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THUNDORF
Heu wenden, Heu rechen, Heu laden
Aktivurlaub in Südtirol: Ulli Berninger aus Thundorf half zwei Wochen lang bei der Heuernte im Südtiroler Ultental.
Foto: Berninger | Aktivurlaub in Südtirol: Ulli Berninger aus Thundorf half zwei Wochen lang bei der Heuernte im Südtiroler Ultental.
Von unserem Redaktionsmitglied Michael Petzold
 |  aktualisiert: 16.12.2021 10:47 Uhr

„Ich wollte das Echte“, sagt Ulrike Berninger über ihren Ferieneinsatz in Südtirol. Und sie hat es bekommen: 14 Tage harte Arbeit bei der Bergbauernfamilie Paris auf dem Tumpf-Hof im Ultental, hoch über dem Dorf St. Nikolaus. Das richtige Leben war zwar anstrengend, aber auch wunderschön.

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Ulrike Berningers Mutter konnte über die Idee nur den Kopf schütteln. Denn wenn es früher hinaus aufs Feld ging, war die Tochter alles andere als begeistert. Und jetzt wollte sie freiwillig zwei Wochen ihres Urlaubs opfern, um nur gegen Kost und Logis einem Bergbauern beim Heumachen zu helfen. Alle Bemühungen, sie umzustimmen, halfen nichts, die Neugier war einfach größer. „Ich wollte wissen, wie lebt so eine Bergbauernfamilie“, sagt Ulrike Berninger, die seit langem fasziniert ist von den Naturschönheiten Südtirols und dort schon häufiger zum Wandern war.

Auf die Idee, sich für einen Arbeitseinsatz zu bewerben, ist sie über einen Artikel in der Zeitschrift „Focus“ gekommen. Beim Ausfüllen des Bewerbungsbogens auf der Internetseite der Bergbauernhilfe hat sie allerdings ein wenig geflunkert, wie sie zugibt. Denn „große Erfahrungen“ beim Heumachen hatte sie nicht, andere Einsätze wie Kinder- oder Altenbetreuung kamen nicht in Frage. Formalitäten waren nach einem Anruf aus Bozen schnell geklärt. Möglichst einsam sollte der Hof liegen, weit weg vom nächsten Dorf und vom Tourismus. Und weil Ulrike Berninger des Ultental schon vom Skifahren her kannte, war das Traumziel schnell benannt.

Das echte Leben sah dann so aus: 7 Uhr Frühstück, dann die Milch aus dem Stall holen, Betten machen, den ersten Stock des Bauernhauses sauber halten und Blumen gießen. Dann hinaus auf die Wiese zum Heu wenden. Nach dem Mittagessen ging es weiter. Das trockene Gras musste die Hänge hinab zu einem Weg gerecht werden, damit der Lader das Heu aufnehmen konnte. So ging das Tag für Tag – zwei Wochen lang. Denn die Witterungsverhältnisse Ende Juni/Anfang Juli waren auch für Südtiroler Verhältnisse außergewöhnlich warm und trocken, geradezu ideal für die Heuernte. Selbst der Großvater auf dem Hof konnte sich nicht erinnern, jemals das gesamte Heu auf einen Streich in die Scheune gebracht zu haben.

Abends, nach der Marende, wie die Brotzeit mit selbstgeräuchertem Speck und Käse heißt, war die Thundorferin dann so müde, dass sie nur noch den Eintrag in ihr Tagebuch schaffte und dann Schlafen ging. Müde, aber glücklich, denn nicht nur die Natur übte eine große Faszination auf sie aus, auch die Menschen. „Arbeiten, essen, schlafen – es ist ein einfaches, aber zufriedenes Leben“, sagt sie. Und ein – wenn man so will – gottergebenes. „Es ist alles gut, so wie es ist“ – eine Lebenseinstellung, die ihr auf Schritt und Tritt dort droben in 1600 Metern Höhe begegnet ist.

Eine andere Welt voller Gelassenheit, in der Terminhetze unbekannt ist und in der immer Zeit für eine Rast bleibt – so hat sie die 14 Tage erlebt. Und in der jeder Kreatur ein Recht auf Leben zugebilligt wird. Nicht selten scheuchte Ulrike Berninger, die im anderen Leben in der Anzeigen-Abteilung der Main-Post arbeitet, mit ihrem Rechen im Steilhang eine Schlange oder eine Erdkröte auf. Tiere, die von den Bauern dann vor dem scharfen Mähwerk in Sicherheit gebracht wurden.

Es ist eine Welt, in der das Brot noch selbst gebacken wird, in der die Blasen an den Händen mit Ringelblumensalbe behandelt werden, Holunderblütensaft angesetzt wird und der Tee selbst gemischt wird. Und in der sie alte Hausmittelchen und Rezepte kennengelernt hat. „Die Leute sind einfach unheimlich nett“ – die Erinnerungen von Ulrike Berninger an ihre Zeit auf dem Hof decken sich mit den Versprechen im Werbetext auf der Internetseite www.bergbauernhilfe.it über das Leben bei den Bergbauern. „Am Schluss habe ich zur Familie gehört“, sagt sie. „Ich kann jederzeit wiederkommen.“ Was sie auch ernsthaft vorhat, muss sie Oma Hilda doch noch zeigen, wie Kartoffelklöße gemacht werden.

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Mehr Bilder im Internet unter www.mainpost.de

 
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