Zwei Herzen schlagen ach in seiner Brust. An diesem Samstag, 19.30 Uhr, muss Franziskus Gerr mit dem TSV Lohr in der Abstiegsrunde der Bayernliga Nord beim HSC Bad Neustadt ran. Neue Liebe gegen alte Liebe. Bei welchem Verein sein Herz gerade mehr hüpft, weiß der Singenrainer selbst nicht. Vor dem wichtigen Unterfranken-Duell sagt er aber: „Ich will gewinnen.“
Ginge es nach den Jahren der Vereinszugehörigkeit, hätte der HSC längst gewonnen. 13 Jahre stand der gebürtige Bad Brückenauer in dessen Diensten: erst in der 2. Mannschaft in der Bezirksoberliga, später in der Ersten.
Aufstiege und Abstürze
In Bad Neustadt rückte er aus dem Rückraum an den Kreis. Dort durfte der heute 37-Jährige einige Jahre 3. Liga spielen. Er erlebte Aufstiege, aber auch Abstürze. „Ich wusste, wie der Verein tickt und die Menschen, die ihn prägen. Ich hatte einen guten Draht dorthin. Nach wie vor bin ich Mitglied beim HSC.“
In Lohr verbrachte Franziskus Gerr „nur“ ein Jahr, 2009, mit 23 Jahren. Und eben jetzt die erste Hälfte der Saison. Dennoch hält er große Stücke auf den TSV. Weil dort die Karriere durchzustarten begann, er die Chance bekam, im Leistungsbereich zu spielen. „Eigentlich war Lohr länger angedacht. Aber dann hat Bad Neustadt gemerkt, dass in mir was steckt.“
Ein gewisser Matthias Obinger, auch mal Trainer beim Zweitligisten Rimparer Wölfe, rief an, um Gerr zurückzuholen. Den TSV nennt er einen „grundsympathischen Verein“. Beeindruckt habe ihn dort immer, wie akribisch die Verantwortlichen arbeiten. Trotz einiger Rückschläge. „Ich bin überzeugt, dass der Verein über kurz oder lang den Sprung in die 3. Liga schafften kann.“
Beide Vereine hinter den Erwartungen
Die traurige Realität heißt aber: Abstiegsrunde der Bayernliga Nord . Für beide Vereine.
Weder TSV noch HSC hätten sich vor der Spielzeit in den Playdowns gesehen, glaubt der erfahrene Handballer . Das sei jeweils „eine Riesenenttäuschung“ gewesen. Dementsprechend gehe es für beide darum, Negativspiralen zu beenden, eine Wende zu schaffen.
Franziskus Gerr hofft, „dass beide Vereine die Klasse halten“. Eben weil er so lange beim HSC gespielt hat. Und weil der TSV so gute Arbeit leistet. Zum Auftakt der Abstiegsrunde besiegten sowohl Lohr als auch Bad Neustadt ihre Gegner – ein guter Start mit jeweils zwei gutgeschriebenen Punkten. Am Samstag will Gerr mit seinem aktuellen Verein „gewinnen, das ist mal klar“. Der Sieg habe Auftrieb gegeben. Der TSV brauche einen weiteren vielleicht noch nötiger als die Rhön-Grabfelder. Die Lohrer wollten mit einem positiven Gefühl ins schwere Auswärtsspiel in Anzing gehen. Der dortige SV hat sein Auftaktspiel ebenfalls gewonnen.
„Beim HSC wird es ähnlich sein. Beide wissen, wie es ist, in einem Negativstrudel zu stecken.“ Dann würden Automatismen und Selbstverständlichkeit im Spiel fehlen, egal welcher Gegner auf der Platte steht.
Kein klarer Favorit
Einen klaren Favoriten kann Franziskus Gerr fürs Unterfranken-Derby nicht ausmachen. Bad Neustadt sei „nominell vielleicht auf der ein oder anderen Position besser besetzt“. Konkret nennt der 37-Jährige Vilim Leskovec mit seiner individuellen Klasse. Aber auch Neuzugang Adrian Wöhler könne ein Spiel in die Hand nehmen, wenn es nicht so laufe. Der kürzliche Trainerwechsel von Frank Ihl hin zu Florian Hauck , mit Sebastian Kirchner an seiner Seite, sei „sicher eine gute Maßnahme“. Der HSC wolle alles tun, um nicht abzusteigen.
Das Lohrer Team glänze mehr durch Zusammenhalt, Teamgeist und Leidensfähigkeit. In ihm stecke auch individuelle Klasse. Eine Schwäche sei, diese auf die Platte zu bringen. „Wenn wir das schaffen, können wir jeden schlagen. Dann wären wir nicht in den Playdowns.“
Franziskus Gerr sah sich in der auch für ihn unbefriedigenden Vorrunde „nie auf einem zufriedenstellenden Fitnesslevel“. Das sei jetzt Geschichte; der Singenrainer will im Derby angreifen. Und wenn er nicht mehr aktiv Handballspielen würde: Welcher wäre dann sein Herzensverein? „Selbst da wäre die Gefühlslage schwierig. Ich wüsste nicht, wer gewinnen soll.“