
Lange mussten sich die Hammelburger gedulden, jetzt ist es endlich fertig – das Radverkehrskonzept der Stadt. Auf knapp 200 Seiten finden sich jetzt jede Menge Vorschläge, wie der Radverkehr in der Weinstadt verbessert werden kann. „So ein Konzept ist immer auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet“, erklärt Diplom-Geografin Eva Liebich vom Büro Wegner Stadtplanung aus Würzburg.
Es enthalte kurzfristige, kleine Projekte, die leicht umsetzbar sind, aber auch größere, für die es eine längere, ausgiebigere Planung benötige. Die Verwaltung in Hammelburg möchte nun zu Beginn einige kurzfristig oder provisorisch umsetzbare Verbesserungen genauer überprüfen.
Außerdem sollen drei der im Radverkehrskonzept enthaltenen Vorschläge gegebenenfalls noch in die Planungen bereits vorgesehener Bau- und Sanierungsvorhaben eingearbeitet werden. „Am Ende wird es immer abhängig von der Haushaltslage sein. Es handelt sich erstmal nur um Vorschläge, die wir für relativ zeitnah umsetzbar halten“, betont Bürgermeister Armin Warmuth (CSU).
Radverkehrskonzept Hammelburg – die kurzfristig umsetzbaren Projekte
Kreuzung der Straßen „Am Weiher“ und „Am Sportzentrum“
Die Kreuzung der Straßen „Am Weiher“ und „Am Sportzentrum“ auf Höhe der Einkaufsmärkte ist eine dieser Problemstellen, welche zunächst überprüft werden soll. „Wer mit dem Fahrrad aus Richtung Weiher kommt und weiter geradeaus möchte, der muss das bisher ungeschützt tun“, stellt Eva Liebich fest.
Relativ sicher seien an dieser Stelle nur Fußgänger, da sie die Straße mithilfe des Fußgängerübergangs im Norden überwinden können. „Wenn Radfahrer die Straße ohne Gefahr überqueren wollen, müssen sie also eigentlich zum Fußgänger werden.“ Die von der Expertin vorgeschlagene Lösung: die Straße „Am Sportzentrum“ südlich der Kreuzung durch eine weitere Querungshilfe ergänzen.
Längsachse „Am Sportzentrum“ nahe dem Heinrich-Köppler-Haus
Doch nicht nur die Kreuzung nahe der Bundesstraße bereite den Radfahrern Probleme. Auch die Längsachse der Straße „Am Sportzentrum“ in der Nähe des Heinrich-Köppler-Hauses sei eine Gefahrenstelle. Die langgezogene Sperrmarkierung mit durchgezogener Mittellinie fördere hier die Beschleunigung der Autos. „Es gibt aber keine straßenbegleitenden Angebote für Radfahrer“, erklärt die Expertin.

Die Nutzung der Fahrbahn werde schon jetzt von den meisten Radfahrern gemieden, viele würden einfach den Fußgängerweg am Rand der Straße nutzen. „Das ist nicht weiter verwerflich. Man kann diesem Bedürfnis aber einfach entgegengekommen, indem man den Gehweg etwas verbreitert.“ So könnte mit relativ geringem Aufwand auch den Radfahrern ein Angebot gemacht werden. „Aber ohne Benutzungspflicht“, betont Liebich. Schnellere Radler dürften bei ihrem Vorschlag weiterhin auf der Straße fahren.
Kreuzung in Richtung Lager und Schloss Saaleck
Auch wer aus der Innenstadt raus in Richtung Schloss Saaleck fährt, wird auf der beschilderten Route unnötigen Querungen der Bundes- sowie Staatsstraße ausgesetzt. „Man kommt aus der Stadt und muss zunächst zwei Äste der Staatsstraße passieren“, erklärt die Expertin.
An der Kreuzung angekommen führt eine Ampel zurück auf die vorherige Seite der Staatsstraße, die Bundesstraße wird mit einer Unterführung überquert und abschließend die Staatsstraße auf der anderen Seite der Kreuzung nochmals mithilfe einer Ampel passiert. „Wer von der Innenstadt nach Schloss Saaleck fährt, muss also sechs Äste signalisiert und zwei unsignalisiert überqueren.“
Lösbar sei dieses Problem ganz einfach, indem der Radverkehr nördlich der Bundesstraße offiziell auf den bereits vorhandenen Gehweg umgelegt wird. Die meisten Einheimischen würden diese Abkürzung sowieso schon nutzen. „So verringert sich die Anzahl der Straßenquerungen um fünf Äste und es ist keine ungeschützte Querung mehr notwendig“, sagt die Planerin.
Querung Saaletalstraße im Zuge Thulbatal
Eine weitere Problemstelle: die Saaletalstraße (St 2293) auf Höhe der Thulbabrücke im Westen der Stadt. Hier würden vor allem im Sommer viele Radler über die Straße fahren, um auf den Radweg in Richtung Untererthal oder in die Stadt zu gelangen. „Dort sind momentan stadtauswärts 70 und stadteinwärts sogar 100 Kilometer pro Stunde erlaubt.“

Zudem sei die Straße sehr unübersichtlich – dass eventuell Radler über die Straße möchten, ist an dieser Stelle für den Autofahrer überhaupt nicht zu erkennen. „Deshalb ist der Vorschlag, die Geschwindigkeit dort herabzusetzen und eine Aufmerksamkeitsbeschilderung anzubringen“, sagt Liebich.
Fahrradständer an den Bahnhöfen
Eine weitere Empfehlung gibt die Expertin für die Bahnhöfe in Hammelburg und den Stadtteilen ab, denn: Pendler, die mit dem Rad zu den Haltepunkten unterwegs sind, haben keine Möglichkeit, ihr Fahrzeug am Ziel stand- und diebstahlsicher abzustellen.
Dies betrifft nicht nur die Bahnhöfe in Hammelburg und Hammelburg-Ost, sondern auch die Haltepunkte in Diebach, Westheim-Langendorf und Morlesau. „Da könnte man also relativ konfliktarm etwas für den Radverkehr tun“, berichtet die Geografin.
Radverkehrskonzept Hammelburg – Vorschläge für bereits vorgesehener Bau- und Sanierungsvorhaben
Querungshilfe am Ortseingang Diebach
Doch nicht nur kurzfristig umsetzbare Vorschläge sollen näher geprüft werden. Drei der im Radverkehrskonzept enthaltenen Vorschläge sollen gegebenenfalls noch in die Planungen bereits vorgesehener Bau- und Sanierungsvorhaben eingearbeitet werden. Eines davon ist eine Querungshilfe am Ortseingang in Diebach. „Dort müssen wir die Fahrradfahrer vom Saaletalradweg über die Staatsstraße von der einen Seite zur anderen bekommen.“

Auch hier sei das Bedürfnis der Radler, nämlich die Straße zu queren, für den Autofahrer nicht ersichtlich. Die Strecke ist groß und bereit, die Fahrzeuge auf der Straße schnell unterwegs. „Deshalb ist hier der Ansatz, mit einer Querungshilfe zu arbeiten“, sagt die Expertin. In dem Konzept vorgeschlagen seien vorgezogene Seitenbereiche, möglich wäre aber auch eine Mittelinsel.
Diese würde allerdings mehr Platz benötigen. Ergänzt werden könnte die Umgestaltung noch durch einen Ortseingang mit Verschwenk. „Das, was wir vorgeschlagen haben, ist eine Querungshilfe und einen Verschwenk, sodass der Verkehr gebremst wird“, weiß Stadtbaumeister Detlef Mohr. Ob das so umgesetzt werden könne, sei allerdings noch abzuwarten.
Sanierung der Altstadt Hammelburg – Obere Stadtmauer/Dalbergstraße
Auch bei der geplanten Neugestaltung der Altstadt könne eine Verbesserung des Radverkehrs direkt in die Planungen mit einbezogen werden. Im vergangenen Jahr seien hierfür die vorbereitenden Untersuchungen abgeschlossen worden. „Dort sind Bereiche enthalten, die mit den Bedürfnissen zusammenfallen, die auch im Radverkehrskonzept festgestellt wurden“, sagt die Expertin. Gemeint sind hier zum Beispiel der Bereich Obere Stadtmauer sowie die Dalbergstraße.
Sowohl die Dalbergstraße als auch die Obere Stadtmauer seien nicht geeignet, um den Verkehr von Norden nach Süden durch die Stadt zu leiten. „Wenn sie diese beiden Achsen angehen, sollte dieses Radverkehrsbedürfnis also mitbedacht werden.“
Sanierung Altstadt – Langer Graben
Als Letztes schlägt die Expertin eine Idee vor, die noch nicht im Radverkehrskonzept enthalten ist: Die Entwicklung des Langen Grabens, der ebenfalls im Sanierungsgebiet der Altstadt liegt. „Hier wäre die Realisierung einer durchgehenden Geh- und Radverkehrsachse entlang der Turnhouter Straße zwischen Weihertorstraße und Postamtskreuzung möglich.“
Dies eröffne die Möglichkeit einer zügigen Westtangente um die Altstadt herum. „Bei zukünftigen Maßnahmen sollte also immer auch der Radverkehr mitbedacht werden.“