"Earthen Smiles" verwandelten die Bad Brückenauer Galerie Form + Farbe in einen Pariser Jazzkeller der 70er Jahre. Feinfühliger Vocal Jazz mit Tiefgang war angekündigt, und der Abend hielt, was versprochen wurde.
Der Anspruch war hoch, manch einer hat sich nicht in die Galerie gewagt - aber wie eine begeisterte Zuhörerin, selbst Musikerin, in der Pause sagte: Manche Musikgenres haben drei Akkorde und 5000 Zuhörer, dieser Jazz hat 5000 Akkorde....und - naja, nicht nur drei Zuhörer, aber mehr als 25 Besucher kamen nicht zu dem jungen Jazz-Duo aus Würzburg. Dass die Veranstalter zusammen mit dem Kunsthaus e.V. gerade auch unbekannten jungen Musikern eine Chance geben, hat sich dennoch als voller Erfolg erwiesen.
Oliver Hermann ( Gesang und Bass) begrüßte mit den Worten "Sie haben hoffentlich keinen lustigen Abend erwartet. Sie können jetzt mit uns in Selbstmitleid baden, sich ganz der Melancholie hingeben und in Herbststimmung versinken", was mit David Bowies "The Loneliest Guy" dann auch sehr schnell gelang. Reagierte das Publikum beim ersten Stück noch etwas verhalten, so kam doch sehr bald eine Stimmung auf, erfüllt zunächst von gespannter Erwartung, dann Erstaunen und sehr bald einhelliger Begeisterung.
Tempi und Tonstärke in Perfektion
Da standen zwei junge unprätentiöse Musiker ohne Schnickschnack auf der Bühne und beeindruckten wie Altmeister des Jazz . Wirkte die Performance zu Beginn noch ein wenig angestrengt, so faszinierte bald die sehr akzentuierte, mal glasklare, mal rauchige, mal sanft-melancholische Stimme von Oliver Hermann. Tempi und Tonstärke variierten in Perfektion, die Klänge kamen mal raumfüllend, mal lyrisch leise und sanft beim Publikum an.
Das technisch großartige und feinfühlige Pianospiel des Musikhochschulabsolventen Hannes Hirth zog die Zuhörer in den Bann. Er spielte drängende laute Passagen genauso hervorragend wie lethargisch anmutende, leise und geschmeidige, schien mit seinem Piano zu verschmelzen und das Publikum gar nicht mehr wahrzunehmen.
Locker moderiert
Oliver Hermann dagegen spielte mit dem Publikum, indem er erfrischend locker moderierte, fast schelmisch manches Werk als "ganz wunderbar trübsinnig und skeptisch" ankündigte, bescheiden bat "hoffentlich gefällt Ihnen das Stück von Sting/Kenny Kirkland nun auch interpretiert von uns" oder die Zuhörer mit einem "relativ hoffnungsvollen" Song in die Pause schickte - um danach gleich zu revidieren: "Zu hoffnungsvoll wollen wir aber nicht werden, mit dem folgenden Lied kann man ganz herrlich verzweifeln."
Ob mit Mal Waldron/John Coltranes " Soul eyes", Nick Drakes "Things behind the sun", Hall&Oates "Wait for me", Chet Bakers "You dont know what love is", "Search for peace" von McCoy Tyner oder eigenen Arrangements - Earthen Smiles ließen das Publikum spüren, wie schön Melancholie sein kann. Zum Ende gab es Herbie Hancocks "Dolphin dance" und "The peacocks" - und ein schon fast enttäuschend "leichtes" Stück als Zugabe, denn "wir wollen Sie am Ende etwas versöhnt nach Hause gehen lassen".
Puppenspieler
Die nächste Veranstaltung in der Galerie findet bereits am Samstag, 12. Oktober., 19.30 Uhr statt - mit dem Puppenspieler Thomas Glasmeyer und "Rigoletto". red