Mehr Geld gibt es für die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter im Freistaat zur neuen Saison. Und dafür musste die Zunft nicht einmal auf die Straße zum Protest. Auch so war klar, und das seit Jahren, dass etwas passieren musste aufgrund sinkender Zahlen.
„Um dem zunehmenden Mangel im Jugend- und im niederklassigen Amateurbereich wirkungsvoll entgegenzutreten, sind die nach jahrelanger akribischer Vorarbeit einstimmig beschlossenen Maßnahmen ein überfälliger Schritt. Die Anpassung der Spesen kann aber nur der Anfang sein, denn insbesondere der Umgang und die Anerkennung der Leistungen der Unparteiischen spielt bei Gewinnung und Erhalt neuer Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen eine entscheidende Rolle, nicht nur das Geld“, sagt BFV-Präsident Christoph Kern.
Eine markante Erhöhung
Unparteiische erhalten ab der Saison 2023/24 durchschnittlich 52,93 Euro statt bisher 33,62 Euro pro Spielleitung. Der Spesensatz für Assistenten und Assistentinnen wird im Mittel von 25,83 Euro auf 36,11 Euro angehoben. Mehr Geld erhalten außerdem die für die Ausbildung und eine kontinuierliche Betreuung wichtigen Beobachter, Coaches und Paten. „Die Anhebung der Spesen hat der Vorstand des Bayerischen Fußball-Verbandes ( BFV ) einstimmig beschlossen. Dem Beschluss vorausgegangen war ein bereits vor fünf Jahren angestoßener Prozess unter enger Miteinbeziehung der Vereine“, heißt es in einer Pressemitteilung des Verbandes. Eingeflossen seien dabei die Ergebnisse der im Januar und Februar 2023 vom Nürnberger Sportmarktforschungsunternehmen SLC Management durchgeführten Umfrage mit 2659 Teilnehmenden.
Ebenfalls überarbeitet wurde die Ausfallgebühr bei Nicht-Erfüllung der Sollzahl, wonach Vereine gemäß des Solidaritätsprinzips eine bestimmte Zahl an Schiedsrichtern stellen müssen. Der Kostenersatz pro fehlendem Referee beträgt künftig einheitlich 120 Euro , unabhängig von der Spielklasse. Neu ist zudem, dass Vereine für Herren-, Frauen- sowie Nachwuchs-Mannschaften, bei denen ein Schiedsrichter-Gespann zum Einsatz kommt, künftig entsprechend pro Team auch drei Unparteiische stellen müssen.
Alexander Arnold glaubt an einen Werbe-Effekt
„Auf den ersten Blick erscheint die Erhöhung sehr großzügig, aber für den Zeitaufwand ist diese auf jeden Fall angemessen. In Österreich sind die Spesen beispielsweise immer noch deutlich höher“, sagt Alexander Arnold. Der Obmann der Schiedsrichtergruppe Bad Kissingen hat bereits positive Reaktionen von Seiten der Rhöner Schiedsrichter bekommen. „Schön, dass die Schiedsrichter wertgeschätzt werden und dies nun mit der Spesenerhöhung verdeutlicht wird. In allen Gesprächen war die Freude über die deutliche Erhöhung zu spüren“, so Arnold.
Der Bayernliga-Schiedsrichter hat berechtigte Hoffnung, dass diese Nachricht einen Werbe-Effekt hat. „Ein Taschengeld zu verdienen, war schon immer eine Motivation. Wir versuchen die Spesenerhöhung schnellstmöglich publik zu machen, um so den ein oder anderen darauf aufmerksam zu machen. Unser nächster Lehrabend findet am 3. April um 19 Uhr im Sportheim der DJK Reith statt, zu dem Interessenten gerne eingeladen sind“, sagt der Langenleitener.
Gute Zuschauerzahlen helfen bei der Finanzierung
Auch wenn sein Verein die deutliche Anhebung der Spesen spüren wird, hält Günter Schneider die Anpassung für überfällig. „Ich war selbst über 40 Jahre Schiedsrichter . Der Zeitaufwand ist für ein Hobby enorm. Dazu kommen Lehrabende und Fortbildungen. Ganz zu schweigen von all dem, was sich die Schiedsrichter auf den Platz anhören müssen“, sagt der Abteilungsleiter der DJK Schondra , deren Erste Mannschaft in der Kreisklasse spielt, während die Reserve als Spielgemeinschaft in der A-Klasse kickt. Der Verein aus der Rhön wird zur neuen Saison etwa 500 Euro mehr an Schiedsrichter-Kosten berappen müssen, Testspiele nicht mitgerechnet.
„Wir müssen das im Verein akzeptieren und ich glaube nicht, dass negative Kommentare kommen. Wobei man sagen muss, dass wir in Schondra immer gute Zuschauerzahlen haben und das vielleicht besser auffangen können als andere Vereine“, sagt Schneider. Auch künftig wird es so sein, dass der Schiedsrichter nach dem Spiel sein Geld bar auf die Hand bekommt und unabhängig von seiner Leistung auch umfassend von der DJK betreut wird.
Wolfgang Werner: ein zum Teil unsensibles Vorgehen
Wolfgang Werner findet ein Mehr für die Schiedsrichter absolut angemessen angesichts des nicht unerheblichen Aufwandes. Aber Kritik am Prozedere des Verbandes übt der Vorstand des FC 06 Bad Kissingen dennoch: „Dass in manchen Bereichen die Erhöhung auf einen Schlag fast 100 Prozent beträgt, finde ich ein eher unsensibles Vorgehen, das ist ja deutlich mehr als ein Inflationsausgleich.“ Etwa 2000 Euro mehr wird der Verein zur neuen Saison für die Schiedsrichter aufwenden müssen.
„Auch der Bayerische Fußballverband sollte überlegen, in welchen Bereichen er sparen kann. Unser Verein zahlt gerne mehr für die Schiedsrichter , aber ich erinnere daran, dass wir alleine 400 Euro pro Saison für die Meldung als Bezirksligist an den Verband zahlen. Dazu kommen die IT-Pauschale in Höhe von 250 Euro und etwaige Strafen, wenn man keinen Liveticker hat oder ein Ergebnis nicht pünktlich meldet“, so Werner.
Der Bayerische Fußballverband kämpft gegen den Trend
In Bayern ist die Zahl der Unparteiischen seit der Jahrtausendwende um nahezu 30 Prozent gesunken. Waren es im Jahr 2000 noch 13.379 aktive Schiedsrichter *innen, stehen aktuell im Freistaat nur noch knapp 9700 Referees regelmäßig auf dem Platz und übernehmen Verantwortung. Den Amateurfußball stellt das zunehmend vor Probleme. Diesem Trend will der Bayerische Fußball-Verband ( BFV ) wirkungsvoll entgegenwirken. Bereits 2018 hatte der BFV bayernweit sämtliche Vereinsvertreter zur Teilnahme an insgesamt 23 „Runden Tischen“ aufgerufen. Das Ergebnis und der Auftrag der Basis waren eindeutig: Auch an der Spesenschraube muss gedreht werden.
Die Inflation trifft auch die Schiedsrichter – gerade und vor allem im Hinblick auf die Fahrtkosten, die sich nach dem unveränderten steuergesetzlichen Rahmen richten und trotz gestiegener Sprit-Preise aktuell „nur“ mit 30 Cent je gefahrenem Kilometer abgerechnet werden können. Fährt das Gespann zusammen in einem Auto, können 35 Cent abgerechnet werden. Je nach Spielklasse ist die Strecke der einfachen Fahrt gedeckelt. So können in der Kreisliga der Herren beispielsweise maximal 100 Kilometer an einfacher Fahrtstrecke abgerechnet werden, bei den Juniorinnen und Junioren sind es 50 Kilometer. Dies gilt auch dann, wenn die tatsächliche gefahrene Strecke größer ist.