Junge Familien mit Kindern sind in Bad Kissingen eher selten als Urlaubsgäste anzutreffen. Doch das Hotel Sonnenhügel ist seit ein paar Monaten dabei, sich als geeignetes Urlaubs- und Freizeitdomizil für diese Gästegruppe zu profilieren. „Wir brauchten einen Imagewandel und suchten nach einem Alleinstellungsmerkmal in der Region“, begründet Direktor Hans Markwalder diesen Schritt.
Wegen seiner Gesamtkapazität von knapp 400 Zimmern sei das Hotel schon immer stark gruppengeprägt gewesen und musste seit der Eröffnung 1973 andere Wege als jedes typische Kurhotel gehen, sagt der Hoteldirektor. Deshalb hat das Sonnenhügel heute eine führende Rolle im deutschen Busreiseverkehr. Doch sei dieser Markt nicht mehr ausbaufähig, langfristig sogar eher rückläufig, schätzt Markwalder die Situation ein. Zumindest könne man die anfallenden Kostensteigerungen durch Busreisen nicht mehr auffangen. Auch halte er die Busreise für eine typische Reiseform der Nachkriegsgeneration. Der aktive Senior fährt innerhalb Deutschlands doch mit dem eigenen Auto.
Broschüre für Betriebsräte
Zuwächse erhofft sich der Geschäftsführer in speziellen Nischen des deutschen Tagungsgeschäftes. „Da sind wir gut dabei.“ Gerade hat er eine neue Broschüre speziell für Gewerkschaften und Betriebsräte produziert. Zu dieser Klientel passe die Abgelegenheit des Hotels und das hauseigene Unterhaltungsangebot mit mehreren Restaurants, Bars, der Badelandschaft und den Tennisplätzen.
Doch um alle Zimmer ganzjährig optimal auszulasten, müssen zusätzliche Gästegruppen gewonnen werden. Auf der Suche nach einem Marktsegment, das in der Region niemand besetzt, fiel Anfang 2011 die Wahl auf junge Familien mit Kindern. Günstig war, dass damals das größenmäßig vergleichbare Rhön-Park-Hotel in der Rhön gerade seine Mitgliedschaft in der Marketing-Kooperation Familotels gekündigt hatte.
Diese Gruppe vermarktet international 60 familiengerechte Urlaubshotels, davon 37 in Deutschland. Das Hotel Sonnenhügel besetzte die Lücke und ist jetzt das einzige Mitgliedshotel im Umkreis von 100 Kilometern. Sogar eine spezielle Familotel-Website hat Markwalder zusätzlich eingerichtet. Es hat sich bereits gelohnt: „80 Prozent unserer Familiengäste buchen über Familotels.“
Um die hohen qualitativen und infrastrukturellen Voraussetzungen für die Mitgliedschaft erfüllen zu können, mussten die 160 Sonnenhügel-Eigentümer erst mal kräftig investieren. Zuerst wurde das vom Haupthaus weitest entfernte Hotelgebäude für 140 000 Euro renoviert. Mit weiteren 110 000 Euro wurden im selben Haus aus hundert der je 40 Quadratmeter großen Doppelzimmer 50 Zwei-Zimmer-Appartements für Eltern mit Kindern geschaffen.
Im Hauptrestaurant gibt es neuerdings ein spezielles Kinderbuffet auf niedrigen Anrichten mit Lieblingsgerichten der Kleinen. Tagsüber können diese von qualifizierten Kinderanimateurinnen betreut werden, damit sich die Eltern eine Erholungspause gönnen können.
Dass Kinder vollwertige Hotelgäste sind, erkennt man schon an der Rezeption: Eine kleines Treppenpodest ermöglicht sogar den Kleinsten, mit den Empfangsdamen hinter dem hohen Tresen auf Augenhöhe zu kommunizieren. Doch die wohl größte Attraktion für den Nachwuchs, der schwerpunktmäßig aus den Ballungszentren Frankfurt, Stuttgart und Nürnberg kommt, ist die neue 300 000 Euro teure Indoor-Kinderwelt. Hierfür hat das Hotel eine der beiden Tennishallen umfunktioniert und mit Riesenrutschen und Piratenschiff ausgestattet.
„Mit diesem Angebot sind wir in der Region einmalig.“ Einen Wunsch hat der umtriebige Hotelmanager und Marketing-Profi aus der Schweiz aber noch: Er würde gern in den nächsten zwei Jahren die große auf Erwachsene ausgerichtete Badelandschaft zu einer Spiel- und Spaßlandschaft für Kinder umbauen lassen. „Wellness-Angebote gibt es doch inzwischen überall.“ Kinder wollen aber toben und ihren Spaß haben. Denn dann sind auch die Eltern zufrieden. „Wir verkaufen keinen Luxus, aber Leistungen, die für Familien wichtig sind.“