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Wermerichshausen
Holzbau Weigand wird 125: Zimmererhandwerk damals und heute
Mehr als ein Jahrhundert Handwerksgeschichte feiert der Betrieb Holzbau Weigand in Wermerichshausen. Über die Geschichte des Betriebes und darüber, wie sich das Zimmererhandwerk seit 1899 veränderte.
Häuser, die komplett aus Holz sind, werden immer beliebter.       -  Häuser, die komplett aus Holz sind, werden immer beliebter.
Foto: Bianca Weigand | Häuser, die komplett aus Holz sind, werden immer beliebter.
Ellen Mützel
 |  aktualisiert: 06.12.2024 02:36 Uhr

Wir schauen in das Jahr 1899. Deutschland heißt noch „Deutsches Kaiserreich“, Wilhelm II ist Kaiser. Und es ist das Jahr, in dem der Zimmereibetrieb „ Holzbau Weigand“ in Wermerichshausen seinen Anfang findet. Am Freitag feierte der Betrieb sein 125-jähriges Jubiläum.

Generation 1: Anton Joseph Weigand gründet Betrieb

Damals meldete Joseph Anton Weigand (*1871) zum zweiten Mal sein Gewerbe als Büttner an, nachdem er wegen des Wehrdienstes unterbrechen musste. „Das Büttner-Handwerk stellt Gefäße aus Holz her, wie etwa das klassische Bierfass“, berichtet Michael Weigand , Geschäftsführer in der vierten Generation. In dem Beruf arbeitete Joseph Weigand im Winter, wenn es in der Landwirtschaft nichts zu tun gab. Aber auch das Zimmererhandwerk kam nicht zu kurz. Er hatte bei einem ortsansässigen Zimmerer gelernt. Beim Aufräumen der Halle fanden die Weigands ein Brett aus dem Dach eines Hauses, auf dem Joseph Weigand 1899 seine Inschriften hinterlassen hatte.

Auch muss in dieser Zeit bereits die Produktion von Holzschwellen, die unter die Bahngleise kommen, angelaufen sein, denn es existiert ein Stempel mit den Initialen von Joseph Weigand, der für diese genutzt wurde. In anstrengender Handarbeit wurden damals mit verschiedenen Beilen und einer Säge das Holz auf die richtigen Maße gebracht.

Generation 2 und 3: Wilhelm und Fridolin bauen den Betrieb aus

Fotoserie

Sein Sohn Wilhelm Weigand (*1909) machte 1927 eine Lehre bei dem Zimmereibetrieb der Familie seiner Mutter in Ebenhausen und ließ 1935 das Zimmererhandwerk in die Handwerksrolle eintragen. Unter Wilhelm Weigand waren bis zu zwei Mitarbeiter beschäftigt, die Firma ist bis heute Ausbildungsbetrieb und Innungsmitglied. 

In der dritten Generation machte Fridolin Weigand (*1946), der noch heute mitwirkt, seine Lehre im väterlichen Betrieb und 1970 seinen Meister. Vier Jahre später übernahm er das Unternehmen . Die Landwirtschaft gab er auf, um den Betrieb aufzubauen. In dieser Generation sind bis zu zwölf Mitarbeiter beschäftigt – ein Hoch war zur Zeit der Wende in den 90ern. Das Büttner-Handwerk rückte immer stärker in den Hintergrund. 

Generation 4: Michael Weigand seit 2012 Geschäftsführer

Sohn Michael Weigand (*1973) vertritt die vierte Generation und ist seit 2012 alleiniger Geschäftsführer. Auch er lernte im väterlichen Betrieb , schloss ab als Kammer- und Landessieger. Mit seinem Meister im Zimmerer- und Dachdeckerhandwerk und seiner Zusatzqualifikation zur Erstellung bautechnischer Nachweise ist er für alle Arbeiten gerüstet. In dieser Zeit sind bis zu zehn Mitarbeitende beschäftigt. 

Zimmererhandwerk damals und heute

Alte Geräte zum Bearbeiten des Holzes.       -  Alte Geräte zum Bearbeiten des Holzes.
Foto: Christine Schikora | Alte Geräte zum Bearbeiten des Holzes.

Die Arbeit war damals eine andere als heute: „Es gab in jedem Ort einen Abbundplatz, an dem sich die Zimmerleute trafen und mit Holz vom Bauherrn die Dachstühle richteten“, so Weigand. Ihr Werkzeug – Winkel, Stemmeisen, Bundaxt, diverse Sägen und manuelle Bohrer – hatten sie immer dabei. Der Blick auf das Werkzeug zeigt, wie anstrengend die Arbeit damals gewesen sein muss. Damals hatte man das Holz zum Großteil noch mit Holznägeln verbunden, die ebenfalls selbst geschnitzt wurden. 

Vom Abbundplatz aus wurde das Holz mit dem Pferdefuhrwerk an die Baustelle gebracht. Dort wurden die Balken mit Hand und Seilen nach oben gezogen und zusammengebaut. Dies änderte sich später: „Nicht alle Bauherren hatten Wald und damit eigenes Holz, die Abbundplätze wurden aufgelöst. Immer mehr musste im Betrieb gefertigt werden und ging von dort zur Baustelle“, berichtet Weigand.

Weniger körperliche Belastung, mehr Bürokratie

Der Abbund, also der Zuschnitt des Holzes, wie es am Ende gebraucht wird, wird mittlerweile teilweise ausgelagert. So kommt das Holz als fertiger Bausatz an, der im Grunde nur noch zusammengesteckt wird. Auch die körperliche Belastung wurde weniger: Handkreissägen, Akkuschrauber und diverse andere elektrische Geräte erleichtern die Bearbeitung des Holzes ungemein. Dafür wurde die Bürokratie mehr – selbst arbeitet Weigand kaum noch in seinem Beruf, er sitzt im Büro und leistet mit seiner Frau Bianca die Arbeit, die hinter der Firma steht. Die Arbeitsvorbereitung steigt, die Arbeitsweise und -zeiten müssen dokumentiert werden, Berichte geschrieben, die Pläne, die der Statiker zugeliefert hat, erneut geprüft. „Man muss ständig auf dem Laufenden sein, um zu erkennen, was nur in der Theorie und was in der Praxis funktioniert“. 

Jörgentor saniert

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Ein bisschen der Vergangenheit lebt wieder auf, wenn es darum geht, alte Gebäude zu sanieren. „Da muss ich die alten Steckverbindungen wieder so machen wie damals. Da brauche ich teilweise auch die alten Werkzeuge“, so Weigand. So hat die Firma beispielsweise das Jörgentor saniert.  „Da haben wir gerade Hölzer wieder krumm gesägt, weil damals viele krumme Hölzer verwendet wurden“, berichtet er. Weil es am Computer überhaupt nicht möglich gewesen wäre, zu berechnen, wie die zu erneuernden Balken, zugeschnitten werden müssen, hat der Betrieb das Fachwerk auf dem Boden der Halle aufgebaut. 

Holzhaus wird wieder modern

Während früher das Fachwerkhaus das Haus der Wahl war, war es später gerne ein Haus aus Stein und Beton. Doch das Holz kommt zurück – in Form des Holzrahmenbaus. „Jetzt baut man Wandelemente mit Gerippe und Spanplatten.“ Das hat gleich mehrere Vorteile: Mit dem Holzbau erreicht man dünnere Wände, die besser dämmen, es geht schneller, hat eine bessere Co2-Bilanz und ist günstiger. Mehr Arbeitskräfte möchte Weigand aber nicht haben – denn das würde auch mehr Aufwand bedeuten. Und gerade ist es genau richtig, wie es ist.  

 

 

 
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