Konrads Fell dampft leicht, der Ardenner-Wallach steht ruhig im Wald, während Tobias Dotter zwei Stämme anhängt. Ein Schnalzen mit der Zunge und Konrad läuft los, Zug auf dem Geschirr, mit einem Ruck setzen sich die Stämme in Bewegung. Schier mühelos zieht das 900 Kilogramm schwere Tier das Holz bis an den Wegrand. Das Kommando „Steh“ ist überflüssig, Konrad weiß, wo er anhalten muss und geht zwei Schritte zurück, entlastet die Kette, damit Dotter sie lösen kann. Die Arbeit geht ruhig über die Bühne, kein Motorlärm trübt die Idylle im Wald. Alles, was die Pferde hinterlassen, ist Dünger für den Waldboden.
Als Neben-Gewerbe angemeldet
Tobias Dotter und seine Pferde sind ein eingespieltes Team. Genau diese Einheit von Tier und Mensch fasziniert den 30-jährigen Euerdorfer am Holz-Rücken mit Pferden. „Da ist man noch näher am Pferd als beim Kutsche-Fahren oder Reiten“, erzählt er, und: „Man muss sich aufeinander verlassen können.“ Ein falsches Ziehen und Finger oder Beine wären eingeklemmt, ein falscher Weg und der Stamm könnte sich verkeilen. Konrad dagegen folgt aufs Wort, geht bei „Ha“ nach links und bei „Hott“ nach rechts. „Da kann man nicht jedes Pferd verwenden“, sagt Dotter. Mit in den Wald nimmt er neben Konrad den Rheinisch-Deutschen-Kaltblut-Wallach Sam. Rund zweieinhalb Stunden arbeitet ein Tier, dann wird gewechselt. Dotter bevorzugt Wallache: „Mit meiner Stute kann ich das nicht machen“, sagt er. Konrad wiegt rund 900 Kilo und ist 16 Jahre alt, der vierjährige Sam bringt gut eine Tonne auf die Waage. Pferde ziehen maximal ihr eigenes Körpergewicht, also bis zu einem Festmeter Holz. Allerdings spiele auch das Wetter eine Rolle: „Wenn es feucht ist, gleitet das Holz besser“, nennt Dotter als Beispiel. Umgekehrt frieren die Stämme bei Frost manchmal am Boden fest.
Tobias Dotter ist gelernter Schlosser, Pferde sind nur ein Hobby. Vor vier Jahren hat er das Neben-Gewerbe als Holzrücker angemeldet – nach einem Kurs in Nordrhein-Westfalen. „Im Landkreis bin ich der einzige“, berichtet er. Sein Aktionsradius umfasst rund 50 Kilometer. „Ich bin so zwei bis drei Mal im Monat unterwegs“, kommentiert er die Nachfrage, und: „Die Arbeit mit Tieren im Wald kommt langsam wieder.“
Sein größter Auftraggeber ist die Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Rhön-Saale. Förster Stefan Blumrich freut sich, dass er einen Holz-Rücker in der Nähe hat. „In Mecklenburg haben wir regelmäßig mit Pferden gearbeitet, weil die Böden viel empfindlicher sind“, berichtet er von seiner früheren Wirkungsstätte. In Franken seien die Böden nicht das Problem, aber der Förster will wertvolle Bestände schonen – wie den sensiblen Eichen-Bestand im Gemeindewald Sulzthal: „Der Wald hier ist etwa 120 Jahre alt, jetzt beginnt erst der Wert-Zuwachs bei den Eichen.“ Mit 220 Jahren erzielen Eichen die besten Preise.
Teurer, aber schonender
Das Waldstück im Bereich „Dürrefirst“ wurde lange nicht durchforstet, Eichen, Buchen und einige Lärchen standen zu dicht. „Die Gemeindearbeiter haben die so genannten Bedränger gefällt“, erläutert Blumrich. Dadurch könnten sich die guten Eichen besser entwickeln. Wären große Maschinen zum Einsatz gekommen, hätte auf dem rund zwei Hektar großen Flurstück alle 20 bis 30 Meter eine Rückegasse geschlagen werden müssen. „Es würden zehn bis 15 Prozent der Bewirtschaftsfläche verloren gehen und wir müssten gute Eichen fällen“, sagt Blumrich, und: „Es wäre schade, wenn wir die jetzt schlachten müssten.“ Rund 100 Festmeter Lang-Holz liegen nun auf dem Boden. Das Rücken mit dem Pferd sei zwar teurer, aber durch die Schonung des Waldes auf lange Sicht wirtschaftlicher, betont der Förster. Das überzeugt auch den Sulzthaler Bürgermeister August Weingart (CSU): „Der Gemeinderat hat entschieden, hier wieder einmal Pferde einzusetzen.“ Nach Jahrzehnten lebe damit eine uralte Tradition wieder auf:
Bis in die 1960er Jahre verdienten sich Landwirte aus dem Ort mit dem „Haudern“ oder „Schleifen“ des Holzes im rund 500 Hektar großen Gemeindewald ein Zubrot. Am Ablauf hat sich bis heute nichts verändert: „Die Technik ist die gleiche wie früher“, sagt Tobias Dotter.
Es ist für unsere Umwelt ein absoluter Gewinn. Ich liebe Kaltblüter und grosse Hunde. Sie strahlen die Ruhe aus, die uns in der heutigen,hektischen Zeit abhanden gekommen ist.
Ich könnte eine Kanne Tee vorbeibringen. Und ein Haferl Heu.