Obwohl nicht so viele Demonstrantinnen und Demonstranten wie bei der ersten Demonstration gegen Rechtsextremismus im Februar dieses Jahres auf dem Hammelburger Marktplatz erschienen waren, ist Mitorganisator Reinhard Schaupp vom Aktionsbündnis Demokratie mit dem Erfolg sehr zufrieden.
Das Ziel der Veranstaltung war es, sechs Wochen vor der Europawahl ein deutliches Signal für Demokratie und gegen Rechtsextremismus zu setzen und die Menschen dazu zu ermutigen, ihr Wahlrecht auszuüben. „Wir haben Stellung bezogen“, betonte Schaupp, der auch Bezirksvorsitzender der Europa-Union Unterfranken ist, im Anschluss an die Veranstaltung.
Demokratische Kräfte stärken
Dass weniger Menschen gekommen waren, sei für ihn Anlass, über neue Anreize nachzudenken, um die Menschen zu motivieren, sich für Freiheit und Demokratie einzusetzen. Dies sei ein Thema, das in nächster Zeit im Aktionsbündnis erörtert werden müsse.
Insbesondere die jüngsten Angriffe auf Politiker und Ehrenamtliche im Zuge des Europawahlkampfs sollten aufrütteln und verdeutlichen, wie wichtig es ist, demokratischen Kräfte im Europaparlament zu stärken.
„Nazis haben hier keinen Platz“
Die umgeschriebene Europahymne, die Ode an die Freude wurde zu Ode an die Vielfalt: „Lasst uns ein Europa wagen ohne Angst und ohne Hass, lasst uns demokratisch sagen: Nazis haben hier keinen Platz.“ Sie wurde von der Gesangs- und Instrumentalgruppe Hammelburg und den Teilnehmenden mehrfach gesungen.
Symbolisch war auch der Termin der Demonstration, der 8. Mai, der 1945 das Ende der Naziherrschaft besiegelte.
Die Botschaft der Demonstration war klar: niemals wieder rechter Wahn im Land, öffentliches Einstehen für Demokratie, Vielfalt, Freiheit und Menschenwürde.
So sprach Maren Schmitt vom Partnerschaftskomitee Bad Kissingen von ihrem Wunsch nach einem geeinten und freien Europa für die künftigen Generationen. Dass in den vergangenen Monaten tausende für Demokratie auf die Straße gingen, mache ihr Mut und verleihe ihr Kraft.
Die Freiheit nicht aufs Spiel setzen
Mit der Absenkung des Wahlalters für die Europawahl 2024 erhalten erstmals Jugendliche ab 16 Jahren in Deutschland die Möglichkeit, an einer Wahl teilzunehmen.
Aus Sicht junger Menschen sprach der 23-jährige Anton Küttner von der Jugendvertretung Bad Kissingen. Als offen homosexuell lebender Mann betrachte er den Vormarsch des Rechtextremismus mit Sorge. „Wir müssen aufpassen, dass die Freiheit, die wir genießen, nicht wieder abgeschafft wird.“
„Demokratie geht bei jedem Einzelnen los“
Offene Grenzen, das freie Arbeits- und Niederlassungsrecht in der EU sowie die gemeinsame Währung des Euros sind für Klaus Kippes vom Kreisjungendring Bad Kissingen Errungenschaften, die nicht leichtfertig aufgegeben werden dürfen. Solidarität und Vielfalt sind Merkmale, die die EU auszeichnen und die aktiv gelebt werden müssen. „Demokratie geht bei jedem Einzelnen los“, betonte er.
Flagge zeigen für die Familie
Für Wolf-Dieter Bogner war es die zweite Demonstration seines langen Lebens, die er besuchte. „Ich bin für meine Familie da, um Flagge zu zeigen.“ Als junger Mensch habe er die Zeit des Nationalsozialismus erlebt, und diese Erfahrungen möchte er seinen Enkeln und Urenkeln ersparen. „Sie sollen, geschützt von der Verfassung in einem freien Europa, in Freiheit leben und aufwachsen.“
Zwischen den Ansprachen spielte die Band „The Timewalkers“ passende Musikstücke, unter anderem „Imagine“ von John Lennon, die Hymne der Friedensbewegung.
Freiheit und Demokratie verteidigen
Reinhard Schaupp fand klare Worte: „Demokratie kann sterben, wegen der Kraft- und Mutlosigkeit von Demokraten. 2024 wird möglicherweise zum Schicksalsjahr für die Demokratie.“ Weltweit seien autoritäre Politiker, Populisten, auf dem Vormarsch, um so wichtiger sei es bei den anstehenden Wahlen sicherzustellen, dass Freiheit und Demokratie im 21. Jahrhundert nicht zu Ende gehen.
Mit der AfD gebe es in Deutschland eine Partei, die offen demokratiefeindlich und in Teilen rechtsextrem sei. Die jüngsten Gewalttaten gegen politisch Andersdenkende seien ein Ergebnis von Hasse und Hetze, die gesägt wurden.
„Eine Mitverantwortung tragen auch die Politiker, die in Bierzelten lauthals verbale Attacken gegen demokratische Mitbewerber von sich geben. Zügelt Euch, mäßigt Euch“, rief Schaupp, ohne dabei Parteien oder Politiker direkt zu benennen.
Er ließ keinen Zweifel daran, dass er die AfD als große Gefahr für Deutschland und Europa betrachtet. „Die AfD steht nicht zu Europa, sie ist eine Partei der Arbeitsplatz- und Wohlstandsvernichtung, ein Risiko für die nationale und europäische Sicherheit, mit ihrer Ehrfurcht vor Diktatoren in China und Russland. Diese Partei begeht ständig Vaterlandverrat.“
„Keine Toleranz gegen Intoleranz“
Gleichzeitig betonte er die Notwendigkeit, mit Menschen am rechten Rand ins Gespräch zu kommen, ihre Sorgen und Ängste ernst zu nehmen und ihnen Zukunftsperspektiven aufzuzeigen, um sie wieder für den demokratischen Diskurs zu gewinnen.
Doch wer zerstören wolle, müsse mit allen Mitteln des Rechtsstaats in die Schranken gewiesen werden, auch diejenigen, die in Deutschland ein Kalifat errichten wollen. „Keine Toleranz gegen Intoleranz“, fasste Schaupp zusammen.
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