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Bad Kissingen
Heinrich Bedford-Strohm: Landesbischof kommt zu Empfang nach Bad Kissingen
Der evangelische Landesbischof wird als Festredner auf dem Neujahrsempfang der Stadt sprechen. Wir haben ihn vorab interviewt.
Heinrich Bedford-Strohm Foto: epd/Archiv       -  Heinrich Bedford-Strohm Foto: epd/Archiv
| Heinrich Bedford-Strohm Foto: epd/Archiv
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 18.08.2022 12:05 Uhr

Heinrich Bedford Strohm ist der Landesbischof der evangelischen Kirche in Bayern und Ratsvorsitzender der evangelischen Kirche in Deutschland. Zum 13. Februar hat sich der 58-Jährige für einen Besuch in Bad Kissingen angekündigt. Er wird als Festredner zu den geladenen Gästen des Neujahresempfanges der Stadt sprechen. Die Saale-Zeitung hat ihn vorab um ein Gespräch gebeten, über gesellschaftlichen Anstand und Hassbotschaften, inwiefern es okay ist, für den Klimaschutz die Schule zu schwänzen und warum die aktuellen Mitgliederzahlen der Kirchen ehrlicher als früher sind.

Sie kommen als Festredner zum Neujahrsempfang der Stadt in den Tattersall. Was wollen Sie den Bad Kissingern mit auf den Weg geben?

Heinrich Bedford-Strohm: Ich möchte Menschen stärken, die sich für andere einsetzen. Es ist ein erfüllteres, ein glücklicheres Leben, wenn man sich für etwas Sinnvolles engagiert.

Franken, insbesondere Coburg und Bamberg, haben Sie privat und beruflich kennengelernt. Haben Sie auch einen Bezug zu unserer Kurstadt?

In meiner Jugend in Coburg hatte ich einen Geigenlehrer , der mir sehr wichtig war. Nach seinem Tod hat mir seine Witwe seine Geige vermacht. Ich spiele sie bis heute. Die alte Dame ist dann in ein Seniorenstift in Bad Kissingen gezogen und ich habe sie dort besucht. Seitdem bin ich nie wieder dort gewesen. Es wurde also Zeit und ich freue mich auf meinen Besuch!

Welche Themen treiben Sie aktuell um? Welche Entwicklungen in unserer Gesellschaft finden Sie bedenklich, was ist ermutigend?

Ich finde es bedenklich, wie sich die Sprache in unserer Gesellschaft verschärft hat und wie bestimmte Grundkonsense ins Wanken geraten sind. Es ist gut, wenn wir einander wieder mehr zuhören - allerdings auch auf einer klaren Wertegrundlage. Die Herabsetzung ganzer Menschengruppen darf nie akzeptabel werden. Es darf da keine Toleranz geben, wo Intoleranz zum Programm gemacht wird. Ich glaube, dass die Botschaft Jesu dafür hochaktuell ist. Dass jetzt viele sagen: Ich möchte Hassbotschaften, egal woher sie kommen, nicht hinnehmen und zeige Flagge dagegen - das finde ich ermutigend.

Stichwort Flagge zeigen: Was würden Sie einem Jugendlichen sagen, der überlegt, ob er die Schule schwänzen soll, um für besseren Klimaschutz zu demonstrieren?

Ich finde es toll, wenn junge Leute sich für eine lebenswerte Zukunft und für die Bewahrung der Schöpfung engagieren. Das sollte man auch dann entsprechend würdigen, wenn es zum Konflikt mit den Schulverpflichtungen kommt. Dass ein dauerhaftes Versäumen wichtigen Schulstoffes keine Lösung ist, sehen die Schüler ja selber.

Kommen wir zum Glauben, Priestermangel ist da ein Thema, das beschäftigt: Wie denken Sie, muss die evangelische Kirche damit umgehen? Sollen Laien stärker eingebunden werden?

In der evangelischen Kirche haben wir eine stabile Nachwuchslage. Uns werden trotzdem Pfarrerinnen und Pfarrer fehlen, weil in den nächsten Jahren eine besonders hohe Zahl von Pensionierungen bevorsteht. Ehrenamtliche können das nicht einfach auffangen. Entscheidend ist, dass haupt- und ehrenamtliche Menschen mit unterschiedlichen Gaben gut zusammenarbeiten. Die Pfarrerinnen und Pfarrer sollten sich auf das konzentrieren können, wofür sie ausgebildet sind. Verwaltung und Bauaufsicht etwa können andere machen. Dazu, dass das möglich wird, haben wir die entsprechenden Veränderungen bereits angestoßen.

Für die Katholiken in der Region war es ein Schrecken, als Würzburgs Bischof Franz Jung erklärt hat, das Bistum stehe vor finanziellen Schwierigkeiten und müsse alle Ausgaben auf den Prüfstand stellen. Wie ist die Situation für die evangelischen Gemeinden in Unterfranken und im Landkreis Bad Kissingen : Müssen sie den Gürtel enger schnallen, was den Gebäudeunterhalt angeht?

Gegenwärtig geht es uns noch finanziell vergleichsweise gut. Aber wir müssen natürlich langfristig planen. Deswegen ist es sinnvoll, schon jetzt genau festzustellen, welche Gebäude wir in der Zukunft wirklich brauchen und wie wir sie finanzieren können.

Wie schaut es mit dem finanziellen Engagement im gesellschaftlichen Bereich aus, etwa bei der Diakonie, bei Alten- und Pflegeheimen sowie bei Kindergärten?

Die Ausstrahlungskraft einer Kirche hängt nicht von ihrem Kontostand ab. Gleichzeitig sehe ich bei meinen Besuchen in den Gemeinden, wie viel Segensreiches mit dem Geld gemacht wird, das uns anvertraut ist. Wie es langfristig am besten eingesetzt werden kann, muss an unserem ureigenen Auftrag beurteilt werden, den Menschen einen einfachen Zugang zu Liebe Gottes zu ermöglichen. Was das bedeutet, darüber tauschen wir uns gegenwärtig in unserem landeskirchlichen Zukunftsprozess "Profil und Konzentration" breit aus. Das große Stichwort ist: Vernetzung!

Hat die evangelische Kirche eine Antwort auf die Frage, wie mit rückläufigen Gläubigenzahlen umzugehen ist?

Anders als vor 50 Jahren können die Menschen heute aus Freiheit entscheiden, welchen Gemeinschaften sie angehören wollen. Angst vor sozialen Sanktionen müssen sie bei Kirchenaustritt nicht mehr haben. Deswegen sind die heutigen Mitgliedszahlen ehrlicher als früher. Unsere Aufgabe ist es, den Menschen plausibel zu machen, warum es eine wunderbare Idee ist, heute den christlichen Glauben als Grundlage für das eigene Leben zu haben und warum dazu auch eine Institution wie die Kirche bei all ihrer Fehlbarkeit hilfreich ist. Für mich ist das Entscheidende, dass wir als Kirche die Liebe Gottes selbst ausstrahlen, von der wir sprechen.

Ich habe den Eindruck, dass viele Leute nach wie vor ein großes Bedürfnis nach Spiritualität haben. Was sagen Sie dazu, dass als Ausdruck dieser Spiritualität heute häufiger Buddha-Statuen als Kreuze zu sehen sind?

Diese Diagnose bezweifle ich. Es ist gut, dass Kreuze überall zu sehen sind, auch öffentlich. Man kann sie allerdings nicht verordnen. Ihre Ausstrahlung bekommen sie dadurch, dass Menschen den Inhalt ernst nehmen, der damit verbunden ist. Und der ist nicht zu toppen: Der Gott, an den wir Christen glauben, ist nicht weit weg irgendwo nur im Himmel, sondern er zeigt sich uns in dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus hier auf der Erde. Er ist uns Menschen deswegen auch da ganz nah, wo wir durch dunkle Zeiten gehen. Und wir dürfen wissen: Leid und Tod hat nicht das letzte Wort. Am Ende siegt das Leben.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Benedikt Borst.

Infos zu Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm

Vita Heinrich Bedford-Strohm kam am 30. März 1960 in Memmingen zur Welt. Dort und in Coburg verbrachte er seine Kindheit. In Coburg war er auch mehrere Jahre als Pfarrer tätig, in Bamberg hatte er für mehrere Jahre als Professor einen Lehrstuhl für Theologie inne. Seit 2011 ist er der Landesbischof der evangelischen Kirche in Bayern, zudem ist er Ratsvorsitzender der evangelischen Kirche in Deutschland.

 
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