zurück
Bad Königshofen im Grabfeld
Fühlen, wie die Bienen arbeiten
Blinde haben in Königshofen die Möglichkeit, zu ertasten wie Bienen arbeiten. Mitinvolviert war daran auch die Sparkasse Bad Neustadt.
Nach diesen Vorlagen werden in Berlin von der Künstlerin Bärbel Rothhaar die Tontafeln entworfen, auf denen Blinde dann das Leben der Bienen ertasten können. Foto: Hanns Friedrich       -  Nach diesen Vorlagen werden in Berlin von der Künstlerin Bärbel Rothhaar die Tontafeln entworfen, auf denen Blinde dann das Leben der Bienen ertasten können. Foto: Hanns Friedrich
| Nach diesen Vorlagen werden in Berlin von der Künstlerin Bärbel Rothhaar die Tontafeln entworfen, auf denen Blinde dann das Leben der Bienen ertasten können. Foto: Hanns Friedrich
Hanns Friedrich
 |  aktualisiert: 17.08.2022 04:50 Uhr

Ein bislang in Bayern einmaliges Projekt startet der Imkerverein Bad Königshofen mit drei Schautafeln aus Ton, auf denen blinde und sehbehinderte Menschen die Arbeitsweise und die Biene selbst ertasten können.

2000 Euro kosten diese Relieftafeln, die die Sparkasse Bad Neustadt mit einer Spende finanziert. Große Freude deshalb bei Markus Gütlein, Vorsitzender des Imkervereins Bad Königshofen und seinem Stellvertreter Johanes Gräter, als Sparkassen-Gebietsdirektor Peter Lindemann den Scheck überreichte. "Nun können wir die drei Tafeln bei der Künstlerin Bärbel Rothhaar in Berlin in Auftrag geben und diese dann sofort einsetzen", sagt Johannes Gräter. Zum einen geht es um den "Bienentanz", zum anderen um die Brutwabe und letztendlich die Biene selbst. "Die Tafeln sind so gestaltet, dass ein blinder Mensch durch die Erhebungen oder Vertiefungen das vor ihm liegende Bild, das er ja nicht sehen kann, ertastet", erklärt Markus Gütlein.

Über Professor Jürgen Tautz, Hochschullehrer und Bienenexperte an der Universität in Würzburg, der seit Jahren mit dem Bienenzentrum Bad Königshofen zusammenarbeitet, wurde der Kontakt zur Künstlerin Bärbel Rothhaar hergestellt. Sie lebt und arbeitet in Berlin und zwar an der Schnittstelle zwischen Kunst und Natur in verschiedenen Ausdrucksformen. Besonders die Bienen und deren Leben und Arbeitsweise interessieren sie. So gibt es eine Tafel, die sich mit dem Bienentanz befasst, sagt Johannes Gräter. Dieser Rundtanz verweist auf Futterquellen, die sich nicht weiter als 100 Meter vom Bienenstock entfernt befinden. Die Biene läuft dabei auf der senkrechten Wabe im Kreis, immer abwechselnd rechts und links herum. Der Tanz ist umso temperament- und ausdrucksvoller, je mehr Nahrung es zu finden gibt. Schwänzelt die Biene an der Wabe ihre gerade Linie senkrecht von unten nach oben, liegt die Futterquelle auf dem direkten Weg vom Bienenstock in Richtung der Sonne.

Ertasten können Blinde auch den Aufbau einer Brutwabe und dabei erkennen, dass es hier Unterschiede zur "verdeckelten Honigwabe" gibt, erfährt Peter Lindemann. Im Bereich der Brut befinden sich einzelne leere Zellen. Schließlich zeigt eine dritte Tafel eine Biene natürlich in Großformat. Blinde Menschen ertasten den Körperbau, erfahren mehr über die vier Flügel, den Panzer und, dass weibliche Bienen einen Stachel besitzen. Bienen sind 15 bis 18 Millimeter lang. Wichtig ist es Markus Gütlein und Johanes Gräter aber auch, blinden Menschen die Angst vor Bienen zu nehmen. "Sie hören ja lediglich das Summen, bemerkten das Umherfliegen und das klingt für sie doch bedrohlich." Das alles soll in einem integrativen Pavillon der Bienenkunde, der zur Zeit in Planung ist, integriert werden. "Dieser ermöglicht es künftig Rollstuhlfahrern, Blinden , Gehörlosen und in begrenztem Maße auch geistig behinderten Menschen etwas über die Natur, die Imkerei und vor allem das Leben und die Arbeitsweise von Bienen zu erfahren".

Blinde und stark sehbehinderte Menschen erfahren künftig im Bienenzentrum Bad Königshofen auch, dass der Stich von Bienen oder Wespen schmerzhaft, aber meist harmlos ist, es sei denn, man ist allergisch. Bienen stechen nur zu ihrer Verteidigung. Da alles und vieles mehr wird es künftig im Integrativen Pavillon der Bienenkunde auf dem vereinseigenen Gelände des Imkervereins Bad Königshofen geben. Markus Gütlein: "Wir wollen bei uns im Landkreis Rhön-Grabfeld, sowie in den Nachbarlandkreisen Bad Kissingen und Hildburghausen Einrichtungen für behinderte Menschen und der Lebenshilfe ansprechen und auf unser Projekt aufmerksam machen." In dem zur Zeit noch in Planung befindlichem Pavillon können die Gäste künftig dann die Bienen kennenlernen, allerdings ohne umherfliegende Bienen. Dabei soll das gefahrlose Betrachten, Fühlen und Hören der Bienen im Bienenstock ermöglicht werden. Johannes Gräter verweist auf höhenverstellbare Arbeitstische , speziell für Rollstuhlfahrer, Relieftafeln zum Erfühlen der Bienenkunde, Einblicke per Bildschirm in einen Bienenstock und eventuell auch noch einen Vergrößerungsapparat für Sehbehinderte .

Dies alles soll in Zusammenarbeit mit der offenen Behindertenarbeit (OBA) der Lebenshilfe Bad Neustadt, dem Blindeninstitut Würzburg, sowie der Berliner Künstlerin erfolgen. "Eine gute Sache, die wir gerne mit einer Spende unterstützen", sagt Gebietsdirektor Peter Lindemann, der natürlich noch eine Führung durch das Bienenzentrum in der Bambergerstraße in Bad Königshofen bekam. Der Imkerverein Bad Königshofen zählt aktuell 80 Mitglieder und hat in drei Bauabschnitten seit 2009 das Bienenzentrum Rhön-Grabfeld aufgebaut. Nach der Stocklufttherapie gibt es nun das neueste Projekt für blinde und sehbehinderte Menschen, sowie Rollstuhlfahrer in einem integrativen Pavillon der Bienenkunde.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Arbeitstische
Behinderte
Behindertenarbeit
Blinde
Geistige Behinderungen
Imkerei
Imkervereine
Lebenshilfe
Professoren
Sehbehinderte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top