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Bad Kissingen
IG BAU fordert "höheren Kontroll-Druck" im Kreis Bad Kissingen
Im Baugewerbe verstoßen noch immer viele Firmen gegen die Regeln - vor allem, wenn es um den Lohn geht, kritisiert die IG BAU. Allerdings hat der Zoll längst nicht alle Verstöße im Blick. Die Gewerkschaft fordert deshalb eine einheitliche staatliche Arbeitsinspektion.
Eine Zöllnerin bei einer Baustellen-Kontrolle.       -  Eine Zöllnerin bei einer Baustellen-Kontrolle.
Foto: SymbolIG BAU | Tobias Seifert | Eine Zöllnerin bei einer Baustellen-Kontrolle.
Redaktion
 |  aktualisiert: 16.08.2022 22:15 Uhr

Unsaubere Praktiken im Visier: Das Hauptzollamt Schweinfurt , das auch für den Landkreis Bad Kissingen zuständig ist, hat im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres 644 Arbeitgeber in der Region kontrolliert. Darüber informiert die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Bezirksverband Mainfranken, in einer Meldung an die Presse. Im Fokus der Fahnder dabei: illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und Verstöße gegen geltende Mindestlöhne. Allein Baufirmen bekamen 240 Mal Besuch von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls, wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt mitteilt. Die IG BAU beruft sich dabei auf eine Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke (Grüne).

Demnach hatten es die Schweinfurter Zöllner häufig mit Tricksereien beim Lohn zu tun: In der ersten Jahreshälfte leiteten die Beamten in der gesamten Region 310 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten ein - etwa weil Mindestlöhne unterschritten, gar nicht oder zu spät gezahlt wurden. Hierbei wurden Bußgelder in Höhe von rund 477.000 Euro verhängt - davon 83.200 Euro gegen Bauunternehmen .

"Die Zahlen zeigen, dass es viele Firmen mit der Bezahlung ihrer Beschäftigten nicht so genau nehmen. Sowohl bei den speziellen Branchenmindestlöhnen wie auf dem Bau als auch beim gesetzlichen Mindestlohn", kritisiert Michael Groha, Bezirksvorsitzender der IG BAU Mainfranken. Der Gewerkschafter begrüßt die Pläne der Ampel-Koalition in Berlin, das gesetzliche Lohn-Minimum auf 12 Euro pro Stunde anzuheben. Allein im Kreis Bad Kissingen dürften damit die Einkommen Tausender Menschen spürbar steigen, so die IG Bau.

Allerdings müsse der Staat sicherstellen, dass sich die Firmen auch an die Vorschriften hielten - und für einen "höheren Kontroll-Druck" sorgen, fordert die IG Bau. Das gelinge jedoch nur, wenn die FKS beim Hauptzollamt Schweinfurt personell erheblich aufgestockt werde. "Klettert der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro und bleibt es gleichzeitig bei der bisherigen Kontrollquote, ist die Gefahr für Arbeitgeber , bei Mindestlohnverstößen ertappt zu werden, verschwindend gering. Da muss man dann schon von reinen ,Placebo-Kontrollen" sprechen", so Groha.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts würden in Deutschland 7,2 Millionen Beschäftigte von einer Mindestlohn-Erhöhung auf 12 Euro profitieren. "Das sind 7,2 Millionen Lohntüten, auf die der Staat zusätzlich einen Blick werfen muss", betont Groha.

Die IG BAU kritsiert zudem ein "staatliches Zuständigkeits-Wirrwarr" bei den Kontrollen. Das führe häufig dazu, dass Missstände ungeahndet blieben. So seien etwa die Arbeitsschutzbehörden, die über die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und Standards bei Unterkünften ausländischer Beschäftigter wachen, personell unterbesetzt. Außerdem hätten sie im Zuge der Pandemie weitere Aufgaben - wie die Kontrolle der Homeoffice- Verordnung - bekommen. Die FKS des Zolls hingegen kümmere sich um die Prüfung von Lohn- oder Steuerabrechnungen. Bei Verstößen verhänge die FKS zwar Sanktionen gegen die Firmen. Bauarbeiter müssten sich dann aber um den Lohn, um den sie geprellt wurden, selbst kümmern.

"Perspektivisch brauchen wir eine staatliche Arbeitsinspektion, die als übergeordnete Behörde die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte und Sozialvorschriften sicherstellt", fordert Groha. Eine solche "Arbeitskontrolle aus einer Hand" habe sich etwa in Frankreich und Spanien bewährt. Entscheidend sei hierbei, die Tarifpartner zu beteiligen: "Wenn Gewerkschaften oder Betriebsräte Hinweise an die Arbeitsinspektion herantragen, muss dies ebenfalls zu Ermittlungen führen", so Groha. Außerdem müsse die Behörde etwa bei Mindestlohnverstößen Nachzahlungen an Beschäftigte veranlassen dürfen.

Die IG BAU setzt sich zugleich dafür ein, auffällig gewordene Firmen von der öffentlichen Auftragsvergabe auszuschließen. "Wir brauchen ein ,Sündenregister" für Schwarzarbeit - eine öffentliche Kartei, in der die Betriebe aufgelistet werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohn-Prellerei beruht", unterstreicht Groha.

 
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