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Hammelburg
Geplanter Übungsplatz bei Hammelburg: Region kämpfte um die Heimat
Im Juni 1951 wurden Pläne bekannt, den Truppenübungsplatz um das Vierfache zu vergrößern. Tausende Menschen protestierten, die Erinnerung an die Rettung der Heimat halten viele Orte bis heute wach.
MP-GRAFIK: Konrad Jarysto       -  MP-GRAFIK: Konrad Jarysto
| MP-GRAFIK: Konrad Jarysto
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 17.08.2022 07:45 Uhr

Alfred Diez erinnert sich noch gut: "Das hat damals natürlich für Aufruhr gesorgt", erzählt der Sulzthaler vom Bekanntwerden der Pläne im Juni 1951, einen riesigen Panzerübungsplatz bis an den Sulzthaler Ortsrand auszuweisen. 90 Prozent der Gemarkung wären militärisches Sperrgebiet geworden, Nachbarorte wie Wasserlosen oder Greßthal sollten ganz abgesiedelt werden. Diez war damals 16 Jahre alt, gerade ein Jahr aus der Schule. Statt in die Lehre zu gehen, half er auf dem elterlichen Hof und in der Gaststätte mit. Der geplante Übungsplatz bedrohte die Existenz der damals rund 150 landwirtschaftlichen Betriebe in Sulzthal.

Arnulf Diez, der Vater von Alfred Diez, Ehrenbürger und ab 1952 Bürgermeister, berichtet in seiner Ortschronik vom Protest: Bis nach Bonn fuhren die Unterfranken, in vielen Orten gab es Demonstrationen . Laut dem "Hammelburger Wochenblatt" gab es am 3. Juni eine erste große Kundgebung mit mehreren tausend Menschen in Gauaschach , weitere folgten, Ende Juli versammelten sich geschätzte 5000 Menschen in Hammelburg . Den Protest unterstützten der Hammelburger Landrat Adam Kaiser, Bruder von Bundesminister Jakob Kaiser , sowie die örtliche Bundestagsabgeordnete Dr. Maria Probst .

"Lieber sterben, als Heimat zu verlassen"

In vielen Orten ist der Protest damals bis heute in Erinnerung. "Ich kann gar nicht fassen, wie knapp es damals war, dass wir unsere Heimat verloren hätten", sagt Josef Schneider . Der Greßthaler beschäftigt sich intensiv mit diesem Kapitel Heimatgeschichte . Unter anderem hat er dutzende Resolutionen betroffener Gemeinden gesammelt. "Die Einwohner erklären, dass sie lieber sterben, als ihre Heimat zu verlassen", heißt es etwa in einer Erklärung der Gemeinden Wasserlosen, Greßthal und Sulzthal. In Pfaffenhausen verweist die Gemeinde darauf, dass die Bürger 1894 bereits bei Gründung des Truppenübungsplatzes 347 Hektar Ackerland abgeben mussten. Zudem sei die wirtschaftliche Situation kurz nach dem Krieg deutlich schwieriger. Deshalb schreiben sie: "Die Versammelten geloben feierlichst, die von ihren Vätern ererbte Scholle, welche ihnen noch das restliche Existenzminimum bietet, nicht freiwillig zu verlassen." Auch viele Heimatvertriebene schlossen sich dem Protest an und fürchten um den Verlust der neuen Heimat: "Mit aller Eindringlichkeit weisen wir darauf hin, dass unsere seelische Kraft nicht ausreicht, noch einmal diesen Leidensweg zu gehen", heißt es in einer Resolution der Heimatvertriebenen aus Wasserlosen.

Im August 1951 lenkt die Bundesregierung in Bonn schließlich auf Druck der Bayerischen Staatsregierung ein: Den US-Truppen wird ein dünn besiedeltes Gebiet bei Hohenfels als Alternative vorgeschlagen. Die Besatzungsmacht drängt auf eine schnelle Umsetzung: Bereits eine Woche später werden dort die ersten Bewohner umgesiedelt.

In Pfaffenhausen gibt es zum Beispiel jedes Jahr Ende Mai eine Prozession ins Steintal. Wegen Corona fand heuer nur ein Gottesdienst statt. Auch in Gauaschach wurde ein Feiertag zum Herz-Jesu-Fest, dem dritten Sonntag nach Pfingsten , gelobt. Am Sonntag, 13. Juni, findet ein Gottesdienst in der Gauschacher Kirche statt, zudem hat die Stadt Hammelburg eine Linde am Maria-Probst-Gedenkstein pflanzen lassen, an der Besucher Gedanken zum Thema Heimat anbringen können.

Die Redaktion (Tel. 09732/910 712, Mail r.ruppert@infranken.de) sowie Jürgen Schneider (Tel.: 0171/937 55 87, Mail jupp.schneider@t-online.de) suchen nach weiteren Zeitzeugen und Dokumenten aus dem Jahr 1951.

 
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