zurück
Euerdorf
Landkreis Bad Kissingen: Tobias Dotter rückt mit seinen Pferden Holz
Tobias Dotter aus Euerdorf lässt eine alte Tradition wieder aufleben. Förster Stefan Blumrich setzt ihn in wertvollen Beständen ein.
Ardenner-Wallach Konrad und Tobias Dotter sind ein eingespieltes Team: Wenn der Stamm an den Weg gezogen ist, macht Konrad wieder ein paar Schritte rückwärts, um die Kette zu entlasten. Fotos: Ralf Ruppert       -  Ardenner-Wallach Konrad und Tobias Dotter sind ein eingespieltes Team: Wenn der Stamm an den Weg gezogen ist, macht Konrad wieder ein paar Schritte rückwärts, um die Kette zu entlasten. Fotos: Ralf Ruppert
| Ardenner-Wallach Konrad und Tobias Dotter sind ein eingespieltes Team: Wenn der Stamm an den Weg gezogen ist, macht Konrad wieder ein paar Schritte rückwärts, um die Kette zu entlasten. Fotos: Ralf Ruppert
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 18.08.2022 12:20 Uhr

Konrads Fell dampft leicht, der Ardenner-Wallach steht ruhig im Wald, während Tobias Dotter zwei Stämme anhängt. Ein Klicken mit der Zunge und Konrad läuft los, Zug auf dem Geschirr, mit einem Ruck setzen sich die Stämme in Bewegung. Schier mühelos zieht das 900 Kilogramm schwere Tier das Holz bis an den Wegrand. Das Kommando "Steh" ist überflüssig, Konrad weiß, wo er anhalten muss und geht zwei Schritte zurück, entlastet die Kette, damit Dotter sie lösen kann. Die Arbeit geht ruhig über die Bühne, kein Motorlärm trübt die Idylle im Wald. Alles, was von den Pferden bleibt, ist Dünger für den Waldboden.

Tobias Dotter und seine Pferde sind ein eingespieltes Team. Genau diese Einheit von Tier und Mensch fasziniert den 30-jährigen Euerdorfer am Holz-Rücken mit Pferden. "Da ist man noch näher am Pferd als beim Kutsche-Fahren oder Reiten", erzählt er, und: "Man muss sich aufeinander verlassen können." Ein falsches Ziehen und Finger oder Beine wären eingeklemmt, ein falscher Weg und der Stamm könnte sich verkeilen. Konrad dagegen folgt aufs Wort, geht bei "Ha" nach links und bei "Hott" nach rechts. "Da kann man nicht jedes Pferd verwenden", sagt Dotter. Mit in den Wald nimmt er neben Konrad den Rheinisch-Deutschen-Kaltblut-Wallach Sam. Rund zweieinhalb Stunden arbeitet ein Tier, dann wird gewechselt.

Tobias Dotter bevorzugt Wallache: "Mit meiner Stute kann ich das nicht machen", sagt er. Konrad wiegt rund 900 Kilogramm und ist 16 Jahre alt, der vierjährige Sam bringt gut eine Tonne auf die Waage. Pferde ziehen maximal ihr eigenes Körpergewicht, also bis zu einem Festmeter Holz. Allerdings spiele auch das Wetter eine Rolle: "Wenn es feucht ist, gleitet das Holz besser", nennt Dotter als Beispiel. Umgekehrt sind die Stämme bei Frost manchmal am Boden fest gefroren.

Als Neben-Gewerbe angemeldet

Tobias Dotter ist gelernter Schlosser, Pferde sind nur ein Hobby. Vor vier Jahren hat er das Neben-Gewerbe als Holzrücker angemeldet - nach einem Kurs in Nordrhein-Westfalen. "Im Landkreis bin ich der einzige", berichtet er. Sein Aktionsradius umfasst rund 50 Kilometer. "Ich bin so zwei bis drei Mal im Monat unterwegs", kommentiert er die Nachfrage, und: "Die Arbeit mit Tieren im Wald kommt langsam wieder."

Sein größter Auftraggeber ist die Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Rhön-Saale. Förster Stefan Blumrich freut sich, dass er einen Holz-Rücker in der Nähe hat. "In Mecklenburg haben wir regelmäßig mit Pferden gearbeitet, weil die Böden viel empfindlicher sind", berichtet er von seiner früheren Wirkungsstätte. In Franken seien die Böden nicht das Problem, aber der Förster will wertvolle Bestände schonen - wie den sensiblen Eichen-Bestand im Gemeindewald Sulzthal: "Der Wald hier ist etwa 120 Jahre alt, jetzt beginnt erst der Wert-Zuwachs bei den Eichen." Mit 220 Jahren erzielen Eichen die besten Preise.

Das Waldstück im Bereich "Dürrefirst" wurde lange nicht durchforstet, Eichen, Buchen und einige Lärchen standen zu dicht. "Die Gemeindearbeiter haben die so genannten Bedränger gefällt", erläutert Blumrich. Dadurch könnten sich die guten Eichen besser entwickeln. Wären große Maschinen zum Einsatz gekommen, hätte auf dem rund zwei Hektar großen Flurstück alle 20 bis 30 Meter eine Rückegasse geschlagen werden müssen. "Es würden 10 bis 15 Prozent der Bewirtschaftsfläche verloren gehen und wir müssten gute Eichen fällen", sagt Blumrich, und: "Es wäre schade, wenn wir die jetzt schlachten müssten."

Rund 100 Festmeter Lang-Holz liegen nun auf dem Boden. Das Rücken mit dem Pferd sei zwar teurer, aber durch die Schonung des Waldes auf lange Sicht wirtschaftlicher, betont der Förster. Das überzeugt auch den Sulzthaler Bürgermeister August Weingart (CSU): "Der Gemeinderat hat entschieden, hier wieder einmal Pferde einzusetzen." Nach Jahrzehnten lebe damit eine uralte Tradition wieder auf: Bis in die 1960er Jahre verdienten sich Landwirte aus dem Ort mit dem "Haudern" oder "Schleifen" des Holzes im rund 500 Hektar großen Gemeindewald ein Zubrot. Am Ablauf hat sich bis heute nichts verändert: "Die Technik ist die gleiche wie früher", sagt Tobias Dotter.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Euerdorf
August Weingart
CSU
Eichen
Holz
Lärchen
Pferde
Traditionen
Wald und Waldgebiete
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • RolandHerterich
    Wäre ich Kindergarten- oder Schulleiter, würde ich einen Wandertag in den Dürrefirst ansetzen. Der Anblick eines Rückepferdes wie es mit Atem vor dem Mund seine kraftstrotzenden Hinterbeine gegen die Trägheit eines Baumstammes stemmt, hat höchsten erzieherischen Wert. Also, Mütze auf und raus in den Winterwald zu Tobias, Sam und Konrad.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • richtig
    Einfach nur "Bravo"!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten