Unmittelbar vor dem ersten Konzerttag beginnt es, bei Thomas Lutz im ganzen Körper zu kribbeln, er kann nicht mehr schlafen. Die Anspannung ist an diesem Tag am größten, erzählt er. Lutz ist Koordinator des Kissinger Sommers. "Wenn der erste Ton erklingt, fällt das ein bisschen ab. Dann ist sowieso alles durchgetaktet." Wenn der offizielle Teil der Ansprachen beendet ist, dieses Jahr am 17. Juli, "dann sind wir durch. Da wird, nein, da muss der Wein aufgemacht werden", erzählt Lutz.
Zu diesem Zeitpunkt steckt das Team des Kissinger Sommers schon seit einem Vierteljahr in der Planung für 2023. Es macht sich Gedanken zum Motto und der Intendant hört sich nach Künstlern um.
Zehnköpfiges Team plant das Festival
Das zehnköpfige Team hat dabei verschiedene Aufgaben: Neben dem Intendanten gibt es das Künstlerische Betriebsbüro. Die Zuständige organisiert Reisen, Probezeiten, Transport, welche Technik gebraucht wird und mehr. Die Finanzabteilung regelt Vertragliches, die Verantwortliche fürs Marketing kümmert sich um Social Media, Plakate, Anzeigen und das Programmheft.
Im Gästeservice geht es von Kundenbetreuung , Einlasspersonal bis Catering. Der Vertrieb macht alles, was um das Ticket herum passiert. Und zuletzt gibt es Lutz, der für die Koordination und Finanzen zuständig ist.
Zeitplan: Im Oktober muss alles stehen
Bis Oktober 2022 muss das Programm stehen und es geht in den Druck. Anfang Dezember beginnt der Ticketverkauf. "Dann sind wir schon mittendrin: Wenn die ersten Tickets gebucht werden, muss alles stehen. Dann kommt im Juni Tag X, der erste Künstler kommt an und hat seine Probe im Konzertsaal ."
Ab da ist alles durchgeplant. Doch jede noch so gute Organisation verliert gegen die Praxis: "Es passieren einfach viele Unabwägbarkeiten, von veränderten Reiseplanungen oder Gesundheitszuständen der Künstler bis Programmgestaltungen, die aus verschiedensten Gründen umgeworfen werden."
Einiges zu beachten
Dabei muss das Team einiges beachten: Manche Veranstaltungen seien rein bestuhlt, manche mit Tischen und Catering, bei anderen soll das Tanzen möglich sein. Und es gibt verschiedene Orte, in denen Auftritte stattfinden. "Wir haben bis zu 16 Raumpläne." Dazu kommen verschiedene Arten von Bühnen. All das muss gut geplant und eingetaktet sein.
Daneben gilt es, Stammkunden zu betreuen, ebenso wie Sponsoren und hochrangige Gäste wie Politiker oder Berühmtheiten. Auch der Pressebereich ist riesig, über 40 Journalisten aus dem europäischen Raum sind auf dem Festival unterwegs.
Nach dem dritten Wochenende wird es hart
Die ersten drei von fünf Wochenenden laufen gut. Etwa zum vierten Wochenende des Festivals mache sich die andauernde Arbeit bemerkbar: Die Konzentration lässt nach, das Personal ist ausgepowert. Aber: "Man muss akribisch bleiben. Für die letzten 20 Konzerte muss man sich noch mal zusammenrappeln", sagt Lutz.
Daneben sind immer wieder Kleinigkeiten zu organisieren: Beispielsweise wenn der Künstler eine Einladung zum Essen nach dem Konzert hat. Lutz berichtet: "Also fahren wir ihn um 22.30 Uhr noch dorthin und sorgen dafür, dass er um halb eins sicher wieder ins Hotel kommt. Dann legt man sich hin, denkt daran, was man den Tag über vergessen hat, freut sich, dass man möglichst alles im Griff hatte und um sechs Uhr geht's wieder weiter."
80 bis 100 helfende Hände beim Kissinger Sommer
Neben all der Organisation braucht es Menschen, die anpacken. Und von denen gibt es einige: 80 bis 100 helfende Hände, von der studentischen Hilfskraft am Eingang bis zur Fachfirma für den Transport des Flügels.
"Wir haben einen externen Personalpool, etwa 40 Personen, die Einlass, Service und ähnliches betreuen. Daneben haben wir zwei externe Künstlerbetreuerinnen. Außerdem viel zu wenige Ladehelfer, die die Orchestertrucks be- und entladen, das sind derzeit nur vier. Und die externen Firmen, die uns unterstützen", zählt Thomas Lutz , Koordinator des Kissinger Sommers, auf. Täglich arbeiten etwa 20 bis 25 Personen um ein Konzert herum.
Umbau passiert nachts
Umbauarbeiten Säle begleitet Personal der Staatsbad GmbH und der Servicebetrieb der Stadt Bad Kissingen . Daneben gibt es externe Firmen. Oft unterstütze die Firma Top Eventservice aus Stangenroth. Zu gewissen Aufgaben werde der Wach- und Schließdienst hinzugezogen. Bei normalen Umbauten sind rund acht Personen zugegen, bei größeren Umbauten auch mal zwölf bis 20. Es komme sogar vor, dass das Büro des Kissinger Sommers mit anpackt, wenn sich für einen größeren Umbau kein Personal auftreiben lässt.
Interessant waren die vergangenen Tage, wo das Team für das Stegreif-Orchester alle Stühle aus dem Saal räumen musste: "Wir haben am Tag vorher ein Konzert. Bis die Gäste raus sind, ist 22.30 Uhr. Dann hat man im Parkett über 600 Stühle, die wir mit einem Aufzug nach unten bringen müssen." Bis zur Probe am nächsten Vormittag muss alles aufgebaut und gereinigt sein. Der Umbau passiert nachts.
Bis zu sieben Flügel im Einsatz
Handelt es sich um ein Konzert mit Klavier, brauche der Pianist "einen adäquaten Flügel". Diese leihen sie aus Frankfurt. Manchmal haben wir bis zu sieben Flügel im Einsatz, da kostet einer zwischen 160.000 und 250.000 Euro."
Vor allem der Transport sei ein heißes Eisen. "Da kommen auch verrückte Szenen zustande. Treppen nach oben, dann muss er gekippt werden", sagt Lutz. Das etwas passiert, sei nicht zu vermeiden. Lutz erinnert sich an einen noch vom Konzert emotional aufgeladenen Dirigenten , der sein Weinglas mit etwas zu viel Schwung auf den Flügel abstellte. "Sein Weinglas zerbricht, er hatte sich geschnitten, und der Flügel hatte eine Macke."
Reinigung wurde teurer
Ein großes Thema ist Licht, weiß Lutz. Bei manchen Gruppen komme sogar ein Lichtchoreograph mit. "Wir haben auch eine eigene Kraft, die dafür zuständig ist. Das ist Johannes Müller , ein super Haustechniker, den muss ich namentlich nennen." Je nach Anforderung bucht das Team spezialisierte Tontechniker, Veranstaltungstechniker oder Lichtmeister.
Die Reinigung ist in den vergangenen drei Jahren immer wichtiger geworden - und teurer. Eine externe Firma kümmert sich darum und säubert täglich alles, vom Dirigentenpult bis zur einzelnen Stuhllehne. Nicht zu vergessen seien die Caterer, die Menschen am Empfang - jeder und jede einzelne trage zum Gelingen der vier Wochen bei.
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