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Bad Kissingen
Papa ist wieder blau: Hilfe für Angehörige von Alkoholikern
Mit einer Fachtagung beteiligt sich die Beratungsstelle für Suchtprobleme in Bad Kissingen an der "Aktionswoche Alkohol". Ziel: Ämter zu vernetzen und für die Nöte von Angehörigen zu sensibilisieren.
Das Team der Psychosozialen Beratungsstelle für Suchtprobleme (von links): Marion Albert, Judith Hack, Lukas Pfeuffer, Stefanie Eigner und Sabrina Bauer       -  Das Team der Psychosozialen Beratungsstelle für Suchtprobleme (von links): Marion Albert, Judith Hack, Lukas Pfeuffer, Stefanie Eigner und Sabrina Bauer
Foto: Irene Ohngemach | Das Team der Psychosozialen Beratungsstelle für Suchtprobleme (von links): Marion Albert, Judith Hack, Lukas Pfeuffer, Stefanie Eigner und Sabrina Bauer
Susanne Will
 |  aktualisiert: 14.06.2024 11:10 Uhr

Papa säuft. Mama lallt. Der Onkel pöbelt, wenn er einen „intus“ hat – deutschlandweit wird das Leben von rund zehn Millionen Menschen durch den Alkoholmissbrauch eines Familienmitglieds beeinflusst. Es sind Mütter, Eltern, Kinder von Alkoholikern , die Ängste haben, die sich Sorgen machen und die sich oft hilflos fühlen. Sie stehen im Fokus eines Symposiums am Donnerstag, 13. Juni 2024, bei der Caritas Bad Kissingen .

Deutschlandweite "Aktionswoche Alkohol"

Es ist die Psychosoziale Beratungsstelle für Suchtprobleme des Caritasverbands Bad Kissingen, die sich in der deutschlandweiten „Aktionswoche Alkohol“ vom 8. bis 16. Juni 2024 mit der Fachveranstaltung am 13. Juni beteiligt.

Rund 50 Menschen haben sich bereits angemeldet. Es sind Fachleute vom Gesundheitsamt, vom sozialpsychiatrischen Dienst, vom Jugendamt, vom Jobcenter, aus der Erziehungsberatung oder auch von der Suchtklinik-Station im Bezirkskrankenhaus Werneck, die in Bad Kissingen erfahren, wie brachial der Alkoholmissbrauch eines Menschen sein gesamtes Umfeld beeinflussen kann.

Judith Hack ist neue Leiterin der Beratungsstelle

„Was hat Mami/Papi denn?“, „Papa/Mama ist schon wieder besoffen“, „Wie lange halte ich das noch aus?“ und „Was haben wir denn in der Erziehung bloß falsch gemacht?“ – das sind die vier Workshops, an denen die Fachleute teilnehmen können. Das Symposion ausgedacht haben sich Judith Hack (40), die Leiterin der Psychosozialen Beratungsstelle für Suchtprobleme, und ihr Team.

Judith Hack hat vor gut eineinhalb Jahren den Leitungsposten der seit 45 Jahren bestehenden Beratungsstelle übernommen. Unter ihrer Ägide wurde auch die Angehörigengruppe „Co-Ala“ (Co-Abhängigkeit verstehen, Lernen & Austausch) gegründet. Die Leitung hat die Psychologin und Beraterin Stefanie Eigner (30). Stefanie Eigner: „Bislang gehen nur acht  Prozent der Ressourcen der ambulanten Suchthilfe für die Angehörigenarbeit auf – das ist zu wenig. Denn die Betroffenen haben einen sehr hohen Leidensdruck.“

Eigene Gruppe für Angehörige von Alkoholkranken

So startete Eigner die Angehörigengruppe. Der Partner, die Eltern, die Kinder, sie alle leiden unter den Verhaltensweisen der Kranken und unter der Hilflosigkeit, den Alkoholiker nicht von seinem Weg tiefer in die Sucht abbringen zu können. Sie leiden, wenn der Ehemann mal wieder sternhagelvoll eine Party zum Kippen gebracht hat; sie schämen sich, weil sie meinen, als Eltern versagt zu haben; sie sind als Kinder betroffen, wenn sie nicht verstehen, warum der Vater oder die Mutter plötzlich unkalkulierbar werden.  

Die Scham der Betroffenen ist groß

Stefanie Eigner: „Es kommen etwa sechs Angehörige regelmäßig, die wir beraten können, die wir stützen können. Die Menschen kommen aber auch, um sich untereinander auszutauschen.“ Sogar aus dem Landkreis Fulda kämen Betroffene. „Die wollten in Fulda nicht gesehen werden, wie sie eine Beratungsstelle betreten“, so tief säße manchmal die Scham.

Sechs Menschen? Viel zu wenig, sagen beide. Sie wissen, wie viele Menschen es gibt, die als Co-Alkoholiker dringend Unterstützung brauchen. Jedoch: Die Hemmschwelle, sich Hilfe zu holen, ist hoch. Und so hoffen sie auf das Symposium. „Es geht um die Vernetzung“, sagt Judith Hack. Das Jugendamt beispielsweise hat direkte Kontakte in Familien, in denen es Alkoholkranke gibt. „Wir möchten, dass die Ämter sensibel werden und wissen, an welche Beratungsstellen sie Betroffene verweisen können.“

Dem Umfeld geht oft die Kraft aus

Das Symposium könnte ein Anfang sein, damit mehr Menschen den Weg in die Beratungsstelle finden. „Wir vermitteln Verständnis, was die Alkoholsucht überhaupt ist“, erklärt Hack. Es ginge auch darum, dass die Betroffenen sich in einem geschützten Raum austauschen und wie sie sich selbst schützen können. „Oft versuchen Angehörige, die Schussfahrt des Alkoholkranken aufzuhalten – ohne dass der überhaupt die Einsicht hat, dass er Hilfe benötigt.“ Das geht oft über die Kräfte der Menschen im Umfeld des Erkrankten.

„Und ein Hauptproblem ist nach wie vor die Scham und auch das Gefühl von Schuld, versagt zu haben“, hier, so Hack, versuchen die Berater und Beraterinnen im fünfköpfigen Team, den Selbstschutz der Betroffenen zu stärken oder wieder herzustellen. Außerdem habe die Einbeziehung des Umfelds von Alkoholikern noch einen entscheidenden Vorteil: „Studien zeigen, dass der Erfolg einer Langzeittherapie bei Alkoholikern signifikant höher ist, wenn das Umfeld ein Training bekommen hat – das erhöht die Behandlungschancen sehr“, so Psychologin Stefanie Eigner

  • Sind Sie betroffen? Die Angehörigengruppe Co-Ala trifft sich jeden 1. Donnertag im Montag um 17.30 Uhr im Gruppenraum 1 in der Caritas , Hartmannstraße 2, Bad Kissingen, Telefon 0971/7246-9200
Alkoholkonsum       -  Laut Deutscher Hauptstelle für Suchtfragen sind alleine rund acht Millionen Angehörige von Alkoholkonsum und Suchtverhalten eines Verwandten mitbetroffen.
Foto: Finn Winkler/dpa | Laut Deutscher Hauptstelle für Suchtfragen sind alleine rund acht Millionen Angehörige von Alkoholkonsum und Suchtverhalten eines Verwandten mitbetroffen.
 
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