Großwenkheim
Heimat gibt's nicht in der Mehrzahl
Vor 30 Jahren wurde Anton Schlembach zum Bischof geweiht, seit sechs Jahren ist er im Ruhestand. Diesen verbringt er in Speyer. Er hat nach wie vor einen engen Bezug zu Großwenkheim, wo er geboren wurde und aufgewachsen ist.
Vor 30 Jahren wurde Anton Schlembach zum Bischof von Speyer geweiht. Anlässlich dieses Jubiläums hielt er jetzt in seiner Heimatkirche einen Dankgottesdienst. Im Interview spricht er unter anderem über die Weihe zum Bischof und den Bezug zu seinem Geburtsort Großwenkheim.
Herr Bischof, welche besonderen Erinnerungen haben Sie an den Weihetag am 16. Oktober 1983? Ist man da besonders aufgeregt?
Anton Schlembach: Der Tag meiner Bischofsweihe gehört zu den unüberbietbaren Höhepunkten in meinem Leben. Die Bischofsweihe im Speyerer Dom gab meiner Existenz eine neue sakramentale Prägung der Zugehörigkeit zu Christus und seiner Kirche. Durch die Handauflegung und das Gebet des damaligen Erzbischofs von München und Freising, Friedrich Wetter, des Bischofs von Würzburg, Paul-Werner Scheele, und des Speyerer Weihbischofs Ernst Gutting wurde ich in das Bischofsamt eingesetzt. Ich wurde in das Kollegium der Bischöfe der katholischen Weltkirche, die in der Nachfolge der Apostel stehen, aufgenommen und in den Dienst der Leitung der Diözese Speyer eingeführt. Ich war äußerst angespannt, wach und konzentriert. In mir war das Vertrauen auf die Gnade und den Beistand Gottes stärker als die Befürchtungen und die Ängste, die ich auch verspürte. Dieses zuversichtliche Vertrauen wurde verstärkt durch die begeisterte Mitfeier des Weihegottesdienstes durch die Gläubigen im überfüllten Dom, durch die Anwesenheit von vielen Bischöfen, durch die warmen und herzlichen Worte des Willkommens der Vorsitzenden des diözesanen Priesterrats und Katholikenrats sowie des Kirchenpräsidenten der evangelischen Kirche der Pfalz. Auch der Bundeskanzler Helmut Kohl, der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Bernhard Vogel, und der Oberbürgermeister von Speyer sprachen mir Mut zu. In meinem Schlusswort sagte ich: "Wenn es so gut weitergeht, wie der Start heute gewesen ist, dann ist es eine Lust, Bischof von Speyer zu sein." Aus meiner ersten Ansprache erinnern mich viele bis heute an den Satz: "Man muss Gott für alles danken, auch für einen Unterfranken ."
Die drei - oder mehr - eindrucksvollsten Ereignisse beziehungsweise Erlebnisse in Ihrer Amtszeit?
Äußerst eindrucksvoll und unvergesslich waren und bleiben meine erste Firmung, meine erste Diakonen- und Priesterweihe, meine erste Altar- und Kirchenweihe. Ebenso die Feier der ersten Christmette und der ersten Osternacht im Speyerer Dom, der für das zweite christliche Jahrtausend steht und der, als er gebaut wurde, die größte Kirche der Christenheit war. Am bedeutungsvollsten waren der Besuch von Papst Johannes Paul II. in Speyer am 4. Mai 1987 und die Seligsprechung des Priesters der Diözese Speyer, Paul Josef Nardini (1821 bis 1862), am 22. Oktober 2006 im Dom zu Speyer. Papst Benedikt XVI. hatte Kardinal Wetter mit der Feier der Seligsprechung Nardinis beauftragt, der ein Landsmann des Kardinals war. Beide Ereignisse werden in die Geschichte des sehr alten Bistums Speyer eingehen.
Sie sind seit sechs Jahren emeritierter Bischof. Was machen Sie hauptsächlich im Ruhestand? Gibt es Verpflichtungen? Warum sind Sie in Speyer geblieben?
Mit 75 Jahren habe ich 2007 den Papst, wie es die kirchliche Ordnung vorsieht, um Ruhestandsversetzung gebeten. Das Gesuch wurde angenommen. Gottlob konnte ich bis zuletzt meine bischöflichen Aufgaben voll wahrnehmen. Aber ich spürte bereits das Nachlassen der Kräfte und die Beschwerden des Alters. Das war für mich der Hauptgrund, auch nach meiner Amtszeit in Speyer zu bleiben. Meine Bischofsstadt war mein Lebensraum geworden. Hier hatte ich Wurzeln geschlagen. Die Menschen kennen mich - und ich kenne viele Menschen. Das kann ich von Würzburg nicht mehr sagen, so sehr es zu meinem Leben gehört. So lebe ich jetzt in einer kleinen, bescheidenen, aber schönen Wohnung in einem Caritasaltenheim. Eine Hauskapelle und indische Ordensschwestern geben dem Haus ein kirchliches Gepräge. Gesundheitliche Einschränkungen erlauben mir nicht mehr, Auto oder Fahrrad zu fahren. Ich kann aber am kirchlichen und städtischen Leben teilnehmen. Ich versuche mich umfassend über die Ereignisse in Kirche und Welt zu informieren und ein Zeitgenosse zu bleiben. Lektüre und Musik machen mir Freude. Es bleibt viel Zeit zu Gebet und Meditation. Größere Gottesdienste zu halten ist mir im Augenblick leider nicht möglich.
Wie wichtig ist Ihnen die Beziehung zum Heimatort Großwenkheim?
Großwenkheim ist und bleibt mein Geburts-, Kindheits- und Heimatdorf. Ich bin und bleibe ein Großwenkheimer. Hier stehen mein Elternhaus, meine Taufkirche, der Kindergarten und die Schule, wo ich in das soziale, religiöse und kulturelle Leben eingeführt wurde. Diese Erstprägungen sind unauslöschlich. Wichtig ist auch der Dorffriedhof. Er war und wird immer mehr ein Teil meines Lebens. Nicht zu vergessen sind meine Eltern, Geschwister und Verwandten, aber auch die Pfarrer meiner Kindheit und Jugendzeit, Nikolaus Kuhn und Franz Kunzmann, die Erlöserschwestern in der "Anstalt" und die Lehrer in den ersten Schuljahren. Meine Besuche zu Hause waren in den letzten Jahren seltener. Dafür besuchen mich öfter meine Schwestern und nahe Verwandte. Drei große Fotobilder an der Wand meines Wohnzimmers machen mir täglich die bleibende Verbundenheit mit Großwenkheim, seinen Häusern, Feldern, Wiesen und Wäldern, vor allem mit dem Gotteshaus als Dorfmittelpunkt, bewusst. Im Blick auf sie erfahre ich: Der Mensch kann an vielen Orten beheimatet sein, aber er hat nur eine Heimat im eigentlichen Sinn. Nicht umsonst gibt es das Wort "Heimat" nur in der Einzahl.
Haben Sie noch eine Lebensweisheit oder besondere Botschaft an die jüngeren beziehungsweise älteren "Grössewehmer"?
Eine meiner vielen Lebenserfahrungen könnte sein: "Die Alten haben nicht immer Recht. Sie haben nicht immer Unrecht. Oft haben sie Recht." Meinen lieben Landsleuten, alten und jungen, empfehle ich: Seid stolz auf unser Dorf. Interessiert euch für seine alte und jüngste Geschichte. Haltet in den Familien, in der Verwandtschaft, in der Nachbarschaft und in der Dorfgemeinschaft zusammen. Liebt die einmalige schöne Kirche und besucht sie als geistliche Heimat. Haltet fest am überkommenen Glauben der Vorfahren und am kirchlichen Leben. Nicht zuletzt: Genießt den Blick auf den Wamberg, auf den Judenhügel und auf den Kreuzberg. Freut euch an der schönen Natur und Landschaft und an eurem Leben - so gut und so lange es geht."
Herr Bischof, welche besonderen Erinnerungen haben Sie an den Weihetag am 16. Oktober 1983? Ist man da besonders aufgeregt?
Anton Schlembach: Der Tag meiner Bischofsweihe gehört zu den unüberbietbaren Höhepunkten in meinem Leben. Die Bischofsweihe im Speyerer Dom gab meiner Existenz eine neue sakramentale Prägung der Zugehörigkeit zu Christus und seiner Kirche. Durch die Handauflegung und das Gebet des damaligen Erzbischofs von München und Freising, Friedrich Wetter, des Bischofs von Würzburg, Paul-Werner Scheele, und des Speyerer Weihbischofs Ernst Gutting wurde ich in das Bischofsamt eingesetzt. Ich wurde in das Kollegium der Bischöfe der katholischen Weltkirche, die in der Nachfolge der Apostel stehen, aufgenommen und in den Dienst der Leitung der Diözese Speyer eingeführt. Ich war äußerst angespannt, wach und konzentriert. In mir war das Vertrauen auf die Gnade und den Beistand Gottes stärker als die Befürchtungen und die Ängste, die ich auch verspürte. Dieses zuversichtliche Vertrauen wurde verstärkt durch die begeisterte Mitfeier des Weihegottesdienstes durch die Gläubigen im überfüllten Dom, durch die Anwesenheit von vielen Bischöfen, durch die warmen und herzlichen Worte des Willkommens der Vorsitzenden des diözesanen Priesterrats und Katholikenrats sowie des Kirchenpräsidenten der evangelischen Kirche der Pfalz. Auch der Bundeskanzler Helmut Kohl, der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Bernhard Vogel, und der Oberbürgermeister von Speyer sprachen mir Mut zu. In meinem Schlusswort sagte ich: "Wenn es so gut weitergeht, wie der Start heute gewesen ist, dann ist es eine Lust, Bischof von Speyer zu sein." Aus meiner ersten Ansprache erinnern mich viele bis heute an den Satz: "Man muss Gott für alles danken, auch für einen Unterfranken ."
Die drei - oder mehr - eindrucksvollsten Ereignisse beziehungsweise Erlebnisse in Ihrer Amtszeit?
Äußerst eindrucksvoll und unvergesslich waren und bleiben meine erste Firmung, meine erste Diakonen- und Priesterweihe, meine erste Altar- und Kirchenweihe. Ebenso die Feier der ersten Christmette und der ersten Osternacht im Speyerer Dom, der für das zweite christliche Jahrtausend steht und der, als er gebaut wurde, die größte Kirche der Christenheit war. Am bedeutungsvollsten waren der Besuch von Papst Johannes Paul II. in Speyer am 4. Mai 1987 und die Seligsprechung des Priesters der Diözese Speyer, Paul Josef Nardini (1821 bis 1862), am 22. Oktober 2006 im Dom zu Speyer. Papst Benedikt XVI. hatte Kardinal Wetter mit der Feier der Seligsprechung Nardinis beauftragt, der ein Landsmann des Kardinals war. Beide Ereignisse werden in die Geschichte des sehr alten Bistums Speyer eingehen.
Sie sind seit sechs Jahren emeritierter Bischof. Was machen Sie hauptsächlich im Ruhestand? Gibt es Verpflichtungen? Warum sind Sie in Speyer geblieben?
Mit 75 Jahren habe ich 2007 den Papst, wie es die kirchliche Ordnung vorsieht, um Ruhestandsversetzung gebeten. Das Gesuch wurde angenommen. Gottlob konnte ich bis zuletzt meine bischöflichen Aufgaben voll wahrnehmen. Aber ich spürte bereits das Nachlassen der Kräfte und die Beschwerden des Alters. Das war für mich der Hauptgrund, auch nach meiner Amtszeit in Speyer zu bleiben. Meine Bischofsstadt war mein Lebensraum geworden. Hier hatte ich Wurzeln geschlagen. Die Menschen kennen mich - und ich kenne viele Menschen. Das kann ich von Würzburg nicht mehr sagen, so sehr es zu meinem Leben gehört. So lebe ich jetzt in einer kleinen, bescheidenen, aber schönen Wohnung in einem Caritasaltenheim. Eine Hauskapelle und indische Ordensschwestern geben dem Haus ein kirchliches Gepräge. Gesundheitliche Einschränkungen erlauben mir nicht mehr, Auto oder Fahrrad zu fahren. Ich kann aber am kirchlichen und städtischen Leben teilnehmen. Ich versuche mich umfassend über die Ereignisse in Kirche und Welt zu informieren und ein Zeitgenosse zu bleiben. Lektüre und Musik machen mir Freude. Es bleibt viel Zeit zu Gebet und Meditation. Größere Gottesdienste zu halten ist mir im Augenblick leider nicht möglich.
Wie wichtig ist Ihnen die Beziehung zum Heimatort Großwenkheim?
Großwenkheim ist und bleibt mein Geburts-, Kindheits- und Heimatdorf. Ich bin und bleibe ein Großwenkheimer. Hier stehen mein Elternhaus, meine Taufkirche, der Kindergarten und die Schule, wo ich in das soziale, religiöse und kulturelle Leben eingeführt wurde. Diese Erstprägungen sind unauslöschlich. Wichtig ist auch der Dorffriedhof. Er war und wird immer mehr ein Teil meines Lebens. Nicht zu vergessen sind meine Eltern, Geschwister und Verwandten, aber auch die Pfarrer meiner Kindheit und Jugendzeit, Nikolaus Kuhn und Franz Kunzmann, die Erlöserschwestern in der "Anstalt" und die Lehrer in den ersten Schuljahren. Meine Besuche zu Hause waren in den letzten Jahren seltener. Dafür besuchen mich öfter meine Schwestern und nahe Verwandte. Drei große Fotobilder an der Wand meines Wohnzimmers machen mir täglich die bleibende Verbundenheit mit Großwenkheim, seinen Häusern, Feldern, Wiesen und Wäldern, vor allem mit dem Gotteshaus als Dorfmittelpunkt, bewusst. Im Blick auf sie erfahre ich: Der Mensch kann an vielen Orten beheimatet sein, aber er hat nur eine Heimat im eigentlichen Sinn. Nicht umsonst gibt es das Wort "Heimat" nur in der Einzahl.
Haben Sie noch eine Lebensweisheit oder besondere Botschaft an die jüngeren beziehungsweise älteren "Grössewehmer"?
Eine meiner vielen Lebenserfahrungen könnte sein: "Die Alten haben nicht immer Recht. Sie haben nicht immer Unrecht. Oft haben sie Recht." Meinen lieben Landsleuten, alten und jungen, empfehle ich: Seid stolz auf unser Dorf. Interessiert euch für seine alte und jüngste Geschichte. Haltet in den Familien, in der Verwandtschaft, in der Nachbarschaft und in der Dorfgemeinschaft zusammen. Liebt die einmalige schöne Kirche und besucht sie als geistliche Heimat. Haltet fest am überkommenen Glauben der Vorfahren und am kirchlichen Leben. Nicht zuletzt: Genießt den Blick auf den Wamberg, auf den Judenhügel und auf den Kreuzberg. Freut euch an der schönen Natur und Landschaft und an eurem Leben - so gut und so lange es geht."
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