
Das Unesco-Projektteam der Stadt hatte in den vergangenen Jahren alle Hände voll damit zu tun, den Bad Kissinger Beitrag für den Weltkulturerbeantrag der " Great Spas of Europe " auszuarbeiten. Dass die internationale Bewerbergruppe die Unterlagen im Januar offiziell bei der Unesco eingereicht hat, bedeutet nicht, dass Kulturreferent Peter Weidisch und seine Mitarbeiter nun nichts mehr mit dem Thema Weltkulturerbe zu tun haben. Im Gegenteil: Im Herbst begutachtete eine Expertenkommission im Auftrag der Unesco die Stadt und am kommenden Wochenende veranstaltet das Kulturreferat eine internationale Expertentagung im Rossini-Saal.
Experten aus Deutschland, Österreich und Tschechien - darunter Vertreter aus anderen Bewerberstädten - befassen sich mit dem Thema "Balneologie und Kurortmedizin ". "Für uns ist es sehr wichtig, die Unesco-Bewerbung mit wissenschaftlicher Arbeit zu fundieren und zu flankieren", sagt Weidisch. Hier habe Bad Kissingen in den vergangenen Jahren viel geleistet und in den Antrag eingebracht: Entstanden sind unter anderem wissenschaftliche Publikationen zum Königlichen Logierhaus (Kurhaushotel) und zum Kurgarten" sowie die neue Abteilung "Weltbad Kissingen" am Museum Obere Saline. Bereits 2014 hat das Kulturreferat das Symposium "Kurort und Modernität" ausgerichtet und im Nachgang einen Tagungsband herausgebracht. Mit dem anstehenden Symposium zur Bäderheilkunde "gehen wir wissenschaftlich verstärkt auf unsere Grundressourcen als Kurort ein". Heilquellen, Trinkkuren, Thermalbäder und Co. werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Im Kern gehe es um die Fragen: Wo kommt die Balneologie her, wie hat sie sich entwickelt und wo geht es künftig für sie hin? "Vieles ist Neuland, was da präsentiert wird. Die Vorträge wurden eigens für Bad Kissingen erarbeitet", sagt der Kulturreferent
Das Symposium in Bad Kissingen ist zudem die erste von drei Great Spas of Europe-Tagungen, die sich in den nächsten Jahren in Franzensbad und Baden bei Wien anschließen. "Ein Ziel der Great Spas Welterbebewerbung ist, auch den internationalen, wissenschaftlichen Austausch zu befruchten und Impulse für zukünftige Entwicklungen zu geben", erklärt Weidisch.
Mehr Forschung für Kurmedizin
Um Impulse für künftige Entwicklungen in Kurorten geht es auch Professor Thomas Keil. Der Mediziner leitet das neu geschaffene Institut für Kurortmedizin (IKOM) am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Bad Kissingen . Als Referent auf dem Symposium hält er den Abschlussvortrag am Samstag.
Kuranwendungen sind Verfahren, die oft schon seit mehreren 100 Jahren angewendet werden. Aus medizinischer Sicht ist wichtig, genau zu wissen, was eine Behandlung bewirkt: Was löst ein Moorbad beim Patienten aus, was eine Trinkkur, wie lange halten die Wirkungen von Kuraufenthalten an? Das Problem bei der Kurortmedizin : "Es fehlt oft an qualitativ guten klinischen Studien", sagt Keil. Bei Thermalbädern ist etwa belegt, dass sie Patienten helfen, die an Arthrose leiden, also an Gelenkschmerzen , die von Abnutzungen herstammen. "Man weiß allerdings nicht sicher, ob die Linderung von der Wärme kommt oder von den Inhaltsstoffen des Heilwassers", sagt er. Bei Arthritis , also bei entzündeten Gelenken, gebe es hingegen kaum Wirksamkeitsnachweise. Es sei wichtig, kurmedizinische Verfahren gut zu erforschen, damit die Krankenkassen sie als Leistungen erstatten.
Ebenfalls eine Aufgabe des IKOM ist es, Zukunftsthemen zu identifizieren. Hier existieren bereits erste Ideen: " Kurorte könnten gerade im ländlichen Raum als Kompetenzzentren für Gesundheit fungieren", sagt Keil. Sie könnten etwa kleinen Unternehmen bei der betrieblichen Gesundheitsvorsorge helfen. Ein mögliches Projekt ist da gerade am Entstehen in Zusammenarbeit mit der städtischen Wirtschaftsförderung und der Uni Würzburg. Inhaltlich soll es um Schlafstörungen gehen. Im Fokus stehen Menschen bei denen keine körperlichen Leiden die Schlafstörungen verursachen, sondern Sorgen und Stress. "Auch die Firmen haben ein Interesse an ausgeschlafenen Mitarbeitern", sagt Keil, und dieser Zielgruppe könne vielleicht durch ein zwei bis dreitägiges Seminar in Bad Kissingen gut geholfen werden.
Infos zum internationalen Symposium Balneologie und Kurortmedizin
Veranstaltung Das Symposium Balneologie und Kurortmedizin findet statt am Freitag, 22., und Samstag, 23. November im Rossini-Saal. Zwölf Fachvorträge internationaler Experten beschäftigen sich aus historischer, architektonischer, geologischer und medizinischer Sicht mit der Bäderheilkunde. Die Vorträge sind öffentlich und kostenfrei.
Programm Begrüßung am Freitag ist um 9 Uhr. Ab 9. 15 Uhr beginnen die Vorträge. Beginn am Samstag ist ab 10 Uhr. Referenten sind aus Bad Kissingen Birgit Schmalz vom Unesco Projektteam, Dr. Ralph Brath, Dr. Wolfram Franke und Prof. Thomas Keil. Als deutsche Experten nehmen teil Fred Kaspar (Münster), Bernhard Weller (Bad Wildungen), Dr. Erich Krausbeck (Bad Ems) sowie Dr. Florian Eichinger (Schweitenkirchen). Aus Österreich reisen an Prof. Sonia Horn (Wien) sowie Hans Hornyik (Baden bei Wien und aus Tschechien František Och sowie Lubomir Mankovecky (beide Franzensbad). Das Programm im Detail finden Sie hier .