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Diebach
Franz Krichel aus Mönchengladbach zur Flucht 1942 aus dem Rheinland: "Mein Diebach vergesse ich nie."
Franz Krichel musste 1942 mit seiner Mutter nach Diebach flüchten. Noch heute kommt er regelmäßig in den Ort zurück. Er erzählt seine Geschichte.
Franz Krichel zeigt das Haus, in welchem er während des zweiten Weltkrieges gemeinsam mit seiner Mutter untergekommen ist. Trotz der schlimmen Situation hat er an Diebach fast ausschließlich positive Erinnerungen.       -  Franz Krichel zeigt das Haus, in welchem er während des zweiten Weltkrieges gemeinsam mit seiner Mutter untergekommen ist. Trotz der schlimmen Situation hat er an Diebach fast ausschließlich positive Erinnerungen.
Foto: Milena Meder | Franz Krichel zeigt das Haus, in welchem er während des zweiten Weltkrieges gemeinsam mit seiner Mutter untergekommen ist. Trotz der schlimmen Situation hat er an Diebach fast ausschließlich positive Erinnerungen.
Milena Meder
 |  aktualisiert: 22.08.2024 16:50 Uhr

Fast 80 Jahre lang fährt Franz Krichel aus Mönchengladbach schon regelmäßig nach Diebach . „Hier ist meine zweite Heimat“, sagt er. Der Grund: Ende 1942, während des Zweiten Weltkrieges, ist er zusammen mit seiner Mutter aus dem Rheinland evakuiert worden. Unter kamen die Beiden in Diebach bei Eustach und Anna Schaub, bei denen sie dann ungefähr zweieinhalb Jahre lebten. „Wir waren Flüchtlinge , sind aber nie als solche aufgenommen worden“, erzählt Krichel. An seine Kindheit in dem Dorf nahe Hammelburg erinnert er sich noch heute: „Mein Diebach vergesse ich nie.“ Warum ihm der Ort immer im Gedächtnis bleiben wird und viele seiner Erinnerungen mit Schnee verbunden sind.

Mönchengladbach zerbombt

Wer den heute 83-Jährigen damals gemeinsam mit seiner Mutter nach Diebach geschickt hat, weiß er nicht. Der Grund ist ihm allerdings klar: „Als die Bomben in Mönchengladbach alles zerstört hatten, mussten wir aus unserer Heimat fliehen.“ Wie viele andere kämpfte auch sein Vater als Soldat im Krieg. Lange Zeit war er in griechischer Gefangenschaft. Erst vier Jahre nach Kriegsende kam er frei. Aber: „Ungefähr im Februar 1945 durfte er nach Diebach zum Urlaub machen, ein paar Monate später wurde dann meine Schwester geboren“, äußert Krichel.

Franz Krichel (von links) dahinter Schwester Hildegard, Lotte Schaub davor Tochter Ulrike, Antonie Müller davor Ehemann Gregor, dahinter Anne Krichel, daneben Anna Schaub und 2. von rechts Ehemann Eustach Schaub, ganz rechts Josef Krichel. Das Fot...       -  Franz Krichel (von links) dahinter Schwester Hildegard, Lotte Schaub davor Tochter Ulrike, Antonie Müller davor Ehemann Gregor, dahinter Anne Krichel, daneben Anna Schaub und 2. von rechts Ehemann Eustach Schaub, ganz rechts Josef Krichel. Das Foto ist aus 1962.
Foto: Waltraud Krichel/Repro | Franz Krichel (von links) dahinter Schwester Hildegard, Lotte Schaub davor Tochter Ulrike, Antonie Müller davor Ehemann Gregor, dahinter Anne Krichel, daneben Anna Schaub und 2.

Gute und schlechte Erinnerungen

An seine Kindheit in Diebach erinnert er sich gerne zurück. „Meine Mutter hat auf dem Hof der Schaubs geholfen.“ Sie habe Kartoffeln aufgelesen, auf dem Feld mitgearbeitet, aber auch genäht und die Familie im Stall unterstützt. Krichel blieben vor allem die großen Schneemengen im Winter im Gedächtnis. „Wir sind mit dem Schlitten und den Pferden oft durch die Felder gefahren. Das war immer herrlich“, erzählt der 83-Jährige. Und: Auch die Kinder in Diebach haben ihn nach der Flucht ohne Probleme aufgenommen. „Wir haben immer alle zusammen gespielt“, freut er sich.

Aber: Er hat auch weniger gute Erinnerungen an die Kriegszeit. „Ich habe jedes Mal miterlebt, wie die Amerikaner durch Diebach gezogen sind“, verdeutlicht der Rentner. Vor allem die Splitterbomben habe er bis heute nicht vergessen. „Meine Mutter und ich sind dann immer in den Wald hinter den Bahnschienen geflohen und haben uns vor Angst flach auf den Boden gelegt.“

Heimatbesuche möglich

Auch ans Zugfahren hat er kaum gute Erinnerungen. „Einmal war ich mit meiner Mutter zwischen zwei Waggons außerhalb des Zuges auf einem Brett gesessen“, berichtet der 83-Jährige. Er ist sich bewusst, dass er heruntergefallen und in die Tiefe gestürzt wäre, hätte ihn seine Mutter während der Fahrt nicht festgehalten. Ein Gutes hat die Sache trotzdem: „Wir waren zwar Flüchtlinge , konnten aber immer für kurze Zeit nach Hause reisen.“

Obwohl er nicht nur positive Erinnerungen an Diebach hat, ist ihm wichtig zu sagen: „Meine Kindheit war herrlich. Ich möchte, dass der Kontakt nach Diebach nie abbricht.“ Noch heute reist er deshalb regelmäßig mit seiner Ehefrau von Mönchengladbach nach Diebach und besucht die Nachfahren von Eustach und Anna Schaub. „Ich versuche zwischen zwei und viermal im Jahr herzukommen und das schon seit ich denken kann“, sagt er.

Regelmäßig Kontakt zu den Nachfahren

Erlebt hat er in Diebach schon so einiges: „Mit 25 Jahren habe ich einmal mit einem gefälschtem Pass an einem Spiel der Diebacher Fußballmannschaft teilgenommen und auch bei einer Treibjagd im Winter war ich schonmal dabei.“ Sein persönliches Highlight: Eine Fahrradtour von Mönchengladbach nach Diebach . „Die 380 Kilometer mache ich, egal ob mit dem Fahrrad, dem Auto oder dem Zug. Das will ich einfach“, betont Krichel. Seine Verbindungen in den Ort seien gut, er werde jedes Mal aufs Neue freudig aufgenommen. Auch seine Frau Waltraud Krichel kann das bestätigen: „Die Leute hier haben mich so nett aufgenommen, als ob ich immer dazugehört hätte.“

Früher war er im Außendienst für Unilever tätig, jetzt ist er Rentner. „Seit ich im Ruhestand bin, habe ich oft in der früheren Bäckerei Schaub hier Diebach mitgeholfen“, sagt der Mönchengladbacher. Mittlerweile ist der Laden allerdings geschlossen.

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