
Werner Seitz unterrichtet zwar Mathematik und Physik am Hammelburger Gymnasium, ist aber schon sein ganzes Leben lang an der Geschichte seiner Heimat interessiert. "Ich war schon als Kind immer mit meinen Eltern und Großeltern unterwegs, das prägt einen", sagt der Bad Kissinger. Er habe lange überlegt, ob er Geschichte studieren soll, wollte aber das Hobby dann doch nicht zum Beruf machen, sondern entschied sich für die Naturwissenschaften. Trotzdem darf er seit einigen Jahren auch für die Oberstufe Seminare zum Thema Kunstgeschichte halten, im Jubiläumsjahr steht dabei natürlich die Schule im Mittelpunkt.
Schüler stellen Schulszenen nach
Genau genommen beschäftigten sich bereits im vergangenen Jahr die Schüler der 10. Klassen intensiv mit dem Thema: "Die Themen haben die Schüler ausgewählt", berichtet Seitz. Zum Teil habe er die Schüler für die Arbeit an der Ausstellung aus dem Unterricht holen müssen. Eine Schülerin habe das Layout der Tafeln entworfen, andere planten den Weg durch den Raum. Zudem stellten die Jugendlichen in historischer Kleidung Szenen aus der Schulgeschichte nach: den Schulweg zum Franziskaner-Kloster oder Abschluss-Fotos mit der Schulfahne vor den unterschiedlichen Schulhäusern, denn: Vor dem Einzug in den Neubau im Jahr 1965 hatte die Schule ganz viele Unterrichtsstätten: Am längsten war die lateinische Schule im heutigen Rathaus untergebracht, aber auch im Kloster, im Spital, in der ehemaligen Volksschule, im Roten Schloss oder in Privathäusern und Gaststätten befanden sich Klassenzimmer.
Orientieren konnte sich Seitz an vielen Vorarbeiten: 1994 gab es eine Festschrift von zahlreichen Autoren. Außerdem forschte Volker Rieß, ehemaliger Mathematik- und Physik-Lehrer, intensiv und über Jahrzehnte zum Schicksal ehemaliger jüdischer Schüler. "Das war alles in der Physik-Sammlung aufbewahrt", erzählt Seitz.
Von Rieß stammt auch eine genaue Statistik, wie hoch der Anteil jüdischer Schüler war: Bis zu 20 Prozent hatten die Eintragung "israelitisch" als Religionszugehörigkeit, dagegen war die Zahl der protestantischen Schüler immer verschwindend gering. Dabei geht die erste höhere Schule in Hammelburg sogar auf die Reformation zurück: In der Ausstellung ist dokumentiert, dass es bereits ab 1530 eine Schule gab, in der bis zu 30 Wochenstunden Latein unterrichtet wurden. Das Jubiläum "350 Jahre Frobenius-Gymnasium" geht auf einen Vertrag zwischen dem Rat der Stadt und den Franziskanern vom Kloster Altstadt im Jahr 1669 zurück: Der Unterricht wurde laut Seitz aber bereits 1668 aufgenommen, ein Jahr später sei lediglich die Finanzierung vertraglich geregelt worden. Auch hinter das zweite Jubiläum "175 Jahre Königlich Bayerische Lateinschule" setzt Seitz ein kleines Fragezeichen: Die Schule sei zwar 1844 gegründet worden, aber: "Es wollte kein Lehrer nach Hammelburg." Deshalb habe der Unterricht erst 1845 begonnen.
Festgehalten ist das alles in gedruckten Jahresberichten, die lückenlos erhalten sind: Nur gut 50 Gymnasien und lateinische Schulen habe es damals im Königreich Bayern gegeben, das Kultusministerium forderte von allen Jahresberichte an und band sie zu einem Buch. Vor einigen Jahren habe die Schulleitung die alten Berichte ans Staatsarchiv übergeben. Das bedauert Seitz, ist aber auch froh, dass er sie für die Ausstellung als Leihgabe bekam: "Allerdings müssen wir alles wieder zurückgeben", stellt Seitz klar.
Rekonstruiert hat Seitz den Lehrplan für die 8. Klassen, darin zeigen sich etliche Besonderheiten: Wegen der Vorliebe des Königs für die Antike sei lange Zeit großer Wert auf Latein und Griechisch gelegt worden. Im Barock gab es auch Französisch, Englisch wurde erst nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt: "Wir haben noch keine hundert Jahre Englisch an unserer Schule, aber Französisch gab es schon vor 250 Jahren."
Bis zum Zweiten Weltkrieg zieht sich laut Seitz ein Thema durch die Schulgeschichte : "Die Schule stand immer wieder kurz vor der Auflösung." Das Ministerium erkundigte sich in den 1920er Jahren etwa, wie lange denn die Zugfahrt nach Bad Kissingen dauert. Zum Teil wurden weniger als 50 Schüler in allen fünf Klassen zusammen unterrichtet. Gegenmaßnahmen gab es viele: 1919 wurde mit Sophie Nußbaum das erste Mädchen an die Knabenschule aufgenommen, es wurden Realklassen eingeführt, die naturwissenschaftlich und neusprachlich geprägt waren, und es wurde ein Seminar bei den Franziskanern gegründet, das wegen der Weigerung gegen nationalsozialistische Organisationen wie die Hitlerjugend im Jahr 1938 aufgelöst wurde.
Öffnungszeit Zum letzten Mal ist die Ausstellung im Hammelburger Frobenius-Gymnasium am Montag, 7. Oktober, von 15 bis 17 Uhr zu sehen.
Vortrag Werner Seitz spricht am Montag, 7. Oktober, ab 15 Uhr über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und gibt ein Resümee seiner Beschäftigung mit der Schulgeschichte .rr