Sssssth! Ein hoher, fieser Ton in der Sommernacht, gerade wenn man am Einschlafen ist - wer kennt das nicht? Gefährlich kann es werden, wenn es ein Stich der asiatischen Tigermücke ist, die sich auch in unseren Regionen immer mehr verbreitet. Wir haben mit dem Würzburger Tropenmediziner Prof. Dr. August Stich darüber gesprochen, wie häufig die Tigermücke hier auftaucht, welche Krankheiten sie überträgt und wie es sich zu verhalten gilt.
Nur eine Frage der Zeit
Die gute Nachricht vorneweg: "In der Region Bad Kissingen ist mir ein Vorkommen der Tigermücke derzeit nicht bekannt", sagt Prof. Dr. August Stich, Chefarzt der Klinik für Tropenmedizin in Würzburg, "ich passe selbst immer auf, wenn mich eine Mücke sticht, aber bisher war es immer nur ihr Doppelgänger, die heimische Ringelmücke."
In Deutschland sei die kleine, schwarz-weiß gemusterte Stechmücke aber schon längst vertreten, beispielsweise in Süddeutschland, im Trierer Becken und in der Region Jena: "In Bad Kissingen ist es noch etwas kühler, aber im Maintal ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie dort ankommt."
Ausbreitung über Altreifen
Dabei ist Aedes albopictus, so der wissenschaftliche Name, durchaus flott unterwegs: über Autobahnen im Kühlergrill der Fahrzeuge oder mithilfe von ICE-Zügen erobert die Stechmücke seit den 90er Jahren Europa. Kurios: besonders der Handel mit Altreifen hat ihre Ausbreitung gefördert: "Das liegt daran, dass die Eier der Tigermücke sehr gut Trockenheit überstehen können", erklärt Prof. Stich, "die kleinen Pfützen, die in Altreifen oft entstehen, reichen an Feuchtigkeit aus und selbst wenn diese trockenfallen, bleiben die Eier länger aktiv als bei anderen Arten." Grundsätzlich gilt aber auch für die Tigermücke: je wärmer und feuchter desto besser. Deswegen ist der Einzug dieser Art eine klassische Folge des Klimawandels .
Überträger tropischer Viruserkrankungen
Doch warum ist die Tigermücke so gefährlich? "Sie ist ein sogenannter "Kompetenter Vektor" für tropische Viruserkrankungen ", so der Tropenmediziner , das heißt ein lebender Organismus, der Krankheitserreger überträgt. Und diese haben es in sich: das Zika-, das Chikungunya- und das Dengue-Virus können die Quälgeister beispielsweise übertragen.
"Diese typischen Reiseerkrankungen wurden schon in Italien, Spanien und Süd-Frankreich durch die Tigermücke auf den Menschen übertragen. In Deutschland noch nicht, weil es bisher keine flächendeckende Verbreitung dieser Mückenart gibt. Aber es bestehen schon stabile Populationen, die hier überwintern", erläutert Stich.
Klimawandel ernst nehmen
Dennoch solle man die Gefahr von Infektionskrankheiten nicht zu hoch aufhängen, denn Allergien, Lungenkrankheiten und Hitzetote seien hierzulande viel häufigere Gefahren des Klimawandels . "Die Tigermücke profitiert von den sich wandelnden Umweltbedingungen bei uns. Daran erkennt man, dass der Klimawandel real ist, und das müssen wir ernst nehmen. Wir sind die letzten Menschen, die den Klimawandel sehen und spüren und trotzdem noch etwas dagegen tun können. Die nachfolgenden Generationen können nur noch reagieren", appelliert der Fachmediziner.
Für den Alltag empfiehlt der Experte Anti-Insekten-Sprays, die Icaridin oder Diethyltoluamid (DEET) als Grundlage enthalten. Außerdem sollten Brutstätten in der Nähe von Haus und Wohnung vermieden werden, also Regenfässer, Gießkannen oder sonstiges stehendes Wasser, wo Mücken gerne ihre Eier ablegen. Wer möchte, kann eingefangene Exemplare einschicken. Weitere Informationen gibt es unter: www.mueckenatlas.com
Übrigens: die gefürchtete Tigermoskito ist neben ihrer auffälligen Schwarz-Weiß-Musterung daran zu erkennen, dass sie sehr aggressiv ist und meist mehrfach zu sticht. Außerdem ist sie relativ leise und tagaktiv. Wenn dann nachts wieder das hohe, fiese Ssssth! kommt können wir wenigstens beruhigt sein - eine Tigermücke ist es nicht.