Bad Kissingen
Hausarztnachfolge in Bad Kissingen: Praxis in prekärer Lage
Seit dem Tod von Harald Huber wird die Praxis von Vertretern geführt. Der Betrieb ist bis Herbst sicher. Dennoch wird das Gesundheitsministerium aktiv.
Der plötzliche Tod von Harald Huber ist nicht nur für die Hinterbliebenen ein Schock, sondern führt auch bei Mitarbeitern und Patienten zu Verunsicherung. Wie geht es weiter? Findet sich jemand, der die alteingesessene Hausarztpraxis übernimmt? Vertretungsarzt Holger Milde verbreitet Zuversicht: "Der Betrieb der Praxis ist bis in den Herbst hinein sichergestellt", berichtet er. Und: "Die Erben arbeiten daran, dass es einen Nachfolger gibt."
Milde hatte zuletzt als Allgemeinmediziner eine eigene Praxis im Raum Frankfurt geleitet. Bis Ende April springt er in Bad Kissingen an drei Tagen pro Woche für den zu früh verstorbenen Kollegen ein, versorgt Patienten und ist als Ansprechpartner für die Praxismitarbeiter da. Ab Mai, erzählt er, übernimmt dann ein anderer Arzt die Vertretung. "Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) war sehr entgegenkommend, dass es mit der Vertretung klappt", lobt Milde. Sie unterstütze auch engagiert die Nachfolgersuche, um eine dauerhafte Lösung ab Herbst zu ermöglichen. Milde selbst steht als Nachfolger nicht zur Verfügung. Er wolle seinen Arbeitsschwerpunkt in den Coburger Raum verlegen.
Während die Zusammenarbeit mit der KVB gut läuft, hat die Praxis an anderer Stelle mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Milde erhebt schwere Vorwürfe in Richtung der AOK Bayern - der Krankenkasse, bei der nicht wenige Praxispatienten versichert sind. "Die AOK hat ohne Rücksprache mit der Praxis oder mit den Erben Patienten aufgefordert, sich einen neuen Hausarzt zu suchen", sagt der Stellvertreter. Die Kasse schreibe Patienten direkt an, die in speziellen Behandlungsprogrammen - sogenannten Disease-Management-Programmen (DMP) - eingeschrieben sind. Dabei handelt es sich um Patienten mit chronischen Krankheiten wie zum Beispiel mit Diabetes oder koronaren Herzerkrankungen. Wie Milde berichtet, haben sich daraufhin einige Patienten ihre Unterlagen abgeholt, obwohl die Praxis weiterläuft.
Bei manchen Patienten, aber auch bei den Mitarbeitern, führe das Vorgehen der Krankenkasse zu Verwirrung, Verunsicherung und Verärgerung. "Ich halte das Verhalten der AOK Bayern für unerträglich geschäfts- und rufschädigend und für pietätlos", schimpft Milde.
Die AOK Bayern hat auf eine entsprechende Nachfrage der Redaktion zunächst nicht reagiert und die Vorwürfe erst nach Veröffentlichung dieses Artikels kommentiert. Sie begründet das Vorgehen mit der Informationspflicht gegenüber den Versicherten. "Über den Zulassungsausschuss Ärzte in Unterfranken hatten wir erfahren, dass Herr Dr. Huber verstorben sei und deshalb seine Zulassung ende", erklärt ein Sprecher. Daraufhin wurden alle DMP-Patienten angeschrieben. "Dies ist ein übliches Verfahren. In dem Schreiben wurden die Versicherten über die Möglichkeiten einer weiteren DMP-Teilnahme informiert. Gerade für chronisch Kranke ist eine möglichst nahtlose medizinische Betreuung wichtig", sagt er weiter. Sobald ein Nachfolger für die entsprechenden Versorgungsprogramme zugelassen sei, können AOK-Versicherte in der Praxis wie gewohnt am DMP teilnehmen. Die AOK kritisiert den Vertretungsarzt. Milde habe ihr keine Möglichkeit gegeben, die Gründe zu erklären.
Dennoch könnte der Vorgang ein Nachspiel haben: Sowohl das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit als auch die Kassenärztliche Vereinigung prüfen derzeit das Vorgehen der Krankenkasse.
Eine Sprecherin der KVB bestätigt, dass die Praxis Dr. Huber "in jedem Fall bis Oktober 2018 weitergeführt werden" kann. Die KVB regelt die Kassenzulassungen, also das Recht, dass ein Arzt einen gesetzlich versicherten Patienten behandeln und die Kosten bei der jeweiligen Krankenkasse abrechnen darf. Grundsätzlich endet eine Zulassung mit dem Tod eines Vertragsarztes. Die KVB kann aber eine Vertreterregelung genehmigen. Ein anderer Arzt erhält so die Erlaubnis, eine betroffene Praxis bis zu zwei Quartale weiterzubetreiben.
"Es ist im Sinne aller Beteiligten, wenn die Versorgung der Patienten durch eine dauerhafte Übernahme der Praxis sichergestellt wird", heißt es von der KVB zu dem Fall weiter. Der Vereinigung sei das von Milde geschilderte Vorgehen der AOK bekannt. Der Schriftwechsel wurde weitergeleitet und der Vorgang wird vom Beschwerdemanagement der KVB geprüft, teilt die Sprecherin mit. Weitere Aussagen darüber, wie das Ergebnis der Prüfung ausfällt, seien zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich.
Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums bestätigt ebenfalls, dass die Behörde den Vorgang untersucht. Konkrete Aussagen zu den Vorgängen gibt es aber nicht: Unter anderem aus Gründen des Sozialdatenschutzes sei es nicht möglich, ein laufendes, rechtsaufsichtliches Verfahren zu kommentieren. Die Sprecherin betont, dass das Ministerium aber jedem Vorwurf nachgeht, der nahelegt, dass sich eine beaufsichtigte Krankenkasse nicht rechtskonform verhält.
Kommt das Ministerium zu dem Schluss, dass ein Rechtsverstoß vorliegt, wird "zunächst beratend auf den Versicherungsträger eingewirkt, um den Rechtsverstoß abzustellen". Setzt die Kasse die Absprache nicht um, erlässt das Ministerium einen Verpflichtungsbescheid, der die Kasse dazu bringen soll, sich rechtskonform zu verhalten. Wie das Ministerium weiter erläutert, ersetzt das Procedere allerdings nicht die Rechtsbehelfsmöglichkeiten der Betroffenen.
Das heißt im Fall der Praxis Dr. Huber, dass die Erben juristisch gegen das Verhalten der AOK vorgehen können. Ob sie aktiv werden, ist nicht bekannt. Die Ehefrau des Verstorbenen, Eva Maria Huber, möchte sich derzeit nicht zu den Vorgängen zu äußern.
Milde hatte zuletzt als Allgemeinmediziner eine eigene Praxis im Raum Frankfurt geleitet. Bis Ende April springt er in Bad Kissingen an drei Tagen pro Woche für den zu früh verstorbenen Kollegen ein, versorgt Patienten und ist als Ansprechpartner für die Praxismitarbeiter da. Ab Mai, erzählt er, übernimmt dann ein anderer Arzt die Vertretung. "Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) war sehr entgegenkommend, dass es mit der Vertretung klappt", lobt Milde. Sie unterstütze auch engagiert die Nachfolgersuche, um eine dauerhafte Lösung ab Herbst zu ermöglichen. Milde selbst steht als Nachfolger nicht zur Verfügung. Er wolle seinen Arbeitsschwerpunkt in den Coburger Raum verlegen.
Kasse schreibt Patienten an
Während die Zusammenarbeit mit der KVB gut läuft, hat die Praxis an anderer Stelle mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Milde erhebt schwere Vorwürfe in Richtung der AOK Bayern - der Krankenkasse, bei der nicht wenige Praxispatienten versichert sind. "Die AOK hat ohne Rücksprache mit der Praxis oder mit den Erben Patienten aufgefordert, sich einen neuen Hausarzt zu suchen", sagt der Stellvertreter. Die Kasse schreibe Patienten direkt an, die in speziellen Behandlungsprogrammen - sogenannten Disease-Management-Programmen (DMP) - eingeschrieben sind. Dabei handelt es sich um Patienten mit chronischen Krankheiten wie zum Beispiel mit Diabetes oder koronaren Herzerkrankungen. Wie Milde berichtet, haben sich daraufhin einige Patienten ihre Unterlagen abgeholt, obwohl die Praxis weiterläuft.
Bei manchen Patienten, aber auch bei den Mitarbeitern, führe das Vorgehen der Krankenkasse zu Verwirrung, Verunsicherung und Verärgerung. "Ich halte das Verhalten der AOK Bayern für unerträglich geschäfts- und rufschädigend und für pietätlos", schimpft Milde.
Verhalten der Kasse wird geprüft
Die AOK Bayern hat auf eine entsprechende Nachfrage der Redaktion zunächst nicht reagiert und die Vorwürfe erst nach Veröffentlichung dieses Artikels kommentiert. Sie begründet das Vorgehen mit der Informationspflicht gegenüber den Versicherten. "Über den Zulassungsausschuss Ärzte in Unterfranken hatten wir erfahren, dass Herr Dr. Huber verstorben sei und deshalb seine Zulassung ende", erklärt ein Sprecher. Daraufhin wurden alle DMP-Patienten angeschrieben. "Dies ist ein übliches Verfahren. In dem Schreiben wurden die Versicherten über die Möglichkeiten einer weiteren DMP-Teilnahme informiert. Gerade für chronisch Kranke ist eine möglichst nahtlose medizinische Betreuung wichtig", sagt er weiter. Sobald ein Nachfolger für die entsprechenden Versorgungsprogramme zugelassen sei, können AOK-Versicherte in der Praxis wie gewohnt am DMP teilnehmen. Die AOK kritisiert den Vertretungsarzt. Milde habe ihr keine Möglichkeit gegeben, die Gründe zu erklären.
Dennoch könnte der Vorgang ein Nachspiel haben: Sowohl das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit als auch die Kassenärztliche Vereinigung prüfen derzeit das Vorgehen der Krankenkasse.
Eine Sprecherin der KVB bestätigt, dass die Praxis Dr. Huber "in jedem Fall bis Oktober 2018 weitergeführt werden" kann. Die KVB regelt die Kassenzulassungen, also das Recht, dass ein Arzt einen gesetzlich versicherten Patienten behandeln und die Kosten bei der jeweiligen Krankenkasse abrechnen darf. Grundsätzlich endet eine Zulassung mit dem Tod eines Vertragsarztes. Die KVB kann aber eine Vertreterregelung genehmigen. Ein anderer Arzt erhält so die Erlaubnis, eine betroffene Praxis bis zu zwei Quartale weiterzubetreiben.
Fall für Beschwerdemanagement
"Es ist im Sinne aller Beteiligten, wenn die Versorgung der Patienten durch eine dauerhafte Übernahme der Praxis sichergestellt wird", heißt es von der KVB zu dem Fall weiter. Der Vereinigung sei das von Milde geschilderte Vorgehen der AOK bekannt. Der Schriftwechsel wurde weitergeleitet und der Vorgang wird vom Beschwerdemanagement der KVB geprüft, teilt die Sprecherin mit. Weitere Aussagen darüber, wie das Ergebnis der Prüfung ausfällt, seien zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich.
Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums bestätigt ebenfalls, dass die Behörde den Vorgang untersucht. Konkrete Aussagen zu den Vorgängen gibt es aber nicht: Unter anderem aus Gründen des Sozialdatenschutzes sei es nicht möglich, ein laufendes, rechtsaufsichtliches Verfahren zu kommentieren. Die Sprecherin betont, dass das Ministerium aber jedem Vorwurf nachgeht, der nahelegt, dass sich eine beaufsichtigte Krankenkasse nicht rechtskonform verhält.
Ministerium prüft Vorwürfe
Kommt das Ministerium zu dem Schluss, dass ein Rechtsverstoß vorliegt, wird "zunächst beratend auf den Versicherungsträger eingewirkt, um den Rechtsverstoß abzustellen". Setzt die Kasse die Absprache nicht um, erlässt das Ministerium einen Verpflichtungsbescheid, der die Kasse dazu bringen soll, sich rechtskonform zu verhalten. Wie das Ministerium weiter erläutert, ersetzt das Procedere allerdings nicht die Rechtsbehelfsmöglichkeiten der Betroffenen. Das heißt im Fall der Praxis Dr. Huber, dass die Erben juristisch gegen das Verhalten der AOK vorgehen können. Ob sie aktiv werden, ist nicht bekannt. Die Ehefrau des Verstorbenen, Eva Maria Huber, möchte sich derzeit nicht zu den Vorgängen zu äußern.
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