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Bad Kissingen
Great Spas of Europe: Unesco-Bewerbung geht in heiße Phase
Elf europäische Kurorte wollen Welterbe werden, seit 2010 ist Bad Kissingen Teil der Gruppe. Jetzt steht fest, wann der Antrag in Paris eingereicht wird.
Der Regentenbau und die Kuranlagen sind Dreh- und Angelpunkt für den Bad Kissinger Teil des Unesco-Welterbe-Bewerbung. Foto: Frank Sterrmann/Archiv       -  Der Regentenbau und die Kuranlagen sind Dreh- und Angelpunkt für den Bad Kissinger Teil des Unesco-Welterbe-Bewerbung. Foto: Frank Sterrmann/Archiv
| Der Regentenbau und die Kuranlagen sind Dreh- und Angelpunkt für den Bad Kissinger Teil des Unesco-Welterbe-Bewerbung. Foto: Frank Sterrmann/Archiv
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 18.08.2022 20:30 Uhr
Mehr als 1500 Seiten, mehr als acht Jahre Arbeit. Und so langsam wird es ernst. "Wir haben uns darauf verständigt, dass wir im Herbst einen vorläufigen Antrag einreichen werden. Anfang 2019 ist dann Schluss mit Entwürfen", sagt Oberbürgermeister Kay Blankenburg ( SPD ). Gemeint ist eines der derzeit wichtigsten Projekte, an denen sich die Stadt beteiligt: Die Bewerbung als Unesco-Weltkulturerbe . Bad Kissingen ist Teil einer länderübergreifenden Bewerbergruppe aus elf Kurbädern, die es als Great Spas of Europe auf die Weltkulturerbeliste schaffen wollen. Ende Januar wollen sie ihren endgültigen Antrag beim Welterbekomitee in Paris abgeben.

Und danach? Beginnt das lange Warten bis zur Entscheidung. Laut Blankenburg kann das Jahre dauern. "Wenn wir bis 2021 eine Entscheidung haben, können wir sagen, dass es von der Zeit her ein zügiges Verfahren war", erklärt der OB. Bei den Great Spas handle es sich um eine sehr komplexe Bewerbung. "Wir können für uns sagen, dass wir möglicherweise das dickste Brett vorlegen, dass die Unesco je gebohrt hat." Das habe die Unesco gegenüber der Gruppe so durchblicken lassen.


Komplex, aber nicht einmalig

Auf Regierungsebene sieht man das Verfahren etwas weniger euphorisch. Great Spas of Europe sei nicht einmalig, heißt es aus Kreisen des Auswärtigen Amtes. Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine komplexe Bewerbung: "Internationale serielle Nominierungen sind eine Herausforderung, weil ein hohes Maß an Koordinierung und Kooperation erforderlich ist." Deutschland beteilige sich derzeit an sechs internationalen seriellen Welterbestätten und habe eine große Erfahrung in dem Bereich. Die Welterbestätte "Das architektonische Werk von Le Corbusier", an der Deutschland mit zwei Häusern der Weißenhofsiedlung in Stuttgart eingebunden ist, hat sogar Komponenten in Asien und Südamerika.

Warum ist auch Great Spas of Europe so komplex? "Wir müssen nachweisen, dass das Phänomen, das wir darstellen, überhaupt Welterbewürdig ist", sagt OB Blankenburg. Also dass Kurbäder im langen 19. Jahrhundert eine weltweit herausragende Bedeutung hatten. Gelingt das, muss jede Stadt für sich begründen, warum sie in der Weltliga mitspielt. Außerdem hat jede Stadt einen Managementplan vorzulegen, also ein Dokument, das erklärt, wie die möglichen Welterbestätten in Zukunft geschützt werden.

Die Unesco prüft nicht nur das 1500-seitige Dossier, das die Bewerber gemeinsam erarbeiten, sowie die Managementpläne, sondern entsendet Gutachter in alle elf Kurorte . "Das soll nächstes Jahr im Herbst stattfinden", berichtet der städtische Kulturreferent Peter Weidisch.


Bädergeschichte aufarbeiten

"Wir haben 2010 begonnen, uns mit Unesco zu befassen", blickt er zurück. Seitdem gab es Jahr für Jahr Projekttreffen, in denen die Bewerbung weiter ausgearbeitet wurde. "Wir haben stark wissenschaftlich gearbeitet", sagt Weidisch. Er verweist beispielsweise auf das Symposium Kurort und Modernität, das 2014 in Bad Kissingen stattfand. Dort wurden einige Ergebnisse vorgestellt. Darüber hinaus haben Weidisch und vor allem der Kunsthistoriker Fred Kaspar verschiedene Bücher herausgegeben, etwa über den Kurgarten im Allgemeinen und über das Königliche Logierhaus in Bad Kissingen (gemeint ist der Neumann-Flügel) im Speziellen.

Man habe damit einen Beitrag zur Aufbereitung der europäischen Bädergeschichte geleistet, findet OB Blankenburg. "Das sind Dinge, die uns unabhängig vom Ausgang der Bewerbung bleiben", kommentiert er.

Wie Weidisch berichtet, ging es der Bewerbergruppe in den vergangenen Monaten darum, den wissenschaftlichen Diskurs für den Antrag zusammenzuführen und zu vereinheitlichen. Es wird geprüft, ob die verwendeten Begriffe und Metaphern auch in anderen Kulturkreisen verständlich sind und wie sie korrekt übersetzt werden. "Wie heißt zum Beispiel die Brunnenhalle im Englischen?", fragt Weidisch. Nicht fountain hall, nicht well house, sondern: pump room. Neben der korrekten Terminologie sind aber auch Maßstäbe und Legenden von Karten zu vereinheitlichen und die Datensätze anzupassen.

"Seit Januar arbeitet das Redaktionsteam um den Unesco-Weltkulturerbe-Spezialisten Barry Gamble an den Nominierungsunterlagen", sagt Kissingens Kulturreferent. Der Engländer Gamble habe schon mehrere Unesco-Stätten erfolgreich durch den Bewerbungsprozess begleitet. Derzeit besuche er die elf Kurorte . An der Saale hat er vor kurzem das zentrale Kurviertel und die Kuranlagen, aber auch den Schlachthof, den Gradierbau und das Museum Obere Saline besichtigt.


"Wir hoffen, dass sie Erfolg hat"

Viel Arbeit steckt in der Bewerbung. Ob es am Ende aber reicht, dass die elf Kurbäder die begehrte Auszeichnung erhalten? Bad Kissingens Oberbürgermeister verbreitet Zuversicht: "Wir wissen, dass wir es können, wir wissen, dass wir gut sind. Das gilt für alle Städte." Das Verfahren werde in allen beteiligten Ländern auf Regierungsebene begleitet. Da habe niemand Lust, sich mit einer schwachen Bewerbung vor der Unesco eine Blöße zu geben. Aus Kreisen des Auswärtigen Amts klingt die Antwort auf die Frage so: "In der Bewerbung steckt viel Engagement. Wir hoffen, dass sie Erfolg hat."


Great Spas of Europe

Bündnis Elf europäische Kurorte streben einen Eintrag als Weltkulturerbe an. Mit Bad Kissingen , Baden- Baden und Bad Ems liegen drei Bewerberstädte in Deutschland. Drei befinden sich in der Tschechischen Republik (Franzensbad, Karlsbad, Marienbad) und jeweils eine in Österreich (Baden bei Wien), Belgien (Spa), Frankreich (Vichy), Italien (Montecatini) und im Vereinigten Königreich (Bath). Die Orte sind historische Mode- und Kurbäder, die im langen 19. Jahrhundert das Phänomen Kur sowie auch die Reise- und Kurgesellschaft in Europa prägten. Sie waren damit Ankerpunkte in der Entwicklung des globalen Tourismus.

Serie Welche Kriterien legt die Unesco an, warum sind das Bismarck Museum und der Kurgarten wichtig für Bad Kissingens Unesco Bewerbung, sind leerstehende und dem Verfall preisgegebene Kurhäuser ein Hindernis für die Bewerbung? Ergeben sich aus einem Welterbestatus Verpflichtungen für die Anwohner? Die Saale-Zeitung gibt ab sofort in einer Artikelserie einmal im Monat Antworten auf Fragen rund um die Great Spas of Europe Bewerbung. lbo
 
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  • f. p.
    Ich bin mir sicher, dass Bad Kissingen die beiden anderen Städte Bad Ems und Baden und Baden um Längen in seiner Geschichte, der Lage und die wunderschönen Gebäude und Parkanlagen übertreffen wird.

    Allerdings an die anderen teilnehmenden Staaten wird Bad Kissingen nicht heranreichen. Meiner Meinung nach, wird es sicher eines der drei tschechischen Städte werden. Am meisten stört mich aber der Hype um das Weltkulturerbe, dass die Stadt eine Menge Geld kosten wird und die Bürger sicherlich über den Endpreis den sie für vielleicht nichts bezahlen müssen, erschrecken werden.

    Am schlimmsten sind es aber die Personen, die darüber bestimmen. Wichtigtuer, die eine Menge Geld dafür kassieren und es gibt seit Jahren Kritik an der Vergabepraxis des UNESCO-Weltkulturerbe-Titels. Deshalb glaube ich, es ist rausgeschmissenes Geld, was für andere Sachen hätte besser genutzt werden können.
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