Als "einfach, aber schön" beschreibt Josef Kirchner seine Kindheit. Nicht nur diese Zeit, sondern die gesamte Stadt-Geschichte versucht das Hammelburger Urgestein auf vielen Wegen am Leben zu halten: Der gelernte Buchdrucker hat mehrere Hefte mit historischen Bildern und Texten herausgegeben. Aktuell arbeitet er an weiteren DVDs, auf denen historische Bilder und Filme zu sehen sind, hinterlegt mit den Anmerkungen Kirchners, der am 13. Mai seinen 85. Geburtstag feiert.
Josef Kirchner wurde am 13. Mai 1936 als erstes Kind von Margarethe und Kilian Kirchner geboren. Das Geburtshaus stand in der Von-Hess-Straße in der Altstadt. Die Eltern bauten ein neues Haus in der heutigen Kirchgrund-Siedlung, die damals Rudolf-Berthold-Siedlung hieß. 1939 zogen er, seine Eltern und der jüngere Bruder dorthin um. Bei seinen Nachforschungen hat Kirchner herausgefunden, dass sich die Familiengeschichte in Hammelburg bis ins Jahr 1632 zurückverfolgen lässt.
"Im Sommer bin ich immer barfuß gelaufen, weil ich nur ein paar Schuhe hatte", erzählt Kirchner. Ein einschneidendes Erlebnis war der Einzug der Amerikaner am 7. April 1945. Eigentlich hätte er an dem Tag Erstkommunion feiern sollen. Bis Oktober 1945 hätten die Kinder keine Schule gehabt, stattdessen streunte er jeden Tag durch das Lager der US-Soldaten in den nahen Saalewiesen und tauschte Eier gegen Schokolade oder Kaugummis.
Ein Jahr Wartezeit bis zur Lehre
"Ich war immer der schmächtigste in der Klasse", sagt Kirchner lachend, wenn er auf seine bis heute drahtige Figur angesprochen wird. Nach der Schule habe er deshalb auch erst ein Jahr warten müssen, bis er 1951 die Lehre zum Buchdrucker beim "Hammelburger Wochenblatt" anfangen durfte: "Die Druckformen waren damals noch aus schwerem Blei", berichtet er, und: "Donnerstags wurden die Platten mit flüssigem Blei gegossen und freitags wurde gedruckt, damit die Leute am Wochenende die Zeitung in der Hand haben."
Sein beruflicher Weg führte Kirchner später zum St.-Otto-Verlag nach Bamberg, wo er Karl-May-Bücher druckte, später nach Schweinfurt und zur Saale-Zeitung nach Bad Kissingen. "Der Liebe wegen bin ich dann wieder zurück nach Hammelburg ", erzählt der Jubilar. 1962 heiratete er Ingeborg Ohmert aus Untereschenbach. Die Familie baute sich ein Haus im Eselspfad, dort wuchsen die beiden Kinder auf. Zum Geburtstag gratuliert morgen außerdem eine Enkelin.
In Hammelburg arbeitete Kirchner in der Hammelburger Druckerei und Kuvertfabrik Kaiser. Nach 33 Jahren dort und insgesamt 48 Berufsjahren ging er 1999 in den Ruhestand. Dem Drucker-Beruf ist er aber bis heute verbunden: "Ich schnuppere regelmäßig Druckerei-Luft", berichtet er von Besuchen in der Druckerei Walz, wo er sich unter anderem die Einbände für seine historischen Filme setzen und ausdrucken lässt.
Werke in der Stadtbibliothek
Die Arbeit in seinem "Traumberuf Drucker" legte auch den Grundstein für sein Hobby und seine große Leidenschaft: die Hammelburger Geschichte. Seit den 1980er Jahren beschäftige er sich damit, seit rund 20 Jahren hält er wichtige Ereignisse zudem mit der Video-Kamera fest. Auch in einer seiner DVDs geht es um die Geschichte des Druckwesens: Ausführlich beleuchtet er die Geschichte der beiden berühmten Drucker Johannes Petri aus Langendorf und Johann Froben (später Johannes Frobenius) aus Hammelburg , die ab Ende des 15. Jahrhunderts in Basel zusammenarbeiteten.
Kirchner hat sich ein großes Archiv aufgebaut: Mehrere hundert historische Bilder hat er gesammelt. Ein großer Teil stammt aus dem Nachlass von Hedi Hepperlin. Die Familie Hepperlin hatte früher ein Foto-Studio in der Weihertorstraße und eine Niederlassung auf dem Lagerberg. Deshalb besitzt Kirchner viele Motive von Soldaten, die sich für Postkarten oder Erinnerungsfotos ablichten ließen. Auch viele Berichte aus dem Archiv des Wochenblatts und Festschriften bewahrt er auf.
Kirchner teilt sein Wissen seit jeher gerne: Wer eine historische Aufnahme von Hammelburg benötigt, findet bei ihm immer ein offenes Ohr. Zudem hat er der Stadtbibliothek mittlerweile neun Filme und neun Schriften zur Verfügung gestellt. "Das ist eine gute Ergänzung zu unseren Hammelburg-Medien", freut sich Bibliotheksleiterin Karin Wengerter über die Ergänzung für die Unterfranken-Abteilung.
Ein schwerer Schicksalsschlag war der Tod seiner Frau Ingeborg vor zwei Jahren. Josef Kirchner ist dankbar, dass er von seinen Kindern liebevoll gepflegt wird. Fit hält er sich geistig unter anderem durch seine Filme, bei deren Produktion ihn sein Sohn unterstützt. Körperlich bleibt er unter anderem durchs Radeln - mittlerweile mit dem E-Bike - aktiv: "Ich hatte nie ein Auto."