Das letzte Jahrzehnt war eher geprägt von neuen Ideen, durch die Allianz Oberes Werntal , das interkommunale Gewerbegebiet A71 und die Digitalisierung in Rathaus, Schulen und öffentlichen Gebäuden. Vier Gemeinderäte - jeder aus einem anderen Ortsteil - haben von ihrer Zeit im Gemeindeparlament erzählt.
Paul Bernhard Küthe aus dem Gemeindeteil Oerlenbach war einer der Gemeinderäte , der mithalf, Gräben zwischen den Dörfern zu überwinden. Zwischen 1984 und 2008 saß er im Ratsgremium und erlebte Karl Karch, den ersten Bürgermeister der neuen Großgemeinde, bei seiner Arbeit. Küthe sah in Karchs credo "mal vier und durch vier" einen Schlüssel zum Gelingen der skeptisch beäugten Reform. Karch habe die Richtung vorgegeben und sei ihm und dem Gemeinderat gelungen, die Teile zusammenzuführen.
Deshalb ist es für Paul Küthe auch kein Widerspruch, wenn bei den Kommunalwahlen die Kandidaten immer noch in vier Ortslisten aufgestellt werden, wenn die Dörfer so ein Stück Eigenleben behalten haben. Er sieht heute kaum noch Gegensätze in der Bevölkerung und freut sich, dass das Kirchturm-Denken, das noch lange zu spüren war, überwunden ist.
Neben den Vertretern der vier Ortsteile lobt Küthe auch den Grenzschutz, jetzt Bundespolizei. Die Polizisten hätten sich integriert, würden meist ehrenamtlich in den Vereinen helfen, und einige seien sogar als Ratsmitglieder auch in den Gemeinderat gewählt worden. Im Rückblick sei das Ziel der Gebietsreform voll aufgegangen, meint Küthe: Oerlenbach stehe als Großgemeinde bestens da, die Arbeit, die mit Karl Karchs Überzeugungsprojekt "Mal vier- durch vier" begann, habe sich gelohnt.
Küthe ist Träger der Bürgermedaille, das verbindet ihn mit Robert Erhard, der 26 Jahre lang den Gemeindeteil Rottershausen im Gemeinderat vertrat. Er war kritischer Förderer von vielen Themen und interessierte sich auch für die gemeindlichen Finanzen; das Zahlenwerk der Kommune hat ihn als Diplomkaufmann schon immer in den Bann gezogen. Robert Erhard ist heute Geschäftsführer einer großen Firma und freut sich, dass sich Oerlenbach auch finanziell bestens entwickelt hat. Er verweist auf die Finanzkraft der Großgemeinde. Nicht nur, aber auch im Bereich der Gemeindekasse, habe man früher die Basis für heutige Erfolge gelegt, betont der ehemals 3. Bürgermeister.
In Erhards Amtszeit fiel auch die Gestaltung des Rathausplatzes in Oerlenbach und die Festscheune Eltingshausen , beides Projekte für die Bürger, die davon nachhaltig profitierten. Die Verbindung mit der Bundespolizei sei stets gewachsen, die beiderseitige Akzeptanz gestiegen. Robert Erhard erinnert sich gerne an Veranstaltungen mit und bei der Bundespolizei. Besonders freue es ihn, dass die Gemeinde in Sachen Digitalisierung bestens aufgestellt ist. Zu seiner Zeit habe sich die IT gerade entwickelt.
Stefan Karch ist seit 2008 im Gemeinderat , der jüngste der befragten Kommunalpolitiker. Auch sein Gemeindeteil Eltingshausen habe sich in den letzten fünf Jahrzehnten positiv entwickelt, und die Eltingshäuser seien schon lange weg vom Kirchturmdenken. Er freut sich über die jüngsten Entscheidungen im Gemeinderat , auch über das Neubaugebiet Thüringer Straße und den kommenden Neubau des Kindergartens. Stefan Karch bemerkt noch - mit einem Augenzwinkern - dass die Hegler-Halle, der Veranstaltungsort, noch zu Eltingshausen gehöre, das Ortsschild von Oerlenbach ist einige Meter entfernt angebracht.
Manfred Greubel sitzt zum zweiten Mal im Gemeinderat . Von seiner Erfahrung profitiert oft das ganze Gremium, wenn er sich an frühere Entscheidungen und deren Hintergedanken erinnert. Mehrere Jahre war Greubel nicht im Sitzungssaal dabei, inzwischen hat er wieder Sitz und Stimme. Greubel interessiert sich besonders für Fragen der Landschaftspflege und nennt als wichtige Entscheidungen auch die zur Kreismülldeponie im nahen Wirmsthal. Bürgermeister Sigfried Erhard, mit dem er lange zusammenarbeitete, lobt er für dessen klare Kante, wenn es um Baugebiete ging: Die Gemeinde kauft den Grund und vermarktet ihn. In Oerlenbach müssen Bauwerber eine Kaution hinterlegen, um die Ernsthaftigkeit ihres Wunsches zu unterstreichen. Bei den erfolgreichen Umsetzungen nennt Greubel die zweigeteilte Wassergebühr. Die Gemeinde sei eine der ersten gewesen, die zwischen Brauchwasser und Oberflächenwasser unterschied. Und er erinnert sich auch, dass er mit einer Normenkontrollklage, soweit ging der Rechtsstreit damals, ein investorengewolltes Baugebiet in seiner Nachbarschaft abwehren konnte.