Am 30. Juli 1998, dem 100. Todestag des einstigen deutschen Reichskanzlers Fürst Otto von Bismarck , wurde das damalige Bismarck-Museum im Gebäude der Oberen Saline in Hausen eröffnet. Vergangenen Sonntag fand anlässlich des 25-jährigen Bestehens einen Festakt in Bismarcks Empfangssalon statt.
Die Festansprache hielt zur Überraschung aller Gäste der frühere Chef des Bundeskanzleramts und Bundesminister Peter Altmaier ( CDU ).
Zwischenstopp in Bad Kissingen
Es war nicht der erste Besuch Altmaiers im Museum. „Ein großes Danke an alle, die die Erinnerung an Otto von Bismarck und Bad Kissingen so liebevoll und professionell aufrechterhalten“, hatte er am 26. Januar ins Gästebuch geschrieben. Damals war er privat unterwegs und hatte sich für einen Einblick in die Wohnräume Bismarcks interessiert.
Diesmal war er auf Einladung von Oberbürgermeister Dirk Vogel ( SPD ), der den einstigen Kanzleramtschef nach seinem Gästebuch-Eintrag für den „idealen Redner“ der Jubiläumsveranstaltung hielt, ganz offiziell ins Museum gekommen. Auf seiner Reise zwischen Paris und Berlin machte er deshalb einen Zwischenstopp in der Kurstadt.
Große Bedeutung für die Kurstadt
„Zwanzig Jahre lang war auch Bad Kissingen ein politisches Zentrum in der Welt“, betonte Altmaier in seiner Rede. Er erzählte vor allem über das Wirken des „ersten modernen und vielleicht auch bedeutendsten Staatsmannes Deutschlands“ und die Bedeutung des Bad Kissinger Museums.
In der Welterbestadt hatte Bismarck während eines Kuraufenthalts im Juni 1877 in seinem Arbeitszimmer die Grundlagen seiner europäischen Außenpolitik diktiert, was nach Auffassung Altmaiers nicht unterschätzt werden dürfe. „Es war ein Diktat der freiwilligen Machtbeschränkung Deutschlands.“
Drei Jahre später entwickelte Bismarck im August 1880 in einem Gespräch mit dem Präsidenten des Reichskanzleramtes die Grundlagen seiner Sozialreform mit Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung – auch das in Bad Kissingen . „Das war eine Jahrhundert-Erfindung: Deutschland war der erste Sozialstaat der Welt“, sagt Altmaier.
Erfinder des Home-Office
„Bismarck traf seine großen Entscheidungen gern in ruhiger Abgeschiedenheit“, wusste der Überraschungsgast zu berichten. Der Reichskanzler könne deshalb durchaus als „Erfinder des Home-Office und der Quality-Time“ gesehen werden.
„Die Obere Saline ist ein Schloss, in dem Weltgeschichte geschrieben wurde“, und doch sei Bad Kissingen damals „vermutlich der einzige Ort in Deutschland gewesen, wo sich die Menschen ein unmittelbares Bild von ihrem Kanzler machen konnten“.
Historisches Bewusstsein schwindet
Wie schon in seinem Gästebuch-Eintrag lobte Altmaier auch diesmal wieder die engagierte Arbeit von Kulturreferent Peter Weidisch und Museumsleiterin Annette Späth. „Große Ideen sind abstrakt, die niemand liest. Aber konkrete Gegenstände erinnern an Vergangenheit und Geschichte, aus der man lernen kann“, meinte Altmaier.
Er bedauert: „Die historische Dimension ist aus dem öffentlichen Bewusstsein mehr und mehr entschwunden.“ Die Jugend bringe Bismarck heute allenfalls noch mit dem Hering in Verbindung.
Historisches Bewusstsein pflegen
Um dies zu verhindern und das historische Bewusstsein zu erhalten, war in den Räumen des bis in die 1990er Jahre leerstehenden fürstbischöflichen Bauwerks am 30. Juli das Bismarck-Museum eröffnet worden. „Gelebte Geschichte ist für mich Ziel und Konzept für Leerstände historischer Gebäude“, ist Vogel der Meinung. „Dafür braucht es aber, stimmig vereint, wirtschaftliche, politische und kulturelle Kraft auf allen Ebenen.“
Bad Kissingens Kulturreferent Peter Weidisch erinnerte an den Werdegang des Museums. Vor fast 30 Jahren hatte er im Juni 1994 sein Museumskonzept dem Kulturausschuss des Stadtrats vorgestellt, drei Jahre später kaufte die Stadt das Gebäude vom Freistaat für eine symbolische Mark und erhielt Fördermittel. Im Dezember 1997 begannen dann die Bauarbeiten, die zum 100. Todestag Bismarcks abgeschlossen sein mussten.
Mehr als nur eine Funktion
Heute erfülle das Museum laut Weidisch vielfältige Funktionen: vom Ort des Sammelns und Erhaltens, des Forschens und Lernens, des Gedenkens und Repräsentierens bis hin zum Kreativ- und Aktionsort. In der Erlebniswelt des Museums Obere Saline soll der Besucher „vom Hauch der Geschichte und des Vergangenen berührt werden“.
Einen „Ort von nationaler bis sogar internationaler Bedeutung“ nannte Leiterin Annette Späth das Museum. Das Mitarbeiter-Team leiste professionelle Bildungs- und Wissensvermittlungsarbeit. „Gerade bei jungen Leuten ist der Umgang mit Bismarcks politischen Erbe nicht unumstritten.“
Die neusten Ergebnisse der Forschung
Doch auch Forschung werde betrieben, denn „nur kontinuierliche Forschung schafft fundiertes Wissen“. Als neuestes Ergebnis verwies sie auf die druckfrische Publikation „ Otto von Bismarck und der Ehrenbürgerbrief des Weltbades Kissingen“, verfasst von Ulrich Lappenküper, dem Geschäftsführer der Bismarck-Stiftung (Friedrichsruhe).
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