Bad Kissingen
"Ich bin der Brotverdiener"
Weltstar Ute Lemper über Paulo Coelho, ihre Kinder und darüber, wie es ist, der Hauptverdiener in der Familie zu sein.
Bad Kissingen - Ute Lemper ist in ihrem Sommerhaus in der Nähe von New York. Demnächst fliegt die gebürtige Münsteranerin wieder in ihre Heimat, nach Deutschland. Sie macht Station in Bad Kissingen. "Stadtkind" heißt das Programm, sie kommt mit den Gassenhauern, mit Chansons von Léo Ferré, Jacques Brel oder auch Edith Piaf. Mit Ute Lemper zu telefonieren hat so überhaupt nichts von La Lemper, vom großen Broadway-Star.
Guten Morgen, Frau Lemper...
Ute Lemper: Lasst mich jetzt bitte mal einen Moment alleine .
Müssen Sie Ihre Kinder noch sortieren?
Ja, in der Tat. Ich kann mich gerade nicht zurückziehen, wir haben hier noch ein Telefon mit Wählscheibe und Schnur.
Schön antik! Dann kann ich ja gleich anknüpfen: Gershwin, Mackie Messer, Kurt Weill - das erwarten die Fans von Ihnen, wo Sie doch so vielseitig sind. Sie machen Tango, treten mit Texten von Bestsellerautor Paulo Coelho auf und könnten doch auch quer durch Cats oder Cabaret singen?
Ja, das stimmt. Ich singe Sachen in Bad Kissingen, die heute nicht mehr existieren, Songs aus dem letzten Jahrhundert als einer der letzten Dinosaurier, die diese Songs in unsere Zeit retten.
Was heißt hier Dinosaurier. Sie feiern am Dienstag 54 Jahre Geburtstag und ein Weltstar - zumindest außerhalb von Deutschland. Wie lernt man eigentlich Paulo Coelho kennen?
Über einen Journalisten! Ich las 2013 auf meiner Tour durch Australien sein neues Buch "Die Schriften von Accra". Ein Buch voller positiver Gefühle.
Wirklich? Mir gibt Coelho gar nichts. Nur "Veronika beschließt zu sterben", das fand ich wirklich atemberaubend.
Ernsthaft? Das Buch fand ich unterirdisch. Sie müssen mal die anderen lesen!
Okay. Aber wie ging es dann weiter?
Über das Buch unterhielt ich mich zwei Monate später mit einem brasilianischen Journalisten.
Dem hat das Buch vermutlich gefallen.
Mehr noch! Er kannte Coelho! Er gab ihm meine Mailadresse - und Paulo schrieb am nächsten Tag.
Zurück zu Weill und Brecht. Sie flohen vor den Nazis in die USA. Ich habe gelesen, dass Sie nach Ihrer Ankunft in den USA fast einen pädagogischen Auftrag erfüllten, als sie deren Werke vortrugen.
Nein, pädagogisch war das nicht, aber es stimmte schon: Ich war eine Botschafterin der Nachkriegszeit. Deutsch wollte im Ausland ja niemand hören, die Sprache war stigmatisiert.
Sie hängen am Thema, mit Ihren "Liedern für die Ewigkeit"...
...ja, das waren Lieder, die ausschließlich aus den KZs und Ghettos kamen, fast alle in Jiddisch. Ich verspüre einen Drang, mich mit der Vergangenheit zu beschäftigen.
Woher kommt der?
Ich wollte nie wie meine Eltern sein. Mitwisser waren die alle. Und mir war bewusst, dass ich mit dieser Erbschaft aufgewachsen bin und dass ich keine Antworten kriege. Selbst in den Kinderliedern damals war der Antisemitismus tief verwurzelt.
Und diese Lieder aus den Ghettos?
Das sind herzerweichende Lieder, aber Lieder der Rebellion, der Hoffnung und des Feierns des Lebens.
Eigentlich verbietet es sich, die Frage zu stellen, aber: Sie haben vier Kinder, das jüngste ist fünf Jahre alt. Wie bitteschön macht man das als Weltstar, Karriere und Muttersein zu koordinieren?
Ich muss das wirklich haargenau kalkulieren und bin ungern länger als eine Woche weg. Das geht nur in Zeiten, in denen die Kinder voll beschäftigt sind mit Schule, Au pair-Mädchen sind da, natürlich auch der Papa. Wir haben uns da ein kleines Dorf eingerichtet, damit die Kinder so gut wie möglich betreut sind. Aber es tut schon weh, wenn ich lange weg bin. Nur: Ich bin der Brotverdiener in der Familie. Dann muss ich mir vor Augen halten: Wenn ich wieder zurück bin, dann gibt es Qualitätszeit mit der Mama. Das heißt, dass ich die Kinder ins Bett bringe, ihnen vorlese, eben ganz zuhause bin. Aber: In manchen Situationen tut so eine Tournee ganz gut. Es ist schön, auch mal Zeit für sich zu haben, zum Lesen oder einfach nur mal einen Film zu schauen.
Sie leben in Amerika und haben mit Präsident Trump einen sehr streitbaren Mann an der Spitze. Wie müssen wir uns das vorstellen? Wie reagiert Ihr Freundeskreis, wie reagieren Sie?
Ich kann es nicht anders sagen: Alle in New York hassen ihn. Und wir benehmen uns wie die drei Affen: Nichts hören, nichts sagen, nichts sehen - das ist peinlich und beängstigend. Ich hoffe inständig, dass Trump umzingelt bleibt von Menschen mit Vernunft.
Das Gespräch führte Susanne Will.
Guten Morgen, Frau Lemper...
Ute Lemper: Lasst mich jetzt bitte mal einen Moment alleine .
Müssen Sie Ihre Kinder noch sortieren?
Ja, in der Tat. Ich kann mich gerade nicht zurückziehen, wir haben hier noch ein Telefon mit Wählscheibe und Schnur.
Schön antik! Dann kann ich ja gleich anknüpfen: Gershwin, Mackie Messer, Kurt Weill - das erwarten die Fans von Ihnen, wo Sie doch so vielseitig sind. Sie machen Tango, treten mit Texten von Bestsellerautor Paulo Coelho auf und könnten doch auch quer durch Cats oder Cabaret singen?
Ja, das stimmt. Ich singe Sachen in Bad Kissingen, die heute nicht mehr existieren, Songs aus dem letzten Jahrhundert als einer der letzten Dinosaurier, die diese Songs in unsere Zeit retten.
Was heißt hier Dinosaurier. Sie feiern am Dienstag 54 Jahre Geburtstag und ein Weltstar - zumindest außerhalb von Deutschland. Wie lernt man eigentlich Paulo Coelho kennen?
Über einen Journalisten! Ich las 2013 auf meiner Tour durch Australien sein neues Buch "Die Schriften von Accra". Ein Buch voller positiver Gefühle.
Wirklich? Mir gibt Coelho gar nichts. Nur "Veronika beschließt zu sterben", das fand ich wirklich atemberaubend.
Ernsthaft? Das Buch fand ich unterirdisch. Sie müssen mal die anderen lesen!
Okay. Aber wie ging es dann weiter?
Über das Buch unterhielt ich mich zwei Monate später mit einem brasilianischen Journalisten.
Dem hat das Buch vermutlich gefallen.
Mehr noch! Er kannte Coelho! Er gab ihm meine Mailadresse - und Paulo schrieb am nächsten Tag.
Zurück zu Weill und Brecht. Sie flohen vor den Nazis in die USA. Ich habe gelesen, dass Sie nach Ihrer Ankunft in den USA fast einen pädagogischen Auftrag erfüllten, als sie deren Werke vortrugen.
Nein, pädagogisch war das nicht, aber es stimmte schon: Ich war eine Botschafterin der Nachkriegszeit. Deutsch wollte im Ausland ja niemand hören, die Sprache war stigmatisiert.
Sie hängen am Thema, mit Ihren "Liedern für die Ewigkeit"...
...ja, das waren Lieder, die ausschließlich aus den KZs und Ghettos kamen, fast alle in Jiddisch. Ich verspüre einen Drang, mich mit der Vergangenheit zu beschäftigen.
Woher kommt der?
Ich wollte nie wie meine Eltern sein. Mitwisser waren die alle. Und mir war bewusst, dass ich mit dieser Erbschaft aufgewachsen bin und dass ich keine Antworten kriege. Selbst in den Kinderliedern damals war der Antisemitismus tief verwurzelt.
Und diese Lieder aus den Ghettos?
Das sind herzerweichende Lieder, aber Lieder der Rebellion, der Hoffnung und des Feierns des Lebens.
Eigentlich verbietet es sich, die Frage zu stellen, aber: Sie haben vier Kinder, das jüngste ist fünf Jahre alt. Wie bitteschön macht man das als Weltstar, Karriere und Muttersein zu koordinieren?
Ich muss das wirklich haargenau kalkulieren und bin ungern länger als eine Woche weg. Das geht nur in Zeiten, in denen die Kinder voll beschäftigt sind mit Schule, Au pair-Mädchen sind da, natürlich auch der Papa. Wir haben uns da ein kleines Dorf eingerichtet, damit die Kinder so gut wie möglich betreut sind. Aber es tut schon weh, wenn ich lange weg bin. Nur: Ich bin der Brotverdiener in der Familie. Dann muss ich mir vor Augen halten: Wenn ich wieder zurück bin, dann gibt es Qualitätszeit mit der Mama. Das heißt, dass ich die Kinder ins Bett bringe, ihnen vorlese, eben ganz zuhause bin. Aber: In manchen Situationen tut so eine Tournee ganz gut. Es ist schön, auch mal Zeit für sich zu haben, zum Lesen oder einfach nur mal einen Film zu schauen.
Sie leben in Amerika und haben mit Präsident Trump einen sehr streitbaren Mann an der Spitze. Wie müssen wir uns das vorstellen? Wie reagiert Ihr Freundeskreis, wie reagieren Sie?
Ich kann es nicht anders sagen: Alle in New York hassen ihn. Und wir benehmen uns wie die drei Affen: Nichts hören, nichts sagen, nichts sehen - das ist peinlich und beängstigend. Ich hoffe inständig, dass Trump umzingelt bleibt von Menschen mit Vernunft.
Das Gespräch führte Susanne Will.
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