt übrig
Seitz erklärt: „Das Schwimmen gehört zum Pflichtkanon des Sportunterrichts. Dennoch kann dieser Pflicht in unserem Landkreis kaum nachgekommen werden.“ Ab Herbst könne nur noch der südlichste Teil des Landkreises mit Schwimmunterricht versorgt werden, nämlich im Saaletalbad Hammelburg . Da dort jedoch auch die weiterführenden Schulen und die städtischen Schulen Schwimmunterricht erteilen und die Badezeiten am Vormittag begrenzt sind, sei dieses Bad stark ausgelastet.
Außerdem stelle sich mit zunehmender Entfernung zu einem Schwimmbad immer die Frage nach dem Verhältnis Fahrzeit zu Wasserzeit. „Sämtliche anderen Schulen, seien es nun Kreis- oder Kommunalschulen, verfügen ab September nicht mehr über ein ordentliches Hallenbad im Landkreis Bad Kissingen.“
Schwimmen im Hotel
Einige Schulen dürfen kleinere Hotel- oder Klinikbäder nutzen, dies jedoch zeitlich stark eingeschränkt, da diese Bäder eigentlich in erster Linie einer anderen Klientel dienen und auch von ihrer räumlichen Gestaltung her nicht unbedingt auf Unterricht ausgelegt sind.
Schwimmen darf nicht zum Luxus werden
Für Seitz stellt sich die grundsätzliche Frage, inwieweit Kommunen sich Hallenbäder überhaupt noch werden leisten können. Ein Hallenbad sei immer ein Zuschussgeschäft, letztlich ein Luxus. Doch schwimmen dürfte weder für Schüler noch für ältere Menschen zum Luxus werden.
Seitz sieht den Landkreis, aber auch das Land und den Bund in der Pflicht. Gerade für strukturschwache Regionen sei es notwendig, dass großzügige Zuschüsse für Bau und Umbau, aber auch den Betrieb von Schwimmbädern fließen. „Sonst lernt in der Rhön keiner mehr schwimmen.“
Auch der Pressesprecher der Stadt Bad Kissingen Thomas Hack möchte Schwimmbäder künftig „regional denken“. „Die Kommunen dürfen von der großen Politik nicht allein gelassen werden.“
Politiker antworten
Wir haben bei Politikern aus Bund, Land und Landkreis nachgefragt. Einigkeit herrscht, dass Schwimmen eine hohe Bedeutung zukommt. Für Manuela Rottmann (MdB/Bündnis 90/Die Grünen) sind Frei- und Hallenbäder kein Luxus, sondern unverzichtbare Daseinsvorsorge. Dass an den Schwimmbädern, die aus den späten sechziger und frühen siebziger Jahren stammen, notwendige Sanierungen anstehen und diese Kosten Städte und Gemeinden oft überfordern, sei seit längerem bekannt.
Rottmann: Zu wenig Fördermittel
„Die Schwimmbadkrise in unserem Landkreis ist ja mit Händen zu greifen, wenn wir für 103.000 Einwohnerinnen und Einwohner bald nur noch ein einziges öffentliches Hallenbad zur Verfügung haben. Das ist ein Skandal. Und er war vorhersehbar.“ Rottmann kritisiert den Freistaat Bayern, der ihrer Ansicht nach zu wenig Fördermittel zur Verfügung stelle. „Das bayerische Sonderprogramm Schwimmbadförderung umfasst nur 20 Millionen Euro Investitionszuschüsse pro Jahr für ganz Bayern. Das langt gerade mal für eine Handvoll Schwimmbäder.“
Dittmar: 452 sanierungsbedürftige Bäder in Bayern
Auch Sabine Dittmar (MdB, SPD ) ist der bayerische Anteil zu gering. „Aktuell gibt es aus München für die 452 sanierungsbedürftigen Bäder in Bayern, deren Sanierung etwa 1,8 Milliarden Euro kosten würde, nur 120 Millionen Euro im Rahmen seines Sonderprogrammes Schwimmbadförderung. Das ist angesichts der Bedeutung der Bäder einfach viel zu wenig.“
Kirchner: 20 Millionen jährlich für Schwimmbäder
Staatssekretär Sandro Kirchner (MdL, CSU ) lässt über seine Pressestelle mitteilen, dass im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs der Freistaat seine Kommunen unterstütze, unter anderem auch beim Bau beziehungsweise bei Sanierungen von Hallenbädern, die für den Schulsport notwendig sind. Bestätigt wird das Sonderprogramm Schwimmbadförderung, auf das sich Rottmann und Dittmar beziehen, das von 2019 bis 2024 jährlich jeweils 20 Millionen Euro zur Verfügung stelle. Weitere Fördermöglichkeiten gebe es, laut Kirchners Pressestelle für touristisch genutzte Bäder.
Bär: Anfrage zur Förderung der Sinnflut läuft
Dorothee Bär (MdB, CSU ) hat als stellvertretende Parteivorsitzende weitergehende Informationen: „Von Seiten Bayerns ist eine Ausweitung von Programmen für Schwimmbäder in Prüfung. Nach Ankündigung unseres Ministerpräsidenten letzte Woche auch direkt in der Staatskanzlei.“ Und was die Sinnflut-Therme betrifft, sagt Bär: „Bei der Bundesregierung läuft meine Anfrage nach Förderung für die Sinnflut-Therme.“
Bund stockt auf
Laut Dittmar und Rottmann unterstütze der Bund seit 2015 die Modernisierung von Bädern im Rahmen des Bundesprogramms „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“. 2022 habe der Bundestag 476 Millionen Euro für das Programm zur Verfügung gestellt und dieses damit noch einmal deutlich aufgestockt. Doch Rottmann schränkt ein: „Das Programm ist mehrfach überzeichnet."
Bad Brückenau werde sich für das Programm bewerben, kündigte Dittmar an, die deshalb schon im Austausch mit den Verantwortlichen bei Stadt und Kurverwaltung sei.
Bold: Höhere Nutzungsgebühren sind denkbar
Auch Landrat Thomas Bold sei seit längerer Zeit in Gespräche zur Finanzierung der Sinnflut-Sanierung eingebunden. Eine Beteiligung des Landkreises an Schwimmbadsanierungen sei nicht ohne weiteres machbar. Es wäre eine freiwillige Leistung, die über den Schulsport hinaus gehe. Die Ausgaben wiederum müsste der Landkreis über die Kreisumlagen wieder auf alle Landkreis-Kommunen umlegen. „Dann müssten auch die Gemeinden bezahlen, die nicht zentrale Orte sind.“
Im Kreistag sei in der Vergangenheit aber schon mehrfach über die Beteiligung des Landkreises beraten worden. „Dabei haben wir den Kommunen immer auch signalisiert, dass wir als Landkreis bereit sind, uns über eine deutlich erhöhte Nutzungsgebühr indirekt an den Betriebskosten zu beteiligen.“ Denn nicht nur Sanierungsstau, sondern auch massiv gestiegene Energiekosten belasten Kommunen.
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