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Bad Kissingen
Gefängnis für falschen Autoverkäufer
Ein 63-Jähriger hatte Geld von Kollegen für Fahrzeuge einkassiert, ohne die zugesagten Camper zu haben. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.
Ein langes Vorstrafenregister hatte ein Angeklagter, der vor dem Schöffengericht stand.       -  Ein langes Vorstrafenregister hatte ein Angeklagter, der vor dem Schöffengericht stand.
Foto: Annett Lüdeke/Archiv | Ein langes Vorstrafenregister hatte ein Angeklagter, der vor dem Schöffengericht stand.
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 17.08.2022 10:30 Uhr

Wegen mehrerer Fälle des gewerbsmäßigen Betrugs wurde ein 63-jähriger Frührentner vom Bad Kissinger Schöffengericht zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Da er bereits vielfach einschlägig vorbestraft ist, war seine Bitte um Strafaussetzung zur Bewährung vergebens.

Verhandelt wurden zunächst vier Fälle, in denen der Angeklagte über Namen und Lieferanschrift einer früheren Arbeitskollegin, wenn auch unter Angabe der eigenen Email-Adresse und Kontonummer ein Mountainbike und andere Sportartikel im Gesamtwert von etwa 1700 Euro bestellt hatte. Da aber sein Konto leer war, hielten sich die Online-Händler an die vom Angeklagten benannte Adressatin, die nach Eingang erster Mahn- und Vollstreckungsbescheide den Vorgang an die Polizei weitergab. Inzwischen hat der Angeklagte sich bei den Händlern als eigentlicher Kunde zu erkennen gegeben und nach Aussage vor Gericht 300 Euro abbezahlt. "Wir unterstellen mal zu seinen Gunsten, dass dies so ist", meinte der Vorsitzende in seiner späteren Urteilsbegründung.

Weitaus schwerwiegender waren die anderen drei Betrugsfälle , deren Klärung die meiste Zeit der vierstündigen Verhandlung ausmachte. Im vergangenen Jahr hatte der in einem Kissinger Unternehmen als Aushilfe beschäftigte Frührentner einem Kollegen vorgegaukelt, über einen Werksangehörigen einen Campingbus als Jahreswagen für nur 22 500 Euro vermitteln zu können. Glaubhaft schien dies, da der Angeklagte vor Jahren tatsächlich in jenem Automobilwerk tätig war. Der Interessent überwies gutgläubig zunächst 18 500 Euro auf das Konto des Angeklagten . Später zahlte er weitere 6500 Euro als Anzahlung auf einen zweiten Bus auf dasselbe Konto ein. Schließlich überredete er sogar noch eine junge Kollegin zum Kauf eines Busses, die ihrerseits 7500 Euro an den Angeklagten überwies. Zu guter Letzt ließ sich noch ein Kollege von diesem angeblichen Schnäppchen-Angebot verleiten und überwies dem Angeklagten sogar die vollständige Kaufsumme. Erst als die zugesagten Liefertermine verstrichen und der Angeklagte sich in Ausreden flüchtete, flog der Schwindel auf und landete bei der Polizei . Dem Angeklagten wäre es zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen, einen solchen Campingbus zum genannten Preis zu liefern. Erst später zahlte der Angeklagte den drei Geschädigten in Summe 34 500 Euro zurück, doch bei den beiden Hauptgeschädigten blieben insgesamt 20 500 Euro noch offen.

Der Staatsanwalt sah die Schuld des Angeklagten als erwiesen, zumal dieser gestanden hatte und die Geschädigten als Zeugen den Sachverhalt bestätigt hatten. In Kenntnis der im Bundeszentralregister seit 1980 eingetragenen Vorstrafen in über 20 Fällen auch wegen Betruges und angesichts der Höhe der verhandelten Vermögensschäden, wobei er dem Angeklagten eine "hohe kriminelle Energie" bescheinigte, forderte er eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten, die Zahlung eines Wertersatzes von insgesamt 22 130 Euro sowie den Erlass eines Haftbefehls wegen möglicher Fluchtgefahr, da die Ehefrau aus dem Ausland stamme. Der Verteidiger verwies auf das Geständnis des Angeklagten , seine Entschuldigung bei den Geschädigten vor Gericht und seinen Willen, das restliche Geld zurückzahlen zu wollen und bat deshalb "um eine milde Strafe im bewährungsfähigen Bereich".

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach einstündiger Beratung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, einem Wertersatz von knapp 22 000 Euro und Übernahme der Gerichtskosten , wies aber den geforderten Haftbefehl zurück. "Der Umstand einer ausländischen Ehefrau reicht uns nicht zur Annahme der Fluchtgefahr", meinte der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. In Anbetracht seines aktuellen Schuldenstandes von 100 000 Euro und laufender Vollstreckungsbefehle, "haben wir bezweifelt, ob eine Wiedergutmachung überhaupt möglich ist". Die Autokäufer hätten es in ihrem Vertrauen und ihrer "Blindheit vor offensichtlichen Ungereimtheiten" dem Angeklagten auch leicht gemacht. Diesem bescheinigte der Vorsitzende in Anbetracht seines Vorstrafenregisters - "ein so langes Register lese ich selten vor." - generell eine "Neigung zu großzügiger Auslegung rechtlicher Vorschriften".

 
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