Intendant Alexander Steinbeis hat nicht zu viel versprochen. Das erste der „kleinen Konzerte“ im Rossini Saal ist eine nachhaltige Steilvorlage für dieses Format im Rahmen des Kissinger Sommers. Wie die melodiöse Viola auf Deutsch zur – lautmalerisch eher sperrigen – Bratsche werden konnte, und die „ Bratscher “ Zielscheibe der Musikerwitze sind, mag verwundern, klingt die etwas größere Geige doch voll, weich, dunkel wunderbar melancholisch und etwas rauchig.
Seine Liebe zu eben dieser Viola hat der in London geborene Twen Timothy Ridout bei einem Schulkonzert entdeckt, als ein Bratschenlehrer „Hedwig’s Theme“ aus dem Harry-Potter-Soundtrack vorgetragen hat. Ausgebildet in der Royal Academie of London hat es ihn dann in die Kronberg Academie, der hoch angesehenen Talentschmiede für Violine und Co. im nahen Taunus, gezogen. Dort hat Nobuco Imai seinen Weg zum internationalen Star geprägt. Vielfach ausgezeichnet und gefördert, darf er auf einem wahren Goldstück, einer „Zanetto“ Viola aus dem 16. Jahrhundert spielen und Steinbeis umschreibt sein Talent, das das Publikum später als sensationell bezeichnet.
Partner im Geiste
Wunderbar klar nimmt er die C-Moll Sonate des Wilhelm Friedemann Bach , so leicht, als wäre sie etwas zum Einspielen. Als Partner am Flügel: Federico Colli, ausgebildet in Mailand und Salzburg, gleiche Generation, zieht mit, lässt sich auf die Ideen Ridouts ein, ist Partner im Geiste, und so wird die eigentlich für Basso continuo und Viola geschriebene Sonate zum hochspannenden, dennoch klangschönen Erlebnis.
Johannes Brahms ’ e-Moll Sonate - für Violoncello und Klavier geschrieben, hat Ridout für sein Instrument die Viola arrangiert und es ist ihm eine Herzensangelegenheit. Er spielt es verinnerlicht mit geschlossenen Augen, lässt das eingängige Thema des ersten Satzes intensiv aufleuchten und zieht im Allegro des 3. Satzes alle Register seines Könnens.
So eingespielt freut sich das Publikum im Rossini Saal auf Schumanns Märchenbilder und folgt den wunderschönen Melodienfolgen von der Morgenstimmung bis zu Dornröschens Dornenhecke aufmerksam. Der Applaus steigert sich nochmals, auch ohne Höchstschwierigkeiten. Ridout und Colli können eben auch Romantik.
Von allem etwas
Mendelssohn Bartholdys c-Moll Sonate hat von allem etwas. Eine Fülle schöner Melodien, aber auch wilde Parforceritte auf Tasten, die Colli so richtig genießt und den Viola-Saiten die Ridout traumwandlerisch erklingen lässt. Der Jubel will kein Ende nehmen, mit einer Brahms-Zugabe danken die sympathischen Künstler und Timothy Ridout verabschiedet sich: „Es war eine große Freunde hier im Kissinger Sommer zu spielen.“ Er hat in Kronberg also nicht nur Musik gemacht, sondern auch perfekt Deutsch gelernt! Hochbegabt eben.