
„Es ist ein Teufelskreislauf“, sagt Heike Fürst vom „Café M“ in Bad Brückenau und meint damit die Wiedererhöhung der Mehrwertsteuer auf Speisen von sieben auf 19 Prozent und ihre Folgen.
„Wenn das wirklich kommt, müssen wir die Preise erhöhen. Wenn die aber steigen, kommen weniger Gäste oder sie bleiben ganz weg. Dann bleibt weniger Verdienst für den Gastronomen.“
Momentan laufe das „Café M“, das im Staatsbad gelegen ist, wie immer: „Die Sommermonate sind gut, die Wintermonate schlecht.“ Trotzdem bleibe die Angst vor der Mehrwertsteuer-Erhöhung. Die würde Heike Fürst hart treffen: „Man weiß ja nicht, wie die Gäste reagieren. Am Essengehen wird als erstes gespart.“
Sieben Prozent nur noch bis Ende des Jahres
Vor der Corona-Pandemie lag der Mehrwertsteuersatz für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bereits bei 19 Prozent. Um die Gastronomen während der Pandemie zu entlasten, beschloss die Politik nur noch sieben Prozent zu erheben. Diese Regelung läuft mit Ende des Jahres 2023 aus.
„Während der Pandemie mussten schon genug Betriebe schließen“, sagt Heinz Stempfle, Vorsitzender der Kreisstelle Bad Kissingen im Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), „wenn die Erhöhung der Mehrwertsteuer kommt, wird es noch mal einschlagen, das ist doch klar.“
Der Deutsche Dehoga-Verband zeichnet ein drastisches Bild auf: Eine aktuelle Umfrage habe ergeben, dass bundesweit rund 12.000 Betriebe schließen müssten. Deswegen wurde eine Petition gegen die Steuererhöhung gestartet.
Eine Pleitewelle in der Gastronomie des Landkreises Bad Kissingen befürchtet Heinz Stempfle nicht, aber: „es werden wieder Betriebe das Handtuch schmeißen müssen. Die Preise haben ja bereits angezogen, wenn es dann noch teurer wird – wer will denn da noch essen gehen?“
Gäste schauen auf den Preis
Das veränderte Verhalten der Gäste aufgrund der höheren Preise bemerkt auch Roswita Henkelmann vom Hotel Tilman in Münnerstadt bereits jetzt. „Die Gäste wählen die günstigeren Gerichte in der Preiskategorie bis 18,50 Euro. Alles, was teurer ist, wird schwierig. Das Rumpsteak ist dann weniger gefragt.“
Die Preise bei Erhöhung der Mehrwertsteuer noch mehr anzuheben, sei für sie ein Ding der Unmöglichkeit: „Das wird sich auf jeden Fall negativ auf unseren Betrieb auswirken“, sagt die 61-Jährige. Mit dem jetzigen Steuersatz kommt Roswita Henkelmann gut zurecht, „da kann man mit leben.“
Gerichte rund zwei Euro teurer
Im Bayerischen Hof in Bad Kissingen laufe es derzeit sehr gut, sagt Inhaber Christian Dösch. „Wir sind gut besucht, man sollte einen Tisch reservieren.“
Eine Mehrwertsteuer-Erhöhung sieht er mit Sorge: „Ich erwarte zwar keine Einbußen, weil wir eines der wenigen Restaurants mit deutscher Küche in Bad Kissingen sind. Aber man weiß nicht, wie es sich entwickelt.“
Das oft bestellt Florianstöpfchen mit Schweinefilet in Pilzrahmsoße, Spätzle und Beilage würde dann statt 19,50 Euro rund zwei Euro mehr kosten. „Das ist natürlich auch abhängig von den Fleischpreisen.“ Am meisten machen ihm aber die gestiegenen Lohnkosten zu schaffen.
Ein „Kreislauf des Zahlens“ bestehe zurzeit, sagt Konstantin Papadopoulos, Geschäftsführer von Manolis, zu der auch das Emmanuels in Bad Kissingen gehört. „Alle Preise steigen, auch für Gastronomen wird alles teurer. Essen gehen wird zum Luxusprodukt.“
Er habe großen Respekt für alle Betriebe, die durchhalten, „aber es werden immer weniger und die, die es noch gibt, sind zu Stoßzeiten überlaufen.“
Auch ihn würde die Steuererhöhung treffen. „Die Gastrobetriebe, die schon eine gewisse Zeit in Bad Kissingen sind, laufen gut. Aber für jeden geht es um die Existenz.“ Er hofft, dass die Gastronomen von der Politik gehört werden.
Politik positioniert sich
Dorothee Bär, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, möchte, dass Gaststättenbesuche bezahlbar bleiben:
„Die Belastung für unsere Unternehmen muss drastisch sinken. Für unsere Gastronomie bedeutet das: die sieben Prozent Mehrwertsteuer müssen dauerhaft bleiben. Unsere Heimat ist ein Touristenmagnet, unsere Staatsbäder leben vom Tourismus. Die vergangenen Jahre waren für Hotels und Gaststätten schwierig genug.“
Und wie sehen Regierungsvertreter die Chancen zur Beibehaltung der sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen?
„Der Bundesfinanzminister hat im Haushaltsentwurf keinen Spielraum für eine Verlängerung der Steuerhilfen für die Gastronomie vorgesehen“, sagt Manuela Rottmann, Bundestagsabgeordnete der Grünen, auf Anfrage dieser Redaktion. „Die Abgeordneten der Koalition werden aber im Lichte der Steuerschätzung prüfen, ob der abgesenkte Mehrwertsteuersatz verlängert werden kann. Gerade die Erleichterung der Arbeitsaufnahme für Geflüchtete und die Entbürokratisierung sind wesentliche Maßnahmen, um dem Arbeitskräftemangel in der Gastronomie zu begegnen und die Betriebe dauerhaft zu entlasten.“
Sabine Dittmar (SPD) betont, dass dieses Thema aktuell noch in den Haushaltsberatungen diskutiert wird:
„Nachdem der Haushalt im Bundestag erstmals behandelt wurde, laufen derzeit die Beratungen in den Ausschüssen und zwischen den Finanzpolitikern der Koalition. Dabei steht auch die Mehrwertsteuer-Erhöhung in der Gastronomie auf der Agenda. Für die endgültige Entscheidung in dieser Steuerfrage wird die Steuerschätzung im November ein wichtiger Faktor sein.“
Wie es der Gastronomie im Landkreis geht, lesen Sie auch hier:
Jeder Arbeitnehmer hat weniger - der selbständige Gastwirt hat seine Verdienststeigerung voll in die Kalkulation eingebracht.
Defacto geht es um die Rückkehr zur alten MWSt, bedingt und zeitlich begrenzt durch die Pandemie. Die ist nun mal vorbei.
Natürlich ist es für die Gastro logisch , dass Sie sich dieser Weitergabe an die Gäste und die Diskussion darüber sparen wollen. Aber es ist doch im Endeffekt eine Subventionierung von Gästen, die eh genug Geld haben um öfters in die Restaurants zu gehen. Denen ist es wurst ob das Schnitzel 1,50 Euro mehr oder weniger kostet. Und diesen Leuten braucht man nicht noch die niedrige MWSt zu schenken.
Die Politik sollte darüber nachdenken wie sie zielgenau mit den Einnahmen umgeht, damit Familien gefördert werden, die dann doch mal essen gehen können.
Und die Betriebe von unnützen Vorschriften und Bürokratie entlasten, damit weniger Zeit im Büro verplemert wird.
Die Gastronomie hat die gesenkte Mehrwertsteuer i.d.R. nicht an die Kundschaft weiter gegeben. Die Preise sind bei gesenktem Steueranteil gleich geblieben.
Somit war die Mehrwertsteuer-Senkung eine Subvention für die Gastronomie. Was für mich in Ordnung ist, so war es auch gedacht.
Ebenso wenig verstehe ich das Gejammer der Wirte. Letztendlich wird nur der Vorpandemie-Zustand wiederhergestellt. Dass insgesamt alles teurer wird, aufgrund von Preissteigerungen und Beschaffungs- und Lohnkosten, ist nun mal leider so, das merken wir selbst bei jedem Einkauf, hat mit der Mehrwertsteuer aber erstmal nichts zu tun.
Liest niemand die Artikel die hier veröffentlicht werden.