
Gesetzlich verankerter kostenloser Zugang zu Periodenprodukte in allen Bildungs- und städtischen Einrichtungen. Klingt unrealistisch?
Tatsächlich ist in Schottland 2022 genau solch ein Gesetz in Kraft getreten, womit es das erste Land mit einer derartigen Regelung ist. Deutschland senkte 2020 die „Tamponsteuer“ von 19 auf sieben Prozent, wodurch Menstruationsprodukte offiziell nicht mehr als Luxusgüter, sondern nun auch als Güter des täglichen Bedarfs betrachtet werden.
Eine finanzielle Belastung
Eine gesenkte Mehrwertsteuer ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, reicht allerdings laut einer Umfrage von Plan International nicht aus. 23 Prozent aller von einer Periode betroffenen Menschen in Deutschland geben an, dass die Periode für sie monatlich eine finanzielle Belastung darstellt. Fast jede zehnte Frau geht ein Risiko einer Infektion ein, um den Wechsel und damit den Kauf von Hygiene-Artikel möglichst lange hinauszuzögern.
Eine Kostenrechnung
Die erste Menstruation tritt durchschnittlich im Alter von zwölf Jahren ein, die letzte mit etwa 51 Jahren. Das bedeutet, eine Frau menstruiert etwa 39 Jahre lang regelmäßig monatlich für einige Tage. Die durchschnittliche Dauer einer Periode beträgt fünf Tage. Laut medizinischer Empfehlung sollten täglich mindestens vier Tampons verwendet werden, da diese spätestens alle sechs Stunden gewechselt werden sollten. Der Tamponbedarf pro Periode liegt somit bei mindestens 20 Stück.
So viel kann das ja gar nicht kosten – oder? Ein Rechenbeispiel:
- Kosten pro Tampon: etwa 0,10 Euro
- 20 Tampons pro Periode mal 13 Perioden pro Jahr: 260 Tampons pro Jahr
- 260 Tampons pro Jahr mal 39 Jahre: 10.140 Tampons
- 10.140 Tampons mal 0,10 Euro: 1.014 Euro
1014 Euro auf das ganze Leben berechnet klingt zunächst nicht nach viel, aber laut einer Umfrage der britischen Huffington Post ist das bei Weitem nicht alles. Zusätzliche monatliche Kosten umfassen:
- Schmerzmedikamente: fünf Euro
- Wärmflasche, Wärmepflaster: acht Euro
- Neue Unterwäsche: neun Euro
- Süßigkeiten und andere „Hilfsmittel“: zehn Euro
Eine Frau gibt also durchschnittlich weitere 32 Euro pro Periode aus.
- 32 Euro pro Periode mal 13 Perioden pro Jahr: 416 Euro pro Jahr
- 416 Euro mal 39 Jahre: 16.224 Euro
Gesamtkosten: 17.238 Euro im Leben beziehungsweise 442 Euro im Jahr
Frauen wollen keine Rosen
Am 8. März war Weltfrauentag. Auch Miriam Nusser, Fachbereichsleitung für Beratungsdienste bei der Caritas Bad Kissingen, quälte bereits im vergangenen Jahr zu diesem Anlass die Frage, was man den Kolleginnen für ihre harte Arbeit zurückgeben könnte. „Es gab mal wieder nur eine Rose, die ist zwar ganz schön anzuschauen, aber nach zwei Tagen hat man davon auch nichts mehr“, sagt die Diplom-Pädagogin. Um ihre Kolleginnen, aber auch alle Frauen und Mädchen , die in der Caritas nach Hilfe suchen, nachhaltig zu unterstützen, kam die Idee auf: ein kostenloser Spender mit Hygiene-Artikeln in einer der Damentoiletten.
„95 Prozent unserer Angestellten sind weiblich. Durch unsere Mitarbeiterinnen und Beratungsgespräche kennen wir die Sorgen und Nöte von Frauen“, erklärt Nusser. Mit der kostenlosen Bereitstellung von Hygiene-Artikeln will der Verband auf das Thema Periodenarmut aufmerksam machen.
Zugang zu Hygieneprodukten für alle
Ansprechen will die Caritas mit diesem Angebot vor allem junge Menschen, Geflüchtete und Menschen mit weniger Geld. All diesen Menschen will Nusser eine Anlaufstelle für eine erste Notfallversorgung bieten. „Der Arbeitgeber unterscheidet nun mal nicht zwischen Menschen mit oder ohne Periode. Viele verdienen eh schon nicht genug zum Leben. Dann sind die 450 Euro zusätzliche Kosten jährlich, die diese Menschen noch weiter belasten können, schon viel“, so die Fachbereichsleiterin.
Hemmungen und Scham
Die erste Periode ist vor allem für junge Mädchen ein sehr intimes Thema. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2017 von Ready for red , einer Seite, die junge Menschen über das Thema informiert, geben 60 Prozent der Mädchen an, eine negative Einstellung zu ihrer Menstruation zu haben.
Oft ist das Thema Menstruation bei jungen Frauen mit Ängsten verbunden. Mehr als die Hälfte der Befragten weiß nicht, wann ein Tampon spätestens gewechselt werden muss und welche Konsequenzen ein Nichtwechseln mit sich tragen kann. Nusser fordert daher mehr Aufklärung durch die Erziehungsberechtigten. „Oft ist das Thema bereits bei den Eltern mit Scham behaftet. Das kann sich dann auch aufs Kind übertragen, wenn dieses nicht das Gefühl bekommt, man könne offen über dieses Thema reden“, sagt Nusser. Mädchen wüssten zudem zwar häufig, dass es eine Periode gibt, allerdings wüssten nur wenigen von ihnen, wie man mit damit umgehen kann.

„Schülerinnen trauen sich oftmals nicht, die Lehrkraft oder andere Mitschülerinnen nach Hygiene-Artikeln zu fragen. Genau deshalb wäre ein Spender mit Hygieneprodukten so wichtig“, sagt Nusser besorgt. Sie empfiehlt außerdem jedem Elternteil, ihrem Kind ein Notfallpäckchen mit in die Schultasche zu packen. „Die erste Periode kann überfordern, mit Periodenunterwäsche sind die Kinder auf der sicheren Seite.“
Positive Resonanz und zukünftige Pläne
Den Spender mit kostenlosen Periodenprodukten gibt es bis jetzt nur auf einem Stockwerk. „Wir haben den Spender jetzt schon des Öfteren auffüllen müssen, das zeigt uns, wie sehr Menschen auf diese Hilfen angewiesen sind“, so Nusser. Pläne, die Spender auch auf die übrigen Damentoiletten auszuweiten, gibt es bereits. Nusser berichtet zudem, dass nicht nur Angestellte der Caritas positives Feedback zu den Spendern geben. „Wir haben auch einige Jugendliche, die auf uns zugekommen sind und uns mitgeteilt haben, wie traurig sie sind, dass es so ein Angebot nicht auch in ihren Schulen gibt.“
Projekt ist langfristig ausgelegt
Die Finanzierung des Spenders wäre nicht das Problem, so Nusser. Das auf Dauer angelegte Nachfüllen des Spenders mit Hygieneprodukten gestalte sich allerdings schwierig.
Die Caritas ist eine Non-Profit-Organisation. Die Stiftung finanziert sich allein durch Spenden und Beiträge der Mitgliedsorganisationen. Miriam Nusser berichtet, sie habe auch große Marken wie Ob und Always nach Spenden und Testpackungen gebeten. Alles mit ernüchterndem Ergebnis. „Mit kleinen Organisationen arbeiten sie nicht zusammen oder wir spenden doch schon für Mädchen in Afrika – das waren immer die Begründungen.“
Ein Traum, den sich Nusser noch unbedingt erfüllen will, fällt der Diplom-Pädagogin sofort ein. „Ich würde so gerne in der Lage sein, ganze Packungen an Bedürftige herauszugeben. Das funktioniert allerdings noch nicht, da fehlen uns einfach die Gelder für.“
Nusser weiter: „Wir wissen, dass wir mit dem Spender die Periodenarmut nicht bekämpft, aber es ist ein erster Hinweis und vielleicht regt es ja andere dazu an, ähnliches anzubieten.“
Wenn Sie die Caritas in ihrer Tätigkeit bei dem langfristigen Erhalt der Spender mithilfe einer Spende unterstützen wollen, finden Sie mehr Informationen auf der Website der Caritas.