
Am 30. Mai 1220 schließt der Henneberger Graf Otto I. das morgenländische Kapitel seines unglaublich facettenreichen Lebens ab. Nach Ausbildung zum Ritter, Aufenthalt am Kaiserhof in Italien, Teilnahme am Kreuzzug, reicher Heirat im Orient, verkauft er den umfangreichen Besitz seiner Gemahlin Beatrix im Königreich Jerusalem, um künftig in Bad Kissingen - auf Botenlauben - zu wohnen. Das muss eine Sensation in Franken gewesen sein, denn die " Burg " war damals lediglich ein befestigtes Haus. Und da zieht ein "Kœniges Tochter" ein, wie der Henneberger Chronist Spangenberg schreibt? Wer ist die unbekannte Schöne, die der Minnesänger sein "Gold aus Syrien" nennt? Ein ganzer Tross bringt per Schiff und über Land - allein die Überfahrt dauerte 22 Tage - einen fürstlichen Hausstand nach "Kizziche", wie die Kurstadt damals hieß. Die fremdländischen Begleiter machen Staunen, ein Raunen geht durchs Land, wer hat je Araber gesehen, die Mystik des Orients wird bestaunt.
Wagenladungen von Silber
Und was ist da in den eisenbeschlagenen Truhen? Nicht nur die Familie , vermutlich gut getarnt und gesichert, dürften auch Wagenladungen voll Gold und Silber in das Stadtschloss nach Kissingen oder auf den Burgberg in Ritanswisen gezogen worden sein. Es ist unglaublich, denn Experten schätzen den damaligen Verkaufserlös der Besitzungen in Palästina auf Millionenbeträge. Da ist es dann auch unerheblich, dass die "morgenländische Prinzessin" keine Königstochter ist. Dennoch dürfte die Markgräfin von Edessa eine der begehrtesten Partien der "Lateinischen Königreiche" (Palästina, Israel, Jordanien, Libanon und Teile Syriens) gewesen sein.
Und solcher Glanz kommt in die Stadt?
Die Urkunde ist am 30.5.1220 in Akkon - nach der Eroberung Jerusalems durch die Sarazenen, Hauptstadt des christlichen Kreuzfahrerstaates "Königreich Jerusalem" - "vor König Johann" ausgestellt und weist Graf "Otto...de Hennemberc", - der sich erst nach Rückkehr in das Land seiner Vorfahren , nach seiner Burg Botenlauben nannte - letztmals im Heiligen Land nach. Otto stammt aus dem einflussreichen fränkisch-thüringischen Adelsgeschlecht der Henneberger. Stammsitz ist die Henneburg, gleich hinter der ehemaligen innerdeutschen Grenze bei Eußenhausen. Urkundlich ist Otto erstmals 1197 in Linaria auf Sizilien nachgewiesen und wohl im Heer von Kaiser Heinrich VI., dem Sohne Barbarossas , als Kreuzfahrer nach Palästina aufgebrochen. Erwähnenswert ist, dass schon Ottos Großvater und Vater als Kreuzfahrer aufgebrochen waren, das Christentum im Heiligen Land zu verteidigen, dort aber ihr Leben ließen.
Folgte Otto dem damaligen Zeitgeist, oder suchte er die Gräber seiner Vorfahren?
Im Gegensatz zu seinen Ahnen fand der Minnesänger , der auch in den großen mittelalterlichen Handschriften verewigt ist, in Outremer sein Glück. Über 20 Jahre verbringt er im Heiligen Land, ist aber immer wieder auch in Deutschland und kehrt erst 1220 in seine fränkische Heimat zurück. Mit seinem "Kleinod aus dem Morgenland" wie er in einem anderen Gedicht schreibt, kommen vermutlich zwei Söhne mit nach Franken, in ein raues Land, das Beatrix nicht kennt und dessen Sprache sie wohl nicht beherrscht. Salzquellen hatten, dem Ort eine gewisse Bedeutung verliehen.
Kissingen blieb aber weit hinter dem Anspruch höfischen Lebens im Morgenland zurück.
Einheirat in hohe Kreise
Der Kreuzfahrer Otto hatte Beatrix "vor 1205" geheiratet. Sie war die Tochter Joscelins III., des einflussreichen Schatzmeisters des Königreichs Jerusalems. Auf diesem Wege "gelang ihm ... der Einstieg in die adelige Führungselite im HL. Land", wie Peter Weidisch, der Kulturreferent Bad Kissingens, in dem von ihm konzipierten Werk " Otto von Botenlauben , Minnesänger-Kreuzfahrer-Klostergründer" schreibt. Denn Beatrix war Erbin eines umfangreichen Besitzes. Warum dann aber die Zelte des Paares im Morgenland 1220 in Gänze abgebrochen wurden, darüber lässt sich nur spekulieren.
Mit Großen der Zeit auf Augenhöhe
In der Verkaufsurkunde sind die umfangreichen Erbgüter der Gräfin Beatrix beschrieben, die "dem Deutschen Hause zu Jerusalem...für 7000 Silbermark und 2000 sarazenische (Gold) Byzantiner" verkauft wurden. Die Bedeutung des "sehr erheblichen Vermögensübergangs" - es sind unter anderem 46 Orte inklusive Rechten, Einkünften und Geldlehen aufgelistet - wird durch die Beteiligten am Vertragsabschluss unterstrichen. Neben etlichen Baronen als Zeugen, waren der Großmeister des Deutschen Ordens Hermann v. Salza und Johann von Brienne, der König von Jerusalem anwesend. Noch im gleichen Jahr bestätigt Papst Honorius III. dem Deutschen Orden den Kauf der Königsburg. 1226 wird der Verkauf auch von Kaiserin Isabella, der Gemahlin des Stauferkaisers Friedrich II. , beurkundet.
Botos Laube?
Vielleicht schon während einiger Aufenthalte in Deutschland, könnte der Minnesänger den Ausbau von "Botenlouben", des ererbten Anwesens in "Ritanswisen" in die Wege geleitet haben. 1206 ist das Anwesen erstmals im Besitz der Henneberger nachgewiesen. Der Name ist vermutlich aus der Bezeichnung "Botos Laube" entstanden. Boto, ein fränkischer Gaugraf war vormaliger Besitzer und Thomas Heiler beschreibt den Begriff der Laube in dem Buch " Burg und Amt Botenlaube" als auffallende Galerie oder überdachten Wehrgang um ein Anwesen.
Nach seiner Rückkehr baut Graf Otto den Besitz zu einer Burg beachtlicher Größe aus. Die Außenmauern aus "staufischen Buckelquadern" und eine Kapelle lassen auf eine repräsentative, mehr als nur standesgemäße Ausstattung und "neuesten...bautechnischen Stand", wie Historiker Bernd-Ulrich Hucker schreibt, schließen. Hatte 1220 Papst Honorius III. den Verkauf in Akkon noch "von dem Grafen Otto von Henneberg" bestätigt, wird ein Jahr später eine Urkunde gesiegelt, in der er als "Otto comes de Bodenlouben" - also Graf von Botenlauben - bezeichnet wird. Der Minnesänger und Kreuzfahrer ist wieder im Land seiner Väter angekommen, nennt sich selbstbewusst aber nach seiner Burg .
Klostergründung
Der Minnesänger und Kreuzfahrer wird zum "Botenlauber", um 1234, also nur 14 Jahre später, nochmals ein spannendes Lebenskapitel aufzuschlagen. Er verkauft die Burg , um mit dem Erlös Kloster Frauenroth zu gründen. Dort liegt mit Otto und Beatrix ein Traumpaar des Mittelalters begraben. Ein unbekannter Künstler schuf ihnen bedeutende Grabplastiken, die mit den Stifterfiguren im Naumburger Dom und dem Bamberger Reiter in einem Zug genannt werden.