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Münnerstadt
Handarbeit als Markenzeichen
Holger Fritsch erlernt als Umschüler das Büchsenmacherhandwerk. Ihm macht Spaß, dass er noch vieles in Handarbeit erledigen kann.
Holger Fritsch richtet das Zielfernrohr einer Jagdwaffe ein. Foto: Heike Beudert       -  Holger Fritsch richtet das Zielfernrohr einer Jagdwaffe ein. Foto: Heike Beudert
| Holger Fritsch richtet das Zielfernrohr einer Jagdwaffe ein. Foto: Heike Beudert
Heike Beudert
 |  aktualisiert: 19.08.2022 21:15 Uhr
Ohne Computer und Vernetzung geht auch in der Büchsenmacherei Henneberger in Münnerstadt nichts mehr. Und doch findet der Bad Kissinger Umschüler Holger Fritsch dort einen Ausbildungsplatz, der das klassische Handwerk hochhält. Handarbeit ist hier gefragt und steht nicht in Konkurrenz mit moderner digitalisierter Technik. Beides hat hier seinen gleichberechtigten, festen Platz. Dort, wo es Sinn macht, ist die moderne Technik im Einsatz. Doch noch immer wird gefeilt und sorgt der geschulte Blick des eigenen Auges für die nötige Präzision, wie sie ein Hightech-Apparat nicht besser liefern kann. Holger Fritsch findet das ausgesprochen gut. Der 37-Jährige gehört zur Generation, die noch die analoge Zeit gut genug kennt, aber eben schon mit einem Bein in der digitalen Welt groß geworden ist. Und er hat Spaß an der Arbeit mit den eigenen Händen.
Für den Sportschützen aus Bad Kissingen war die Büchsenmacher-Ausbildung immer ein Traum. Doch zu erst einmal hat er Schreiner gelernt. Damals, erinnert er sich, kamen alle Aufträge, die zu erledigen waren, noch mit Handschrift zu den Schreinern.
Das ist in seiner zweiten Ausbildung, 20 Jahre später, natürlich anders.
Heute kommen die Arbeits-Aufträge als Computerausdruck in die Werkstatt. Auf der Firmenhomepage können sich Kunden zuvor über den Betrieb, seine Produkte und den Service informieren und Kontakt aufnehmen. In der Werkstatt jedoch gibt es das klassische Handwerk noch, bei dem Wertarbeit über allem steht. "Für die klassische Handarbeit brauchst du zwei geschickte Hände und ein gutes Werkzeug", sagt Holger Fritschs Chef Frank Henneberger. Gerade in der Büchsenmacherei sind viele Arbeitsschritte noch nicht automatisiert.
Frank Henneberger hat seinen Betrieb dort automatisiert und vernetzt, wo es auch wirtschaftlich Sinn macht. Die Ausrichtung der Gewehrläufe beispielsweise läuft noch immer im klassischen Verfahren - mit dem Auge. Es ginge mit hochmoderner Technik. Doch die sei extrem teuer. "Wenn man es kann, geht es mit dem bloßen Auge wesentlich schneller, ist billiger und genauso gut", so Frank Henneberger. Auch Holger Fritsch hat sein Auge im Laufe seiner Ausbildung geschult, dass er die Läufe mit Augenmaß ausrichtet.


Vernetzte Fräserei

Im Kaufmännischen und in der Fräserei dagegen sind alle Maschinen vernetzt. Die Konstruktionen der selbst entwickelten Bauteile werden komplett am Bildschirm in 3D erstellt. "Eine richtige technische Zeichnung mit der Hand habe ich seit 20 Jahren nicht mehr gemacht", erklärt Frank Henneberger. Holger Fritsch hat als Umschüler in der Berufsschule in Ehningen auch Technisches Zeichnen - allerdings noch mit Stift und Papier. Das ist ein Punkt, den Holger Fritsch etwas bemängelt. Da, findet er, könnte die Berufsschule zumindest ein Lernmodul am Computer anbieten. Manchmal wünscht er sich mehr Lehrmaterial. Das gibt es in seinem Ausbildungsberuf weder als Lehrbuch, noch fürs E-Learning besonders umfangreich. Deshalb tragen Schule und Lehrbetrieb eine besondere Verantwortung.


Der Blick ins Internet

Als angehender Büchsenmacher nutzt er die wenigen digitalen Angebote für Problemlösungen. Fritsch vermutet, dass es auch an den strengen Waffenbestimmungen liegt, dass online wenig Fachliteratur zu finden ist. Bei Reparaturen einer in Serie gefertigten Jagdwaffe schaut er gerne einmal im Internet, ob vom Hersteller Bedienungsanleitungen vorliegen. Das kann eine wirkliche Zeitersparnis sein. Dadurch habe auch der Kunde einen Vorteil. Das Internet ist aber nur eine Hilfe, kein Problemlöser. Denn die handwerkliche Büchsenmacherei lebt von Individualität - also von individuellen Wünschen der Kunden und ebenso maßgeschneiderten Lösungen des Büchsenmachers.
Holger Fritsch bewundert da seinen Seniorchef Rudi Henneberger. Dieser brauche Bedienungsanleitungen gar nicht. Er schaue sich ein Gewehr genau an, tüftle kurz über das Problem und wisse, was zu tun ist. "Er hat immer Erfolg damit", sagt Holger Fritsch.
Der angehende Büchsenmacher steht gerne an der Werkbank, vor ihm liegen aufgereiht Feilen in jeder Größe - sein tägliches Handwerkszeug. "Ich bin gerne unabhängig von Maschinen", sagt er. Für ihn sind elektronische Hilfsmittel aber eine sinnvolle Unterstützung.
Auch sein Chef Frank Henneberger sieht das so. Trotz Handwerk 4.0 und Digitalisierung: "Der Mensch ist im Handwerk nicht ersetzbar."

Handwerk 4.0
Digitalisierung
Unleserliche Notizen, Leerfahrten, falsche Kalkulationen: Mit dem Einsatz von Branchensoftware und mobilen Geräten lassen sich in den Unternehmen solche Fehler vermeiden. Zudem erhöht die digitale Vernetzung die generelle Effizienz.

Ausbildung Solche Veränderungen fließen natürlich auch in die Ausbildung im Handwerk ein. Zum Handwerkertag 2016, der in diesem Jahr am 17. September begangen wird, stellen wir in einer kleinen Serie vor, wie die Digitalisierung in den Ausbildungsberufen Einzug hält. Die weiteren Teile werden am Mittwoch, 14., Donnerstag, 15., und Freitag, 16. September, erscheinen. Dabei wird jeweils ein Handwerksberuf und seine neue digitale Ausrichtung beschrieben.

Handwerkertag Der Handwerkertag 2016 findet in Oberleichtersbach bei Hanse Haus statt. Am Samstag, 17. September, dreht sich dort ab 10 Uhr alles um die berufliche Ausbildung im Handwerk. red
 
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