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Hammelburg
Hammelburg: Klagen zweier Stadträte gehen ans Verwaltungsgericht
Stadträtin Gabi Ebert fordert von ihrem Kollegen Florian Röthlein eine Unterlassungserklärung und droht mit Strafanzeige. Der Fraktionssprecher wehrt sich. Warum sich das Verwaltungsgericht jetzt gleich doppelt mit dem Fall beschäftigen muss.
Am Landgericht Schweinfurt wurde das Zivilverfahren zwischen den Hammelburger Stadträten Gabi Ebert und Florian Röthlein verhandelt. Nun geht es voraussichtlich am Verwaltungsgericht Würzburg weiter.       -  Am Landgericht Schweinfurt wurde das Zivilverfahren zwischen den Hammelburger Stadträten Gabi Ebert und Florian Röthlein verhandelt. Nun geht es voraussichtlich am Verwaltungsgericht Würzburg weiter.
Foto: Ralf Ruppert | Am Landgericht Schweinfurt wurde das Zivilverfahren zwischen den Hammelburger Stadträten Gabi Ebert und Florian Röthlein verhandelt. Nun geht es voraussichtlich am Verwaltungsgericht Würzburg weiter.
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 05.11.2022 02:43 Uhr

Im Stadtrat ist der Fall längst abgeschlossen, die Gerichte beschäftigt er noch länger: Anfang März hatte Stadträtin Gabi Ebert von der Freien Wählerschaft (FWS) den Spruch "Wer glaubt, dass Deutschland noch ein Rechtsstaat ist, der glaubt auch, dass das Ordnungsamt die Küche aufräumt" als Bild auf Facebook gepostet. Auf Drängen anderer Stadträte nahm sie den Post nach drei Tagen zwar von ihrer Seite, schloss aber politische Konsequenzen aus. Nach einer Anhörung entzog ihr der Stadtrat Ende April das Amt der Ortsbeauftragten von Westheim. Dagegen hat Ebert mittlerweile geklagt. Parallel forderte sie über ihren Anwalt den Grünen-Fraktionssprecher Florian Röthlein zu einer Unterlassungserklärung wegen einer anderen Äußerung auf. Der wehrte sich, jetzt ging die Sache vor Gericht.

Angebliche Aussage Eberts bei einer Veranstaltung

Im Kern ging es um eine angebliche Aussage Eberts bei einer Veranstaltung, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung anzweifelt, wie es die Richterin am Landgericht Schweinfurt umschrieb: Zwei Westheimerinnen hatten die Aussage an mehrere Stadträte geschickt. Die Grünen-Fraktion habe in ihrer rein internen Stellungnahme zwar auf den Vorwurf hingewiesen, er habe jedoch darauf geachtet, dass es nicht als Tatsache dargestellt, sondern im Konjunktiv wiedergegeben wurde, betonte Röthlein. Zudem verwies er darauf, dass die Fraktionen zu dieser Stellungnahme aufgefordert waren und alle Schreiben nicht-öffentlich blieben. Dass er sich gegen das Schreiben von Eberts Anwalt wehren musste, begründete Röthlein zum einen mit dem Schutz vor politischer Einflussnahme, zum anderen mit der angedrohten Anzeige: "Die Einleitung eines Strafverfahrens bedeutet für mich als Polizist automatisch auch ein Disziplinarverfahren", berichtete Röthlein.

Anwalt spricht von "poltischer Kampagne"

Eberts Anwalt Dubravko Mandic dagegen sprach mehrfach von einer " politischen Kampagne " gegen seine Mandantin, und: "Nur weil das Ganze seinen Ursprung im Stadtrat hat, kann man sich nicht darauf zurückziehen." Obwohl es keine Anhaltspunkte dafür gab und der Vorwurf bisher auch in keinem Medienbericht auftauchte, unterstellte Mandic, dass die Falschbehauptung öffentlich verbreitet worden sei.

Beide Anwälte aus Freiburg

Röthleins Anwalt Ralf Dischinger - wie Mandic aus Freiburg angereist - sprach von einer "außerordentlich zurückhaltenden, sachlichen und ordentlichen Form im Rahmen einer Anhörung". Die Forderung nach einer Unterlassungserklärung bezeichnete der Anwalt als "übergriffig": "Was Herr Röthlein nicht gesagt hat, kann er auch nicht zurücknehmen", betonte Dischinger, und: "Mein Mandat lügt nicht, das weiß Frau Ebert." Anwalt Mandic dagegen warf Röthlein vor: "Die Kampagne gegen Frau Ebert beruht auf einer Lüge, und Sie haben die Lüge mit verbreitet."

"Ich wusste schon lange, dass die ganz heiß drauf sind, mich los zu werden", kommentierte Ebert die Stimmung im Stadtrat , und: "Ich habe nie gelogen oder betrogen, aber jetzt werde ich wegen diesem Bildle angegriffen." Der gesamte Stadtrat habe sie "auf dem Kicker" gehabt, selbst die CSU sei "umgebogen" worden. "Ich bin aus der CSU ausgetreten, weil ich meine Parteifreunde jetzt alle kennengelernt habe", sagte Ebert, und: "Herr Röthlein lügt nicht, das stimmt", aber er habe zur Verbreitung falscher Anschuldigungen beigetragen. "Ich bin für Gerechtigkeit und Wahrheit", begründete Ebert ihr juristisches Vorgehen und betonte mehrfach, wie beliebt sie nach wie vor in Westheim sei.

Florian Röthlein widersprach dem Vorwurf einer Kampagne gegen seine Stadtratskollegin. Er persönlich habe im Jahr 2020 sogar für sie als Ortsbeauftragte von Westheim gestimmt. Auch die Abberufung habe sich das Gremium nicht leicht gemacht: Am Ende hätten Eberts widersprüchliche Angaben zum umstrittenen Facebook-Post den Ausschlag gegeben, weil sie einmal technische Probleme angeführt, die Aussage aber andererseits durchaus gerechtfertigt habe.

Verweis auf Verwaltungsgericht

Nach mehr als eineinhalbstündiger Beratung signalisierte die Richterin , dass die Klage Röthleins bei ihr vermutlich Erfolg gehabt hätte, sie sich aber gar nicht zuständig fühle. "Ich sehe keinen Bezug zu Herrn Röthlein als Privatperson, die Stellungnahme erfolgte ausschließlich im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Anhörung", sagte sie und verwies deshalb den Fall ans Verwaltungsgericht Würzburg . Röthlein habe den Inhalt auch nicht öffentlich gemacht. Die Richterin äußerte Verständnis für beide Seiten, vermutete aber auch, dass vor allem die Rechtsanwälte zu einer Verschärfung des Streits beitragen. "Irgendwann muss man die Dinge auch auf sich beruhen lassen", regte die Richterin am Ende der Verhandlung erneut eine Einigung an.

Die Stadt Hammelburg bestätigt, dass Gabi Ebert mittlerweile auch Klage gegen die Kommune beim Verwaltungsgericht eingereicht habe. Ziel sei, dass die Abberufung als Ortsbeauftragte als rechtswidrig eingestuft wird. "Auswirkungen auf die Tätigkeit des aktuellen Ortsbeauftragten hat die Klage nicht", betont die Stadt. Mittlerweile sei ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht eingeschaltet, der die Klageabweisung beantragt habe. Gabi Ebert wollte sich zur Klage gegen die Stadt Hammelburg auf Nachfrage nicht äußern.

 
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  • W. M.
    Wer die Wertvorstellungen unseres Staates nicht vertritt, der hat in einem politischen Gremium nichts zu suchen. Ganz einfach!
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Das Ganze scheint sich zu einer unendlichen Geschichte auszuweiten!🙈
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