Sie war schon mal Mechatronikerin, Landschaftsgärtnerin und betreute Menschen im Seniorenhaus. Sie schnupperte ins Maurerhandwerk rein, orientierte sich beim Zimmerer und betätigte den Hoflader im Straßenbau. So viele Berufe, wie Melissa Kalmund von Juni bis Oktober testet, hat wohl bislang keiner aus eigener Anschauung kennengelernt. Als JobBloggerin des Landkreises ist genau das ihre Aufgabe, damit ihre Texte, Fotos und Videos im Internet-Blog, auf Facebook, YouTube und Instagram für Diskussionen sorgen.
20 Jobs in 20 Wochen vorzustellen, ist das Ziel der hippen Social-Media-Initiative, die der Landkreis im Juni 2018 im Rahmen seiner Standortkampagne startete. Einerseits hofft man, damit jungen Leuten bei der Berufsorientierung behilflich zu sein, andererseits möchte man den Firmen bei der Suche nach Fachkräften den Weg ebnen helfen.
Zwischenbilanz positiv
Ob das bei den jungen Leuten ankommt? Das Projekt-Team im Landratsamt zog zwischendurch schon positive Bilanz: „Es läuft richtig gut“, stellte Landrat Thomas Bold fest. Die Initiative sei hervorragend. Sowohl über die sozialen Medien als auch in persönlichen Gesprächen bekomme man hierzu jede Menge Rückmeldungen.
Auf Instagram und Facebook folgen ihr vor allem junge Leute, hat die JobBloggerin selbst beobachtet. „Die Follower-Zahl steigt ständig.“ Der Instagram-Account hat bereits 350 Follower, darunter nicht nur Jobsuchende, sondern auch Eltern und Firmenchefs, sagt Kalmund.
„Offenbar wollen viele Leute wissen, was da in den verschiedenen Jobs so abgeht“, sagt die junge Frau. Ihrer Ansicht nach ist eine derartigen Job-Werbung auch in Zukunft sinnvoll. „Das Projekt ist genial, denn sonst würde man gar nicht erfahren, was es hier im Landkreis alles gibt.“
Arbeiten trotz 30 Grad
Dass das Jobben in Serie mit Arbeit verbunden ist und nicht alles nur Spaß machen kann, war der 23-Jährigen freilich klar, als sie im Juni loslegte. Drei Tage war Kalmund zum Beispiel beim
Bauunternehmen Hell in Oerlenbach engagiert. Für die junge Frau offenbar kein Zuckerschlecken, wie sie freimütig auf ihrem Internet-Blog gesteht: „Ich merkte sofort, dass 30 Grad und strahlender Sonnenschein manchmal doch nicht so schön sind, wie ich es sonst immer empfunden habe.“ Die Zeit bei der Kurgärtnerei in Hausen gefiel ihr da offensichtlich viel besser, weil sie, wie sie sagt, ein absoluter Naturfreund ist. Zwei Tage lang war sie dort im Ziergartenbau tätig. Sie erkannte dennoch schnell, dass das Gärtnern kein leichter Beruf ist: „Viel körperlich schwere Arbeit und auch langes Stehen und Bücken gehören zum täglichen Geschäft.“Vielschichtig klingt die Schilderung der drei Tage Praktikum im Veterinärlabor Laboklin in Bad Kissingen: Klinische Chemie, Pathologie, Mikrobiologie – all das ist laut Kalmund schon spannend. Besonders habe sie dort fasziniert, dass für jeden tierischen Patienten, dessen Probe untersucht wird, „alles in Bewegung gesetzt wird, damit es ihm bald besser geht“.
Kalmund schaute zudem bei der Bayerisches Staatsbad Bad Kissingen GmbH hinter die Kulissen und nahm mit Erstaunen wahr, dass die Fachkraft für Veranstaltungstechnik rund um die Uhr beschäftigt ist und abends nicht immer pünktlich heim kommt. Vor allem muss der oder die potenzielle Bewerber/in Kraft haben, denn „schwere Geräte schleppen, einige Meter hoch über den Bühnen arbeiten oder nachts komplette Säle leer räumen“, gehört mit zu den Hauptbeschäftigungen.
Spaß am Tüfteln
Bei der Firma Bindrum & Sohn in Hammelburg wurde die 23-Jährige kurzfristig zur Häuslebauerin, als sie bei 35 Grad Hitze „fleißig mitgemauert und sogar selber Steine aufeinander geklebt“ hat. Ihr Highlight: „Ich durfte Kran fahren und habe gleich mal erlebt, wie schwer es ist, eine längere Zeit mit dem Kopf im Nacken dazustehen und in die Sonne zu schauen.“
Bei der Firma Burger Bau GmbH & Co. KG in Oberthulba schaute sie dann ins Fachgebiet Bauleitung mit rein und ist also nun in Sachen Hausbau topfit.
Ebenso dürfte sie als Mechatronikerin einiges Fachwissen angesammelt haben, denn diesen Beruf sah sie sich aus verschiedenen Positionen an: Beim Kreisomnibusbetrieb nahm sie wahr, wie ganz große Maschinen von innen aussehen und wie man sie, im Fall eines Defekts, wieder auf Hochtouren bringt. Bei der Joyson Safety Systems PlasTec GmbH (Albertshausen) lernte sie die „Kunst des Kunststoff-Formens“ kennen. Dort wurde der 23-Jährigen klar, dass man als Mechatronikerin auch Spaß am Tüfteln haben kann.
Unterwegs zwischen den Branchen
Mehrfach ist die JobBloggerin in all den Monaten zwischen den Branchen hin- und hergeswitcht. Vier Wochen arbeitete sie in Baustellenberufen. Dazwischen hatte sie beim Dominikus-Ringeisen-Werk in Maria Bildhausen Kontakt zu den Bewohnern und verinnerlichte die Grundzüge der Heilerziehungspflege. Ein Andermal lernte sie in der Capio Franz von Prümmer Klinik in Bad Brückenau den Alltag und die Arbeit einer Krankenpflegerin kennen. „Dabei bin ich auch an meine Grenzen gestoßen und muss sagen, dass ich den größten Respekt vor Personen habe, die einen Beruf in der Pflege ausüben.“
Daneben hat sie sich aber auch unterhaltsame Freizeitaktivitäten gegönnt, ist beispielsweise mit Lamas und Alpakas gewandert, war im Kissinger Sommer unterwegs und mit dabei, als in Rottershausen die Lutzi abging. Denn der Landkreis habe schließlich auch, neben der Arbeit, noch viel zu bieten, sagt Landrat Bold. „Dieses Gesamtpaket wollen wir vermarkten und noch mehr ins allgemeine Bewusstsein rücken.“
Infos: www.jobblogger-kg.de, sowie auf Facebook/YouTube und Instagram.