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Bad Kissingen
Heiligenhof: "Öffnung ist betriebswirtschaftlicher Wahnsinn"
Seit kurzem ist klar: Zu Pfingsten dürfen Jugendherbergen wieder aufmachen. Doch die meisten Gäste zögern noch, sagt Steffen Hörtler von der Bad Kissinger Bildungsstätte.
Das Motto der Bad Kissinger Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk klingt wie ein Appell für die Zukunft.
Foto: Archiv Benedikt Borst | Das Motto der Bad Kissinger Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk klingt wie ein Appell für die Zukunft.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 12.02.2024 00:08 Uhr

"Alles Leben ist Begegnung" schrieb sich die Bildungsstätte Heiligenhof einst selbst als Leitspruch auf die Fahnen.  Doch in Zeiten von Corona ist diese Devise kaum zu halten. Zwar dürfen Jugendherbergen ab 30. Mai offiziell wieder Gäste empfangen. Doch diese müssen erst mal wieder Freude daran finden, in ihrer Freizeit irgendwo in der Fremde zu übernachten.  Während sich zu Pfingsten 2019 in der Bildungseinrichtung rund 220 Gäste eingemietet hatten und auf dem Zeltplatz 200 Menschen übernachteten, werden es am kommenden Wochenende lediglich neun Personen sein, die das Ambiente des Hauses inmitten der Natur genießen wollen. Und das, obwohl dessen Leiter Steffen Hörtler offensichtlich alle Hebel in Bewegung setzte, um Gäste zu akquirieren.

Vor einer Woche startete er nämlich eine große Werbeaktion. "Ich habe über 10 000 Gäste in einem Newsletter angeschrieben und in allen sozialen Medien Aufrufe geschaltet", erzählt Hörtler. Der Erfolg ist verschwindend: "Fünf Leute haben sich bis jetzt angemeldet." Hinzu kämen vier Personen aus einer Jugendgruppe, die sich schon im vergangenen Jahr angemeldet hatte. Die Leute haben offenbar weiterhin Angst, dass sie sich bei einem Aufenthalt in einem fremden Haus anstecken, glaubt der Bildungsstättenleiter. Vielleicht hätten manche auch noch nicht realisiert, dass sich ja inzwischen bereits wieder Personen aus zwei befreundeten Haushalten treffen und damit auch zusammen verreisen dürfen.

Zu Pfingsten wird's in der Bildungsstätte in der Alten Euerdorfer Straße noch eher ruhig zugehen.
Foto: Archiv Werner Vogel | Zu Pfingsten wird's in der Bildungsstätte in der Alten Euerdorfer Straße noch eher ruhig zugehen.

Unmut über den Urlaub mit Mundschutz

Etliche Gäste hatten ihm geantwortet und ihn gefragt, ob er denn einen Urlaub, in dem man Mundschutz tragen muss, normal findet, sagt Hörtler. Manche seien sogar verärgert gewesen, dass er überhaupt für einen Besuch in seinem Haus warb. "Ich verstehe das sogar", sagt er. Andererseits habe man sich im Heiligenhof sehr gut auf die aktuelle Situation eingestellt. "Wir haben eine Gefährdungsbeurteilung gemacht und ein umfassendes Hygienekonzept erstellt. Und es gibt sogar ein paar nette Plakate, die mit Humor auf die Vorsichtsmaßnahmen hinweisen." 

In der Gefärdungsanalyse sind, laut Hörtler, Vorgänge wie das bargeldlose Bezahlen, das regelmäßige Lüften der Zimmer oder das Desinfizieren der Türklinken erfasst. Im Hygiene-Katalog sind unter anderem die 1,50-Meter-Abstandsregelung und das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes vermerkt. Zudem geht es beispielsweise darum, dass es aktuell im Heiligenhof abends kein kalt-warmes Büffet mehr gibt, sondern ein warmes Abendessen, und dass man beim Servieren auf direkte Bedienung am Tisch umgestellt hat.

Hoffen auf kurzfristige Buchungen

Hörtler dachte, Gäste vielleicht auch deshalb zu einem Besuch in seinem Haus verlocken zu können, weil in den vergangenen Wochen alle Zimmer neu gestrichen und die Außenanlagen wieder schmuck hergerichtet wurden. Doch weit gefehlt. Jetzt hofft er auf kurzfristige Buchungen zu Pfingsten. "Wir sind 24 Stunden am Telefon erreichbar und beantworten jede E-Mail sofort", beschreibt er die aktuellen Bemühungen um weitere Gäste. "Aber irgendwie nimmt alles noch keinen Anfang."

Kein Mundschutz, sondern Sichtschutz: Unser Bild zeigt Kinder aus dem hessischen Stadtallendorf bei ihrer Jugendfreizeit 2017 im Heiligenhof.
Foto: Archiv Sandro Wegmann | Kein Mundschutz, sondern Sichtschutz: Unser Bild zeigt Kinder aus dem hessischen Stadtallendorf bei ihrer Jugendfreizeit 2017 im Heiligenhof.

Der Heiligenhof wirbt damit, dass alle verwendeten Lebensmittel aus der Region stammen, so Hörtler weiter. Für so wenige Gäste rentiere sich dies gerade nicht, was natürlich auch Auswirkungen auf die Anbieter solcher Bio-Produkte habe. "Die Öffnung des Hauses ist eigentlich betriebswirtschaftlicher Wahnsinn." Dennoch wolle man sich den Gästen gegenüber aufgeschlossen zeigen und ein Zeichen setzen.

Die Soforthilfe ist jetzt angekommen

"Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben und müssen mit Optimismus an die Sache rangehen", sagt Hörtler. Dies falle nicht leicht, denn ein Haus wie der Heiligenhof habe monatlich 50 000 Euro fixe Kosten zu tragen, die seit März 2020 nicht mehr eingefahren würden. Immerhin hat der Antrag auf Soforthilfe an den Freistaat inzwischen gefruchtet, sagt der Bildungsstättenleiter: Vergangene Woche kam der Bescheid und vor ein paar Tagen gingen die erhofften 30 000 Euro auf dem Konto ein. 

 
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