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General von Rosen spielt keine Rolle
Die Schutzfrau von Münnerstadt: Das Volksschauspiel erzählt von der wundersamen Errettung Münnerstadts durch die Muttergottes im Dreißigjährigen Krieg. Doch worauf basiert die Geschichte und wie sieht's mit diesen historischen Fakten aus?
„Wer schimpft sich Oberbürgermeister hier in diesem Nest?“ So beginnt der Schwedenobrist Otto von Schaumburg seine Rede beim Heimatspiel in Münnerstadt.
Foto: Isolde Krapf | „Wer schimpft sich Oberbürgermeister hier in diesem Nest?“ So beginnt der Schwedenobrist Otto von Schaumburg seine Rede beim Heimatspiel in Münnerstadt.
Von unserem Mitarbeiter Kilian Trabert
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:14 Uhr

Im Spätsommer des Jahres 1641 – die Münnerstädter feiern gerade mitten im Krieg ein buntes Erntedankfest – ist plötzlich von irgendwoher Kanonendonner zu hören. Die Schweden rücken näher. – 200 Bürger zeichnen alljährlich beim Heimatspiel ein Bild von Heiterkeit und Trauer, Liebe und Feindschaft, Frohsinn und Entsetzen. Und dann geht es um die wundersame Errettung der Stadt vor einem schwedischen Angriff durch die Schutzfrau von Münnerstadt. Doch auf welchen historischen Ereignissen und Personen basiert die Geschichte? Wir begaben uns auf Spurensuche.

Der Volkacher Historiker Dr. Bernd Warlich beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem 30-jährigen Krieg in Franken. Unzählige Quellen hat er ausgewertet, wie man seiner Website im Internet entnehmen kann. Auch über die Geschehnisse in Münnerstadt fand er so allerhand heraus. Bereits seit 23 Jahren tobte der Krieg in Europa, als der schwedische General Reinhold von Rosen im Winter 1641 mit seinen Truppen vor Münnerstadt Stellung bezog.

Er hatte sich vom Hauptheer der Schweden abgesetzt und näherte sich dem nördlichen Franken über Erfurt, um Verpflegung zu erbeuten. Über Neustadt, Königshofen und Münnerstadt wollte Von Rosen in die von kaiserlichen Truppen besetzte Garnison Schweinfurt vorrücken.

Münnerstadt war damals für Schweinfurt ein überlebenswichtiges Bollwerk, schreibt der einstige Münnerstädter Studienrat Leonhard Rugel in seinem Aufsatz „Das Heimatspiel und sein geschichtlicher Hintergrund“, den man in einem kleinen Sammelband von Peter Neugebauer und Christian Rentsch findet.

„Franken war einer der Hauptschauplätze des Krieges“, weiß Bruno Eckert, der Vorsitzende der Heimatspielgemeinde. Bereits 1625 übernachtete der Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee, Wallenstein, mit seinem Truppen in Maria Bildhausen. 1631 eroberte der schwedische König Gustav Adolf die Gebiete um Schweinfurt. Ab diesem Zeitpunkt war auch Münnerstadt ins Kriegsgeschehen involviert. Münnerstadt wurde als eine der reichsten und einflussreichsten Städte des Bistum Würzburg immer wieder Opfer von Überfällen und Plünderungen, erklärt Eckert. „Aus Angst wurden die Felder nicht mehr bestellt, Krankheiten, Seuchen und Hungersnöte breiteten sich aus“.

Als der kaiserliche Feldherr Piccolomini die Region zurückeroberte, erhofften sich die Münnerstädter wieder friedlichere Zeiten, heißt es in Rugels Aufsatz weiter. Doch es sollte anders kommen: Mit dem schwedischen General Reinhold von Rosen stand in den letzten Zügen des Krieges eine neue Bedrohung vor dem Münnerstädter Stadttoren.

Hier setzt denn auch die Erzählung des Heimatspiels an: Von Rosen, der sein Hauptquartier in Römhild hatte, scheiterte mit der Einnahme von Königshofen und nahm deshalb Münnerstadt ins Visier, berichtet Warlich auf seiner Website. Am 30. Januar 1641 ließ General von Rosen zwei Briefe überbringen, in welchen er von den Ratsherren Einlass in die Stadt forderte. Aber Münnerstadt habe dies wegen schlechter Erfahrungen abgelehnt, erklärt Bruno Eckert.

Einen Tag später bezog Von Rosen mit rund 1500 Mann Stellung am Karlsberg. 30 Kanonenkugeln, jede so teuer wie ein halber Monatssold der Soldaten, feuerten die schwedischen Truppen bis in die frühen Morgenstunden des 1. Februars hinein auf die Stadt, beschriebt Warlich in seinem Aufsatz die Vorgänge. Doch dort war man vorbereitet: Die Bewohner der umliegenden Dörfer und Gehöfte waren hinter die massiven Stadtmauern geflohen.

Zudem könnten sich zu diesem Zeitpunkt 200 bis 300 kaiserliche Soldaten in der Stadt befunden haben, schätzt Heimatspiel-Vorsitzender Eckert. Die 2500 Bürger waren zudem aufgefordert, sich zu bewaffnen und Material für die Abwehr des Angriffes zur Verfügung zu stellen. Warlich ist sich sicher, dass auch die Münnerstädter über Kanonen verfügten, deren tödliche Ladung sie den Schweden entgegen feuerten.

Trotz dieser Bemühungen bleibt die Frage: Warum konnte die kleine Stadt einer 1500 starken Truppe mit erfahrenen Söldnern und zerstörerischen Kanonen widerstehen? Während das Heimatspiel an dieser Stelle das romantische Bild eines wundersamen Rettung durch die Muttergottes, die die Kanonenkugeln von der Stadt abhält, zeichnet, hat Warlich eine andere Erklärung, die auch Eckert teilt: „Die Schweden mussten jetzt wirtschaftlich denken, denn jeder Schuss kostete ja viel Geld“, mutmaßt Eckert.

„Auch die Münnerstädter haben gewusst, dass sich eine lange Belagerung nicht rechnet“, so Eckert weiter. Zudem war die Wahrscheinlichkeit gering, dass die Stadt nach 23 langen Kriegsjahren noch viel Beute bieten konnte. Und es herrschte eisiger Winter, dem die einfachen schwedischen Söldner mit ihrer schlichten, oft abgenutzten und zerrissenen Kleidung nur wenig entgegenzusetzen hatten.

Von Rosen gab den Angriff schließlich auf, Münnerstadt war gerettet. „Man muss die Situation unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehen: Wenn Von Rosen die Stadt hätte erobern wollen, hätte er es gekonnt, analysiert der Vorsitzende der Heimatspielgemeinde. Auf ihrem Rückzug steckten die schwedischen Truppen die umliegenden Dörfer, wie beispielsweise Großwenkheim, Burghausen und Brünn, in Brand.

Aber wer war eigentlich dieser schwedische General Reinhold von Rosen? Die Spur führt unsere Redaktion nach Gersfeld (Hessen). Dort betreibt heute Jürgen von Rosen eine Klinik für Naturheilkunde. Der Mediziner ist, wie sich herausstellt, ein Nachfahre des schwedischen Soldaten. Sein Vater hatte seinerzeit zahlreiche Nachforschungen über das berühmte Familienmitglied angestellt.

General Reinhold von Rosen wurde um 1600 im von den Schweden besetzten Lettland geboren. Schon früh entschied er sich für eine Offizierslaufbahn, weiß Jürgen von Rosen. An der Seite des Königs Gustav Adolf stieß er zu Beginn des schwedischen Kriegseintritts in die Mitte Deutschlands, und damit auch nach Franken, vor.

Trotz seines sehr eigenen Charakters war er bei den Soldaten beliebt, erzählt Von Rosen im Gespräch mit der Redaktion. Er wird als kühn und ehrlich beschrieben, habe jedoch Mühe gehabt sich unterzuordnen. Das sei soweit gegangen, dass er sich mit seinem Leutnant duellierte, weiß sein Nachfahre.

Die Geschehnisse in Münnerstadt sind in den Notizen des Generals zwar nicht festgehalten, jedoch zahlreiche andere Aktivitäten in der Umgebung.

Die Aufgabe des Angriffes auf die Lauerstadt war eine Seltenheit in Von Rosens Laufbahn, galt er doch als einer der fähigsten Feldherrn, der schließlich sogar mit drei anderen Generälen den Oberbefehl über die schwedischen Truppen übernahm. 1667 starb Von Rosen, der zuletzt als französischer Militärgouverneur gedient hatte. An seinen Beinamen „Der Gute“ glaubt man in gewissem Sinne auch in Münnerstadt. Eckert: „Man muss ihm 'zu Gute' halten, dass er wohl keine Grausamkeiten an seinen Gegnern ausübte.“

Inbrünstige Gebete sind beim Erntedankfest angebracht.
Foto: Isolde Krapf | Inbrünstige Gebete sind beim Erntedankfest angebracht.
Die Scholaren sind begeistert dabei.
Foto: Isolde Krapf | Die Scholaren sind begeistert dabei.
 
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