Hinter der Unesco-Bewerbung " Great Spas of Europe " steckt vor allem eins: Viel Arbeit - Für die Bewerberstädte, zu denen Bad Kissingen gehört, aber auch für Fachbehörden und Ministerien. Elf historische Badeorte aus sechs europäischen Ländern beteiligen sich an der Bewerbung, seit acht Jahren wird daran gearbeitet. Rund 1500 Seiten umfassen die Bewerbungsunterlagen, in denen die Städte zeigen wollen, warum sie Weltkulturerbe würdig sind. "Da gibt es eine Menge Sachfragen zu klären und in der gesamten Gruppe zu erörtern", sagt Bad Kissingens Kulturreferent Peter Weidisch.
Stresspegel steigt
Wie wird an der Bewerbung gearbeitet? Wer ist für welche Fragen zuständig? Was kostet das Ganze und wer bezahlt es? Im Hintergrund arbeiten verschiedene Arbeitsgruppen daran, dass " Great Spas of Europe " zum Erfolg wird. Einen großen Teil der Arbeit leisten die elf Kurorte , zum Beispiel in lokalen Arbeitsgruppen. Die sind dafür da, das Futter zu liefern, sprich die konkreten Inhalte, die am Ende im fertigen Antrag stehen. "Wir sind in der heißen Phase und stehen komplett unter Strom", berichtet Weidisch. Anfang nächsten Jahres sollen die Unterlagen beim Unesco-Komitee in Paris eingereicht werden. Je näher der Termin rückt, umso größer der Stress.
Der Chef des Kulturreferats ist als Projektleiter wesentlich für den Bad Kissinger Beitrag verantwortlich. Mit der lokalen Arbeitsgruppe erarbeitet er die Nominierungsunterlagen. Als sogenannter Site-Manager muss er sich zudem überlegen, wie die mögliche Welterbestätte Bad Kissingen funktionieren soll. Wie wird sie für die Besucher erschlossen, wie wird das Thema Weltkulturerbe vermarktet, was braucht die Stadt für ein Verkehrskonzept? "Das ist äußert komplex, hier ist viel Planungs- und Vorbereitungsarbeit zu leisten", sagt er.
Über ähnliche Fragen diskutieren die Site-Manager aller Städte in einer eigenen Gruppe. Da geht es um ein einheitliches Erscheinungsbild der Great Spas und um gemeinsame Projekte. An einer ersten Kooperation ist Bad Kissingen bereits beteiligt, mit Baden bei Wien und Franzensbad. Weidisch: "Da geht es um Balneologie , also die Lehre über die therapeutische Anwendung von Heilquellen, ihre Bedeutung in der Vergangenheit und in der Zukunft."
Vertreter der drei deutschen Bewerberstädte treffen sich ebenfalls regelmäßig für Absprachen, jetzt im Endspurt beinahe monatlich. "Da arbeiten wir Schwerpunktthemen heraus", die sich in der Bewerbung widerspiegeln sollen. Also Dinge, auf die die deutschen Kurorte besonderen Wert legen. Solebäder als typisches Merkmal für Bad Kissingen zum Beispiel, und: "Uns ist sehr wichtig, dass die Trinkkur vertreten ist", erläutert Weidisch. Sie war für die Entwicklung der Stadt äußerst wichtig. Zudem besitzt Kissingen mit der Wandelhalle die größte Trinkkurhalle der Welt.
Unesco-Stelle bei Denkmalpflege
Kunsthistorikerin und Denkmalpflegerin Anna Maria Boll arbeitet seit zwei Jahren an " Great Spas of Europe " mit. Zunächst freiberuflich, wurde inzwischen für sie eine eigene Stelle am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege geschaffen. Sie kümmert sich ausschließlich um die Bewerbung und vertritt die drei deutschen Städte sowie die Kultusministerien von Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in der internationalen Expertengruppe. "Das Projekt ist so umfassend, dass es jeden Rahmen neben dem Alltagsgeschäft sprengen würde", sagt sie.
Oberbürgermeister in Prag
Die internationale Expertengruppe klärt nicht nur inhaltliche Details, aktuell behandelt sie Fragen, wie mit den Welterbestätten nach der erhofften Ernennung umzugehen ist. Wie werden sie verwaltet, wer hat welche Mitspracherechte, und wie wird das Schutzgut überwacht? "Da geht es beispielsweise darum, dass Sichtachsen und Grünflächen in den geschützten Zonen nicht überbaut werden", erklärt Boll.
Neben den Fachgruppen gibt es zwei politische Einheiten: Die Lenkungsgruppe der Oberbürgermeister und der internationale Lenkungsausschuss. Die Oberbürgermeister kommen zwei Mal im Jahr zusammen, zuletzt Ende September im Kultusministerium in Prag. "Wir Städte sind diejenigen, die das Geld geben. Wir haben uns mit dem Budget für 2019 befasst", sagt Oberbürgermeister Kay Blankenburg ( SPD ). Das Budget für 2019 sei enorm wichtig, weil die Bewerbergruppe kurz vor der finalen Abgabe in der Lage sein will, Dinge "schnell und flexibel abzuarbeiten".
265 000 Euro sind im Kissinger Haushalt für den gesamten Bewerbungszeitraum für " Great Spas of Europe " geplant, etwa für die wissenschaftliche Zuarbeit, Druckkosten, Öffentlichkeitsarbeit und Treffen. "Da liegen wir im Moment noch drinnen", berichtet der OB.
Besondere Bedeutung hat die internationale Lenkungsgruppe. Dort vertreten die Regierungen der beteiligten Nationen ihre Interessen. Für Deutschland ist mit Brigitta Ringbeck eine Expertin des Auswärtigen Amtes verantwortlich. "Bei den anderen Staaten sind die Kultusministerien zuständig, in Österreich ist es das Bundeskanzleramt ", sagt Weidisch. Seine wichtigste Entscheidung hat das Gremium vor zwei Jahren getroffen, als es die finale Zusammensetzung der Bewerbergruppe festgelegt hat. Damals wurden Bad Homburg, Wiesbaden, Bad Pyrmont, Bad Ischl und Luhacovice aussortiert.
Great Spas of Europe: Die Arbeitsgruppen im Überblick
Städte Die Bewerberstädte haben lokale Arbeitsgruppen, eine Projektleitung sowie ein Site-Management. Die Oberbürgermeister arbeiten in einer internationalen Leitungsgruppe zusammen. Den Vorsitz hat Petr Kulhanek (Karlsbad). Die Site-Manager der elf Bewerberstädte arbeiten ebenfalls in einer Arbeitsgruppe zusammen. In Deutschland gibt es eine eigene Arbeitsgruppe, in der sich die drei deutschen Bewerber Bad Kissingen , Baden-Baden und Bad Ems absprechen.
Staaten Die Unesco-Bewerbung wird auch auf Regierungsebene begleitet. In der politischen Lenkungsgruppe wird die Bundesrepublik über das Auswärtige Amt vertreten. In der internationalen Arbeitsgruppe ist das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege involviert.
Generalsekretär Paul Simons aus Bath ist der Mann für die Verwaltung: Als General Manager koordiniert er die Bewerbung.
Serie Die deutschen Bad Kissingen , Baden-Baden, Bad Ems , die tschechischen Karlsbad, Marienbad, Franzensbad, das englische Bath, das belgische Spa, das französische Vichy, das italienische Montecatini und das österreichische Baden bei Wien wollen Great Spas of Europe werden. Die Saale-Zeitung beleuchtet einmal im Monat die Weltkulturerbe-Bewerbung. Als nächstes geht es um Kissingens Kurlandschaft.