Eine Explosion der Lebensfreude verheißen Optimisten für den Moment, wenn uns das Corona-Virus nicht mehr in Schach hält. Darauf baut auch das Weinhotel Müller am Hammelburger Marktplatz. Sein Gastraum präsentiert sich nach einer architektonischen Radikalkur zeitgemäß.
Eröffnungsfeier aufgeschoben
Das touristische Frühlingserwachen hatte sich Winzer- und Wirtsfamilie Müller ganz anders vorgestellt. Denn über die Wintermonate hat sie den Raum mit viel Eigenleistung, Handwerkern und Innenarchitekt Reinhard May umgebaut. Zum Frühjahrsmarkt sollte offiziell Eröffnung sein. Doch jetzt herrscht weitgehend Stille. Die große Feier ist aus gegebenem Anlass aufgeschoben.
Bereits vor zwei Jahren sind die Weichen für den Umbau gestellt worden. Bei der Entscheidung ging es nicht nur um Schönheit. "Wie bei fast alle gastronomischen Betrieben wird das Personal knapp", umreißt Florian Müller die Ausgangslage.
Klar soll es in einer Wirtschaft vor allem den Gästen gefallen. Aber auch für die Mitarbeiter ist das Ambiente wichtig. "Wo das Image passt, arbeitet man lieber", weiß Antonia Müller. Sie hat inzwischen Ausbildungen zur Hotelkauffrau und Hotelbetriebswirtin absolviert. Um den Betrieb zu optimieren, beschloss der Familienrat, in den Mittagsstunden auf Selbstbedienung umzustellen.
Für alle Generationen
Dieser Gedanke floss in die Neugestaltung ein. Deshalb liegt der grün gekachelte Thekenbereich zentral in der Mitte des Raumes. Ringsherum gibt es eine Mischung aus Industriedesign und modern interpretierter Fachwerk-Gestaltung. Ins Auge stechen die Wände mit den freigelegten Backsteinen. Die schwere Holzdecke von einst gibt es nicht mehr. Deren Bretter wurden teilweise zu Wandverkleidungen umgebaut.
Mit einem Plus an Raumhöhe ist die ursprüngliche Deckenkonstruktion zu sehen. Allerdings in weiß gestrichen, um den Raum heller zu machen. Ein ausgefeiltes Lichtkonzept erhöht die Wirkung. So sollen alle Generationen angesprochen werden. Lockerer als vorher erscheint das Nebenzimmer mit seinen Lichtdecken. Zum Luftschnappen geht es zu einem kleinen Innenhof ins Freie.
Erweiterte Öffnungszeiten
Flexibler ist durch die Thekenlösung das Personal einsetzbar. Dies ermöglicht erweiterte Öffnungszeiten. Seniorchef Thomas Müller weiß, wofür das gut ist. Denn in der ältesten Weinstadt Frankens können Gäste bisweilen auch zu den besten Tageszeiten nirgends einkehren. Auf die Karte kommen kleine und große Speisen für unterschiedlichen Appetit. Von traditionellen Gerichten bis zur Curry-Wurst aus heimischen Zutaten soll vieles dabei sein.
Im Förderprogramm der Staatsregierung
Insgesamt haben Müllers nach eigenen Angaben einen mittleren sechsstelligen Betrag verbaut. "Wer nicht investiert, der verliert", begründet Wirt Thomas Müller die Linie des Hauses. Mit 40 Prozent unterstützt wurde das Vorhaben von der bayerischen Staatsregierung. Es hat wegen der Bedeutung für den Tourismus ein Förderprogramm zur Modernisierung aussichtsreicher Gastronomie aufgelegt.
2008 hatten Müllers das ehemalige Gasthaus zum Engel übernommen. Gedacht ist es auch als Repräsentanz für das eigene Weingut, dessem Anbaufläche inzwischen auf zehn Hektar gewachsen ist. Zunächst bauten die gastronomischen Quereinsteiger den Eingangsbereich in eine Vinothek um. 2016/2017 modernisierten sie die elf Doppelzimmer. Die Zahl der Übernachtungen hat sich nach Angaben von Thomas Müller seitdem verdoppelt. Insgesamt sei die Zahl der Kunden nach Angaben Müllers auf 25 000 im Jahr 2019 gestiegen.
Speisen zum Mitnehmen
Doch unter dem Eindruck der Ausgangsbeschränkungen ist auf einmal alles anders. Für etliche der bis zu 15 Mitarbeiter ist Kurzarbeit angesagt. Zumindest mit Speisen zum Mitnehmen auf telefonische Vorbestellung will das Weinhotel Müller von Donnerstag bis Montag ab 18 Uhr für seine Kunden da sein. Voll durchgestartet werden soll, wenn sich die Lage im Land wieder normalisiert hat.