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Bad Kissingen
Hund mit Rattengift fast umgebracht
Yorkshire-Terrier Maja spuckte Blut. In der Tierklinik begann ein Wettlauf mit der Zeit. Nur eine Bluttransfusion konnte das Tier retten.
Hundedame Maja mit ihrem Frauchen Anna-Lena im Wohnzimmer der Familie. Ausflüge ins Freie sind noch tabu, denn der Yorkshire-Terrier muss noch vollständig von der Vergiftung genesen. Foto: Kathrin Kupka-Hahn       -  Hundedame Maja mit ihrem Frauchen Anna-Lena im Wohnzimmer der Familie. Ausflüge ins Freie sind noch tabu, denn der Yorkshire-Terrier muss noch vollständig von der Vergiftung genesen. Foto: Kathrin Kupka-Hahn
| Hundedame Maja mit ihrem Frauchen Anna-Lena im Wohnzimmer der Familie. Ausflüge ins Freie sind noch tabu, denn der Yorkshire-Terrier muss noch vollständig von der Vergiftung genesen. Foto: Kathrin Kupka-Hahn
Kathrin Kupka-Hahn
 |  aktualisiert: 20.08.2022 03:45 Uhr
Anna-Lena Schmitt kann wieder lachen. Schließlich ist ihre kleine Hündin, Yorkshire-Terrier Maja, wieder wohlauf. Dabei sah es vor einigen Tagen noch ganz schlecht für das Tier aus. Es hatte Rattengift gefressen und drohte zu verbluten. "Es war richtig schlimm, ich habe nur noch geweint", erinnert sich die 16-Jährige Schülerin an die dramatischen Ereignisse. Dabei sah es anfangs gar nicht danach aus, als ob der kleine Hund vergiftet worden ist.
"Wir sind am vergangenen Freitag wie immer Gassi gegangen", erzählt Anna-Lenas Mutter, Ruth Schmitt. Am frühen Abend habe die 18 Monate alte Hündin angefangen, Blut zu brechen. "Ich vermutete, sie hat etwas geschluckt, was sie innerlich verletzt hat", so die Hundebesitzerin, die in Waldfenster wohnt. Deshalb rief sie die örtliche Tierärztin Christina Pfülb an, die auch sofort kam. Doch die konnte keine Verletzung feststellen, befürchtete eine Vergiftung. "Weil Maja soviel Blut erbrochen hatte, wusste ich, da steckt mehr dahinter und schickte die Familie sofort in die Tierklinik nach Garitz", erzählt Pfülb.
Seit 2012 praktiziert die Ärztin in Waldfenster, hat bisher keinen solchen Fall erlebt. "Da stellt man sich schon die Frage, woher das Gift kommt. Gleichzeitig hofft man, dass es im Ort keinen Hundehasser gibt ", erklärt sie. Gerüchte, dass bewusst Giftköder für Hunde ausgelegt werden, gebe es immer wieder, bestätigt auf Nachfrage Lothar Manger, Polizeihauptkommissar in der Bad Kissinger Inspektion. Ihm selber sei nur ein Vergiftungsfall vom letzten Jahr bekannt, weitere Zahlen kann er nicht nennen. "Der Nachweis einer Vergiftung ist schwierig und auch kostspielig", sagt er. Manger vermutet, dass es oftmals keine bewusste Absicht gebe, Hunde zu vergiften, sondern vielmehr der unsachgemäße Gebrauch verschiedener Chemikalien dazu führe.
Bei Maja vermuteten die Ärzte in der Tierklinik jedoch zunächst eine Virusinfektion und verabreichten eine Art Aufbauspritze, erzählt Familie Schmitt. Da es dem Tier daraufhin besser ging, seien sie mit Maja wieder nach Hause geschickt worden. Doch Samstagfrüh ging es dem Hund wieder schlechter. Er begann erneut, Blut zu spucken. "Wir sind sofort in die Klinik gefahren, wo die Ärztin Maja auch gleich Blut abgenommen und untersucht hat", erzählt Anna-Lena. Sie habe die ganze Fahrt über nur geweint, das kleine elende Knäuel auf ihrem Schoß gehalten und gestreichelt.
Die Untersuchungen ergaben schließlich, dass die Blutgerinnungswerte derart gestört waren, dass eine Vergiftung des Hundes mit Rattengift nun nicht mehr ausgeschlossen werden konnte. "Man machte uns daraufhin wenig Hoffnung, dass Maja das überlebt", berichtet die Schülerin. Unmerklich füllen sich ihre Augen wieder mit Wasser.
Rattengift stört die Blutgerinnung, so dass die Tiere, die es fressen, innerlich verbluten. Da aber nicht nur die Nagetiere das Gift beziehungsweise die Giftköder zu sich nehmen können, sondern auch Menschen, Haus- und Wildtiere, ist der Gebrauch sehr stark reglementiert. Laut EU-Verordnung darf Rattengift seit dem 1. Januar 2013 in privaten Haushalten gar nicht verwendet werden, gewerblich nur von Sachkundigen wie etwa Schädlingsbekämpfern oder Forst- oder Landwirten, die entsprechende Schulungen oder Seminare besucht haben. "Zudem sind heute nicht mehr alle Mittel frei verkäuflich", bestätigt die Sprecherin des Landratsamtes, Melanie Hofmann, die Gesetzeslage. In der Behörde vermutet man jedoch, dass es in Privathand auch noch "Altbestände" gebe, die eingesetzt werden. Mit verheerender Wirkung.
Als es der kleinen Maja in der Klinik immer schlechter ging, sie immer mehr Blut verlor, schlugen die Tierärzte schließlich als letzte Rettungsaktion eine Bluttransfusion vor. Allerdings müsste die Spende frisch sein und von einem gesunden Hund stammen, der über 25 Kilogramm wiegt. Doch woher sollte Familie Schmitt so schnell einen geeigneten Spender nehmen? "Mir fielen spontan unsere Freunde in Wollbach ein, die einen Schweizer Schäferhund haben", erzählt Anna-Lenas Vater Georg Schmitt. Die erklärten sich kurzerhand bereit zu helfen und brachten ihren fast 50 Kilogramm schweren Jack in die Tierklinik. "Dort wurde er erst mal betäubt, dann haben sie das Blut an seinem Hals entnommen", schildert Anna-Lena. Etwa einen halben Liter habe man "abgezapft". Maja bekam zunächst nur 50 Milliliter davon, später dann weitere kleine Portionen. "Trotzdem war zwei Tage nicht klar, ob sie überlebt", erzählt die 16-Jährige. Die Stimmung in der Familie entsprechend getrübt.
Schließlich kam am späten Montagnachmittag der erlösende Anruf aus der Klinik. Maja ging es so gut, dass die Familie sie abholen konnte. "Ich habe mich total gefreut darüber", sagt Anna-Lena. Ganz außer Gefahr war das Tier aber noch nicht. "Denn wir mussten mit Rückschlägen rechnen", erzählt Ruth Schmitt. Schließlich wusste niemand, wie viel Rattengift der kleine Hund gefressen hatte, das noch Tage später wirken kann.
Parallel dazu überlegte die Familie, wo Maja es zu sich genommen haben könnte, ging in Gedanken noch einmal die zuletzt zurückgelegten Wege. "Wir wollen niemanden unterstellen, dass das Gift bewusst ausgelegt wurde", so Georg Schmitt. Dennoch könne man es nicht ganz ausschließen. Vielleicht sei es auch unbeabsichtigt geschehen, weil es durch den milden Winter wieder viele Nager gebe. "Vielleicht wollte auch jemand nur Mäuse bekämpfen."
Yorkshire-Terrier Maja hat die Vergiftung inzwischen so gut wie überstanden, tobt wieder fröhlich durchs Wohnzimmer der Familie, lässt sich von Anna-Lena mit Wonne kraulen und streicheln. Zwar bekommt das Tier noch täglich eine Aufbauspritze. "Jedoch frisst sie auch wieder gut", so Georg Schmitt. Umso vorsichtiger ist er jetzt bei den Spaziergängen mit dem Hund, lässt die Kleine nicht mehr von der Leine, schaut genau, wo sie schnüffelt. "Schließlich bin auch ich als Hundehalter in der Pflicht."
 
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