
Diese Begegnung vor gut zehn Jahren war schicksalhaft. Einen Wandertag der Erstklässler an der Schönauer Grundschule nutzte Maximilian Lange, seinerzeit noch Lehramts-Student, um als eine seiner ersten Amtshandlungen als Trainer Werbung fürs Rhöner Skispringen zu machen. „Danach war mein Sohn Feuer und Flamme für diesen Sport“, erinnert sich Silvia Kansog.
Eine Dekade später ist der Trainer der Rhönadler immer noch eine wichtige Bezugsperson für Janis Kansog, obwohl dieser seit August 2022 das Internat und die Eliteschule des Sports in Oberhof besucht. Längst ist Skispringen viel mehr als nur ein Hobby für den seit Januar 16-Jährigen aus Burgwallbach, der in Thüringen aktuell den Realschul-Abschluss anstrebt, dann sein Abitur machen will.
Der Alltag fordert Disziplin vom Teenager ein. Morgens um 6 Uhr klingelt der Wecker, nach dem Frühstück um 7.10 Uhr geht es bis 13.10 Uhr in die Schule. „Nach dem Mittagessen ist Training, entweder im Kraftraum oder auf der Schanze, zu der wir die kurze Strecke mit dem Sprinter fahren“, sagt Janis Kansog. Dienstags gibt es zwar nur zwei Stunden Unterricht, dafür wird zweimal trainiert unter der Anleitung von Landestrainer Jens Greiner-Hiero.
In Oberstdorf gehen die Sprünge über 90 Meter
Auch in den Schulferien bleiben die 2,30 Meter langen Latten stets in Reichweite, wenn Wettkämpfe oder Trainingslager anstehen. „Dass der Sohn seltener heimkommt, daran mussten wir uns als Familie erst gewöhnen“, sagt die Mutter. Mutig sei der Filius , aber kein Hasardeur. „Janis geht vernünftig an die Sachen ran. Aber was seinen Sport angeht, will er richtig fliegen.“
Einen Nachweis seiner Klasse lieferte Kansog unlängst beim Deutschlandpokal in Oberstdorf in seiner Klasse J16 mit einem zweiten und einem dritten Platz auf der Normalschanze. Über 90 Meter weit gingen die Sprünge. „Ich war gut drauf. Dass es so gut klappt, hatte ich gehofft, hätte ich aber nicht gedacht, auch wenn ich zur Zeit im Wettkampf besser als im Training bin“, sagt der 16-Jährige, der stets eine Top-6-Platzierung anstrebt, „weil man da zur Siegerehrung aufgerufen wird.“

Maximilian Lange freut sich für und mit seinem ehemaligen Schützling. „Janis hat sich diese Ergebnisse über die letzten Jahre erkämpft durch Leidenschaft, Geduld und Disziplin. Ihm wurde nichts geschenkt, aber durch sein Mindset und seine Liebe zum Skispringen kann er jetzt die Früchte ernten.“ Langes Film-Aufnahmen von den Sprüngen verschlang sein Schützling regelrecht, bereits auf der Heimfahrt von den Wettkämpfen. „Jetzt schickt er mir regelmäßig Videos von seinen Sprüngen und erzählt mir von seinen Erlebnissen. Das ehrt mich total.“
Das Talent hatte der 32-Jährige früh erkannt. „Janis hat schon als kleiner Mann überrascht mit seiner reflektierten Art und seinem großen Potential. Er hatte schon immer eine Effektivität in seinem Absprung, sodass er selbst des Öfteren in der Luft überrascht war, wo er sich hin katapultierte“, sagt Lange. Der Gesamtsieg beim Bayerischen Schülercup in der Altersklasse S9 war der erste große Erfolg für den Sportler vom WSV Oberweißenbrunn, seinem Heimatverein.
Andreas Wellinger ist ein Vorbild für Janis Kansog
Schon in einer Woche folgt für Janis Kansog, der Andreas Wellinger als eines seiner Vorbilder bezeichnet, ein weiterer Wettkampf im Rahmen des Deutschlandpokals, diesmal vor der Haustür in Oberhof auf der HS100 Schanze, der kleineren Anlage im Kanzlersgrund. „Ich hoffe, auch mal beim Alpencup starten zu dürfen“, sagt der 16-Jährige. Ambitionierte, stets aber auch realistische Ziele setzt sich das Skisprung-Talent, das sich mit guten Leistungen eines Tages für den C-, dann vielleicht sogar B-Kader ins Gespräch bringen will.
„Bei Janis biegen sich die Skier stark nach dem Sprung vom Schanzentisch, das spricht für einen sehr effektiven Absprung“, spricht Maximilian Lange eine Stärke des ehemaligen Schützlings an. Seine Bestweite hat der junge Rhöner im Kanzlersgrund in Oberhof aufgestellt – mit bemerkenswerten 128 Metern. Es wird nicht der letzte persönliche Rekord für Janis Kansog sein. Maximilian Lange würde darauf wetten.