Die Temperaturen steigen, die Menschen zieht es bei schönem Wetter nach draußen. Wer sein Immunsystem stärken und sein Herz-Kreislaufsystem trainieren möchte, für den lohnt es sich, einen Stopp an einem Kneippbecken einzulegen. Das langsame Waten durch kaltes Wasser hilft zudem bei Durchblutungsstörungen und Gefäßverengungen. Ralph Brath, Allgemein- und Badearzt in Bad Kissingen , rät dazu, sich langsam an das Kneippen heranzutasten und die Intensität schrittweise zu steigern. "Man sollte am Anfang nicht zu oft oder zu lange durch das kalte Wasser laufen, um den Reiz nicht zu stark zu machen", sagt er.
Es komme darauf an, sich beim Kneippen wohlzufühlen. Wenn der Kreislauf zu stark strapaziert wird, ist es besser abzubrechen. "Es klingt banal, aber für jemanden, der nicht kerngesund ist, kann das eine Belastung sein. Wenn ich Kneippanwendungen verschreibe, schaue ich, wie gut der Patient beieinander ist", erzählt Brath.
Das Kneippen bringt dem Körper dann etwas, wenn es regelmäßig praktiziert wird. Das kalte Wasser wirkt als Reiz auf den Körper . "Mit periodisch auftretenden Reizen wird der Körper dazu gebracht, Regenerationsprozesse anzuschieben", erklärt der Mediziner. Neben den regelmäßigen Reizen benötigt der Körper allerdings auch Regenrationspausen, um Überanstrengung zu vermeiden. Die Intensität lasse sich langsam steigern.
Kneippanwendungen sind problemlos in anderen Gewässern und zuhause in der Dusche möglich. Brath empfiehlt, ein Bein nach dem anderen langsam vom großen Zeh bis zu den Knien mit kaltem Wasser abzubrausen. Normales Leitungs- oder Quellwasser sei zum Kneippen ebenso gut geeignet wie Heilwasser. Aus medizinischer Sicht ist die Temperatur entscheidend, die mineralische Zusammensetzung des Wasser hingegen spielt keine Rolle.
Wie kneippe ich richtig?
Anton Seuffert ist Vorsitzender des Bad Kissinger Kneipp-Vereins . Der gelernte Masseur, medizinische Bademeister sowie Physiotherapeut betont, dass Menschen mit akuten Entzündungen (etwa Blase oder Niere), Bluthochdruck, Herz-Kreislauferkrankungen und bestimmten Atemwegserkrankungen vorher mit ihrem Arzt abklären sollten, ob ein Kneippgang für sie gesundheitlich ratsam ist.
Beim Kneippen gibt es einige Dinge zu beachten. "Ich sehe es täglich, dass die Leute es komplett falsch machen", erzählt er. Häufigste Fehler : In Hektik, zu schnell und zu lange durchs Wasser zu rennen. Wer überhitzt und außer Puste am Kneippbecken ankommt, etwa nach einer Jogging- oder Fahrrad-Runde, sollte zunächst eine kurze Pause machen und den Kreislauf herunterfahren. Wer dagegen kalte Füße hat, sollte diese vorher erwärmen und zum Beispiel eine Weile barfuß durch das Gras laufen. "Kalte Füße und kaltes Wasser sind schädlich", weiß Seuffert.
Beim Einstieg ins Wasser empfiehl er, zunächst auf der zweiten Stufe stehen zu bleiben, damit sich der Körper auf den Temperaturunterschied einstellt. "Den ersten Schritt macht man klassischerweise mit rechts, mit der Seite weg vom Herzen", erklärt er. Wichtig beim Laufen ist der Storchengang: Es wird langsam durch das Wasser geschritten, der Fuß sollte immer komplett aus dem Wasser herausgehoben und dann wieder eingetaucht werden. Untrainierte sollten eine, Trainierte maximal zwei Runden in dem Becken drehen beziehungsweise nicht länger als eine Minute im Wasser bleiben. "Wer einen ziehenden, fließenden Schmerz bemerkt, sollte sofort abbrechen", betont Seuffert. Es bringt nichts, sich zu überschätzen, warnt er. Dennoch komme es regelmäßig vor, dass Sanitäter Menschen mit Kreislaufproblemen nach dem Kneippen versorgen müssen.
Nach dem Kneipen sollten die Beine nicht abgetrocknet, sondern lediglich mit der Hand abgestreift werden. Anschließend bietet es sich an, zunächst eine Weile zu laufen, um Füße und Beine wieder zu erwärmen und danach eine Ruhepause einzulegen. "Wichtig ist, keine zwei Kneippanwendungen direkt hintereinander zu machen", rät der Therapeut. Das gilt auch für die Armbäder. Vier bis fünf, besser 24 Stunden brauche der Körper zum Regenerieren.
Vom Kneippen bei zu kaltem Wetter rät der Fachmann im Übrigen ab. 15 Grad sollten es mindestens sein, besser sind 18 Grad Lufttemperatur.
Die Kneippanlagen in den Staatsbädern
Bad Kissingen In dem größten der drei Kurorte können Besucher zwischen zwei Anlagen wählen: Dem Kneippbecken in mediterraner Umgebung mitten im Luitpoldpark (auf der Rückseite des Luitpoldbades) sowie dem Kneippbecken am Gradierbau. Letzteres wird mit Heilwasser aus dem Runden Brunnen gespeist, das sonst vor allem zur Inhalation bei Atemwegserkrankungen genutzt wird. Die Eigenschaften der Sole unterstützen nach Angaben der Kurverwaltung allerdings auch bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Bad Brückenau Eine Anlage zum Kneippen befindet sich im Staatsbad an der Wandelhalle. Das Wasser stammt von einer Oberflächenquelle. Eine zweite Anlage steht Besuchern im Georgi-Kurpark zur Verfügung.
Bad Bocklet Im kleinsten bayerischen Staatsbad wird ein Kneippbecken am Badehaus unterhalten. Sowohl das Tret-, als auch das Armbecken werden mit Heilwasser aus der Balthasar-Neumann-Quelle gespeist.