Wie war das für Sie, als amerikanischer Soldat gegen Deutsche zu kämpfen? Was wussten die Amerikaner? Hat Sie die Grausamkeit zweifeln lassen an Ihrem Glauben?
Drei Dutzend Fragen richteten die Hammelburger Gymnasiasten an Arnold Samuels und Alfred Stühler. Und wäre da nicht der Gong nach der zweiten nachmittäglichen Unterrichtsstunde gewesen, es wären noch viel mehr gekommen. Wann hat man schon mal zwei Hammelburger Juden zu Gast, die in jungen Jahren emigrierten und nun, reif an Jahren, den Schülern in ihrer Heimatstadt Rede und Antwort standen.
„Wie war das damals?“ Das wollten die Elftklässler wissen, bei denen der Nationalsozialismus demnächst auf dem Stundenplan steht.
Samuels war zehn Jahre alt, als Hitler an die Macht kam. 13 war er, als Wachen vor dem Getreidegeschäft seines Vaters standen mit dem Plakat: „Kauft nicht bei Juden!“ Über Hamburg emigrierte die Familie in die USA. Samuels wurde amerikanischer Soldat.
Stühler, ebenfalls 1923 geboren, bemerkte Hitlers Politik daran, dass die Klassenkameraden in Jungvolk-Uniformen schlüpften, im Gleichschritt zum Turnplatz geführt wurden und anti-jüdische Lieder sangen. Juden durften die Gehsteige nicht mehr benutzen. „Das war deprimierend.“ Seine Familie floh nach der Pogromnacht 1938 nach Palästina und lebt seit 1954 in Wien.
Geschichtslehrerin Claudia Albrecht-Schübel moderierte die Fragestunden. Nachfolgend sinngemäß eine Auswahl von Fragen der Schüler mit den zum Teil gestrafften Antworten von Samuels und Stühler.
Können Sie sich eine Rückkehr nach Hammelburg vorstellen?
Warum sind Sie amerikanischer Soldat geworden?
Wie war das, im Krieg vielleicht sogar gegen Freunde zu kämpfen?
Hatten Sie deutsche Freunde?
Was wussten die Amerikaner? War das ein Krieg aus Hass?
Stühler (zum Thema Hass): „Nach allem, was passiert ist, hat keiner eine Freude gehabt. Wenn ich ehrlich bin – ich habe Hass in mir gehabt.
Wie haben Sie die Befreiung der Häftlinge in Dachau verarbeitet?
Hat Sie die Grausamkeit zweifeln lassen an Ihrem Glauben?
Warum ist es damals so weit gekommen?
Haben die Kriegsverbrecher die richtige Strafe bekommen?
Empfinden Sie ein Unwohlsein, wenn Sie heute in Hammelburg sind?
Wer hat den Judenhass verbreitet in Hammelburg?
Stühler: Es waren die Vereinigungen und die Lehrer. (Zusammen mit Samuels benennt Stühler vier ehemalige Lehrer, von denen einer bei Hitlers SA und ein zweiter bei der SS war).
Samuels: Den Jungs hat die Hitlerjugend den Hass gelehrt.
Hat je ein Hammelburger Ihnen gegenüber Reue gezeigt?
Wie erleben Sie denn heute die deutsche Jugend?
Kann man stolz darauf sein, Deutscher zu sein?
Stühler: Ich könnte es nicht sagen. Ich habe die deutsche Staatsbürgerschaft damals sofort abgelegt und die palästinensische angenommen. Innerlich bin ich heute israelischer Staatsbürger.
Samuels: Für mich ist diese neue Generation ein neues Volk. Ich sehe das mit viel Freude. Passt nur auf, dass dies nicht wieder passiert!