
Bei der Probe auf Schloss Maßbach wird schnell klar: Theaterspielen macht echt Spaß. Die zehn Mädchen und Buben zwischen elf und 17 Jahren aus verschiedenen Dörfern der Umgebung sind jedenfalls voll bei der Sache, als es darum geht, im Hof des TiP (Theater im Pferdestall) zu vermitteln, was für sie „Heimat“ bedeutet. Denn darum geht's in dem Stück „HeimatKinder“, das Regisseurin Daniela Scheuren und Choreograf Dominik Blank, sowie Rene Felcht und Manuel Müller von Pro Jugend, zusammen mit den Kindern über Monate hinweg entwickelt haben. Alle sind am Mittwoch schon ein bisschen nervös, denn schließlich hat das Stück am Freitag in Nüdlingen Premiere.
Drei Bündnispartner
Kindern aus bildungsfernen Familien
„Wege ins Theater“ zu ebnen, ist Ziel dieses Projekts, das im Rahmen der Initiative „Kultur macht stark“ des Bundesbildungsministeriums ausgerufen wurde und welches die Maßbacher recht spannend fanden, erklärt Theaterleiterin Anne Maar. Deshalb bewarb man sich im Februar 2018 über den mit der Durchführung des Bundesprogramms beauftragten Verein ASSITEJ Bundesrepublik Deutschland um Fördergelder, so Maar weiter. Mit dem Landkreis Bad Kissingen, dem Kreisomnibusbetrieb Oberthulba und dem Verein Pro Jugend fanden sich drei schlagkräftige Bündnispartner, die das Theaterprojekt jetzt mittragen.Neuland für Profis
Unbeleckt vom Theaterspielen mit Kindern und Jugendlichen sind die Maßbacher nicht, schon gar nicht mehr, seit sie 2005 das Jugendtheater im Pferdestall (TiP) eröffneten. Dennoch hört man beim Pressegespräch heraus, dass die Tatsache, dass ein Bühnenstück quasi erst erschaffen werden musste, selbst für die erfahrenen Theaterleute wohl Neuland war. Hinzu kam, dass es in relativ kurzer Zeit, zusammen mit den Kindern, auf die Beine gestellt werden musste, sagt Choreograf Dominik Blank.
Projektstart war im April. In einem fünftägigen Workshop an einem Rückzugsort in Bad Königshofen stellten sich alle erst mal vor, bevor es dann zur Sache ging. Denn schließlich kannten sich die acht Mädchen und zwei Jungs aus Nüdlingen, Münnerstadt, Poppenlauer, Großwenkheim, Haard, Steinach, Hohn und Burglauer nicht alle. „Die Kinder sollten ihre biografischen Geschichten mitbringen“, sagt Regisseurin Daniela Scheuren. Interessant war, so Scheuren weiter, was sie alles mit Heimat verbinden: Da wurden nicht nur die Familie und die Freunde, der Verein oder das Haustier benannt. Dass zu Hause gearbeitet wird, dass im Dorf Feste gefeiert werden und die Wallfahrer zum Kreuzberg laufen, gehört für die Kinder und Jugendlichen ganz selbstverständlich zur Heimat dazu.
Starke Heimatverbundenheit
Aus all den Mosaiksteinchen, die die jungen Leute beim Workshop präsentierten, dann letztendlich ein Schauspiel für die Bühne zu entwickeln, sei schon eine „Herausforderung“ gewesen, gibt Scheuren zu. Fasziniert hat sie als Erwachsene der „unverstellte Blick“ der Mädchen und Buben auf ihr Dorf: „Alle sind unheimlich heimatverbunden. Da ist ein totales Bejahen zu spüren. Sie haben noch keine Vergangenheit, waren noch nicht weg, haben das Zuhause noch nicht aus der Distanz wahrgenommen.“
In Bad Königshofen wurde vieles mit den Kindern und Jugendlichen ausprobiert, etliches neu entwickelt, allerhand experimentiert. Es wurde getanzt, gesprochen, gesungen. Es zeichneten sich allmählich Figuren ab, versucht die Regisseurin das darzulegen, was im Workshop alles vor sich ging.
Heimat wieder aufbauen
In dem Bühnenstück geht es nicht nur darum, wie ein Dorf beschaffen sein muss, dass alle dort zusammenhalten, so Scheuren weiter. „Denn Heimaten werden zur Zeit in anderen Ländern auch zerstört.“ Auch dies wollten die Mädchen und Buben auf der Bühne aufgegriffen wissen, sagt sie. Menschen müssen dann ihre eigene Heimat verlassen und fühlen sich an ihrem neuen Aufenthaltsort fremd. Andere aber bauen ihre Heimat, die zerstört wurde, wieder auf – so, wie das die „HeimatKinder“ in dem gleichnamigen Bühnenstück tun.
Vorstellungen: 20. Juli um 19 Uhr im Hof der Volksschule Nüdlingen, sowie am 21. Juli um 11 Uhr in der Henneberghalle Steinach und um 15 Uhr im Hof des Deutschordensschlosses Münnerstadt.
Es spielen: Amelie Keßler, Christina Weimann, Emilie Heinisch, Felix Auer, Jana Runkel, Jana Schärmann, Rosalie Bieber, Sandro Beck, Sina Henge und Joanna Karasimos.