
Das geschieht nicht jeden Tag: die Geburt eines Kindes im Rettungswagen. Am Nikolaustag erblickte der kleine Hannes in den frühen Morgenstunden an einer Straßeneinmündung im Landkreis Bad Kissingen das Licht der Welt.
Jasmin und Jens Weingart, die Eltern des Neugeborenen, hatten zwar erwartet, dass die Geburt schnell vonstattengehen würde, aber es überraschte sie doch, als klar wurde, dass sie es nicht mehr rechtzeitig zum Campus nach Bad Neustadt schaffen würden.
Die Fruchtblase war geplatzt
Jens Weingart erinnert sich genau an die Uhrzeiten. „Um 5.50 Uhr platzte die Fruchtblase“, berichtet er. Sofort informierte er die Geburtsstation in Bad Neustadt, alarmierte das Rote Kreuz und bat um einen Notarzt, da ihr erstes Kind bereits anderthalb Stunden nach dem Blasensprung zur Welt kam.
„Ich hatte bereits damit gerechnet, dass es wieder schnell gehen könnte“, fügt Jasmin Weingart hinzu.
Vor dem Platzen der Fruchtblase hatte sie keine Wehen verspürt. Die Möglichkeit, die Geburt eigenständig im Auto zu bewältigen, wollten sie nicht riskieren, zumal die Witterung nasskalt und stürmisch war.
Die Hebamme am Telefon
Um Zeit zu gewinnen, machten sie sich selbst auf den Weg zur Klinik. „Dreimal habe ich unseren Standort der Leitstelle mitgeteilt“, erzählt Jens Weingart. „Ich hatte telefonischen Kontakt mit der Hebamme , aber bei dem Gedanken, dass wir den Rettungswagen nicht rechtzeitig treffen könnten, wurde mir schon etwas mulmig.“
An einer Straßeneinmündung trafen sie den Rettungswagen. Es war nicht mehr viel Zeit. „Ich hatte nach dem Blasensprung kontinuierlich Wehen“, erinnert sich Jasmin Weingart.
Notfallsanitäterin im Einsatz
Sina Kaim, Notfallsanitäterin, und Philipp Kiesel, Rettungssanitäter, waren bereits im Voraus darüber informiert, dass sie zu einer Geburt gerufen wurden. Der Einsatz lautete auf „beginnende Geburt“, und sie erhielten die Zusatzinformation, dass das erste Kind schon sehr schnell geboren wurde.
„Ich hatte bereits damit gerechnet, dass es mit dem zweiten Kind auch schnell gehen könnte. Mental waren wir vorbereitet, dass wir es nicht in die Klinik schaffen und das Kind im Rettungswagen geboren wird“, erklärt Sina Kaim.
Um 6.28 Uhr war Hannes da
Als sie zu dem Paar kamen, war ungewiss, ob es überhaupt möglich wäre, Jasmin Weingart rechtzeitig in den Rettungswagen zu bringen. „Ich hatte schon Sorge, dass das Kind direkt kommt, wenn sie aufsteht“, beschreibt Kaim die Situation.
Notfallsanitäterin Sina Kaim schaffte es gerade noch, die werdende Mutter in den Rettungswagen zu bringen. „Zwei, drei Minuten später wurde Hannes geboren. Das war um 6.28 Uhr“, strahlt Jasmin.

Notfallsanitäterin ist selbst Mutter
Für die Notfallsanitäterin war es die zweite Geburt im Rettungswagen in elf Jahren Dienstzeit. „Geburt ist üblicherweise kein Schwerpunkt in der Ausbildung und es gibt kein Praktikum in der Gynäkologie.“ Da sie selbst Mutter von drei Kindern ist, griff sie auf ihre eigenen Erfahrungen zurück.
Alle Beteiligten sind erleichtert, dass die Geburt ohne Komplikationen verlief. Kaim betont, dass eine Beckenendlage oder eine Frühgeburt deutlich risikoreicher gewesen wären. Hannes entschied sich jedoch dafür, am errechneten Geburtstermin nicht im Kreißsaal, sondern im Rettungswagen des Roten Kreuzes geboren zu werden.
Zweiter Rettungswagen fürs Baby
Nachdem Mutter und Kind versorgt waren, wartete die junge Familie zusammen mit den Rettungskräften auf einen zusätzlichen Rettungswagen. Kaim erklärt: „Es war nicht möglich, Mutter und Kind gemeinsam zu transportieren.“
Aus Schweinfurt musste ein Rettungswagen angefordert werden, in dem ein Neugeborenes sicher untergebracht werden konnte. Als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme begleitete auch ein Kinderarzt die Fahrt.
Damit Mutter und Kind nicht getrennt werden, ging die Fahrt nicht weiter nach Bad Neustadt, sondern nach Schweinfurt. Nach drei Tagen konnten sie die Klinik verlassen und zu Hause das Abenteuer gemeinsam verdauen.
Dankbarkeit überwiegt
Welcher Ort ist nun auf der Geburtsurkunde vermerkt? Tatsächlich wird als Geburtsort die präzise Straßenbezeichnung angegeben. Obwohl sich die Geburt auf dem Gebiet der Stadt Bad Kissingen ereignete, erfolgte die Beurkundung in Schweinfurt. Der Grund: Weil die Mutter den Rettungswagen in Schweinfurt verlassen hat.
Weingarts sind dankbar und glücklich, dass sie über das Rote Kreuz und von allen beteiligten Personen so unkomplizierte und professionelle Unterstützung bekamen. „Ich war froh, dass eine Frau, die selbst auch Mutter ist, mir zur Seite stand“, fasst Jasmin Weingart zusammen.
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