Der Nocker-Frischemarkt Hammelburg im Gewerbegebiet Ziegelhütte schließt am Samstag. 11. August. Insgesamt sind davon elf Mitarbeiter betroffen. „Die vorhandene Infrastruktur ließ ein wirtschaftlich sinnvolles Betreiben dieses Marktes nicht zu, so dass eine Schließung unausweichlich ist“, informiert die Firmenzentrale von Vion in Buchloe auf Nachfrage dieser Redaktion in knappen Worten über den Schritt. Seit gut 50 Jahren wurde nämlich im Gewerbegebiet Ziegelhütte Fleisch produziert und vertrieben.
Ein noch größerer Schlag für den Arbeitsmarkt war 2015 die Schließung des benachbarten Produktionsbetriebes durch die Lutz Fleischwaren GmbH in der Diebacher Straße. Das traf 100 eigene Beschäftige und noch einmal bis zu 50 Leiharbeiter. Die Unternehmensgeschichte war bewegt. Das Lutz-Zweigwerk gehörte ursprünglich zu Südfleisch und wurde 2006 von Vion geschluckt. Dabei war man noch guter Dinge, als der Hammelburger Betrieb 2014 mit sechs anderen vom holländisch-deutschen Konzern Vion an den Münchner Finanzinvestor Paragon Partners überging.
Ehrgeizige Ziele nicht erreicht
Der Frischemarkt war wenige Monate zuvor eröffnet worden. Die Lutz Frischecenter GmbH Hammelburg hatte damit ehrgeizige Ziele, die aber nicht erreicht wurden. Im Rahmen der Insolvenz der Lutz AG 2017 übernahm Nocker das Center. Nocker wiederum ist mittlerweile von Vion übernommen.
Der Frischemarkt an der Ziegelhütte hatte jedoch offenbar in dieser Konstellation keine Zukunft. Ziel war es bei Eröffnung Anfang 2015, auf 1600 Quadratmetern Fläche mit zunächst 15 Beschäftigten sowohl Einzelkunden als auch Wiederverkäufer und Gastronomen zu bedienen. Dazu waren der Abholmarkt und ein Bereich zum Warenversand gedacht. Mit der Neueröffnung schloss Lutz seinen eigenen Werksverkauf. Dort waren vier Mitarbeiter beschäftigt.
Die Frischecenter GmbH rechnete zunächst mit einem Einzugsbereich von 100 Kilometern. Auf zehn Lastwagen sollte der Fuhrpark zur Auslieferung anwachsen. Elf ähnliche Frischemärkte betrieb Lutz in Bayern unter anderem in Landsberg, München, Kulmbach, Günzburg und Ingolstadt.
Zur Bereitstellung der Waren im Abholmarkt hat Lutz Vion die Kühlgeräte des Rewe-Marktes übernommen, der an gleicher Stelle im Sommer 2013 geschlossen worden war.
Mitmieter fand sich nicht
Geplant war allerdings auch, unter gleichem Dach auf weiteren 500 Quadratmetern, neben dem Frischemarkt, ein weiteres Angebot zu etablieren. Gedacht war zum Beispiel an einen Getränkemarkt. Doch dazu kam es nie.
Errichtet worden war die Gewerbeimmobilie 1999 als Extra-Markt. Im Rahmen von Eigentümerwechseln in der Branche wurden nach Auflagen des Kartellamtes Märkte an Rewe abgegeben. Er schloss jedoch 2013, wohl weil zwei Rewe-Märkte in Hammelburg letztlich einer zu viel waren.
Gebäudeeigentümer denkt an Verkauf
Der Mietvertrag zwischen Eigentümer Edgar Hartung (Dipperz) und Nocker läuft Ende August aus. „Es gibt verschiedene Optionen“, sagt Hartung zur Nachnutzung. Er kann sich vorstellen, an einen neuen Betreiber zu vermieten, oder das Gebäude mit 2100 Quadratmetern Nutzfläche und 7000 Quadratmetern Grundstück zu verkaufen. Hartung hatte das Gebäude 2012 bei einer Zwangsversteigerung erworben. Inseriert hat er es als Verhandlungsbasis für 990 000 Euro, verweist aber zugleich auf einen Verkehrswert von 1,6 Millionen Euro. Auch als Lagerfläche wäre es geeignet. Dafür nennt Hartung einen Mietpreis von knapp 9000 Euro im Monat. Weil die Dichte an Lebensmittelmärkten in Hammelburg sehr groß ist, dürfte es schwer fallen, aus dieser Branche einen weiteren Anbieter in die Stadt zu bringen.
Frühere Produktionsstätte ist auch zu haben
Intensiviert wird nun auch die Vermarktung des früheren Produktionsbetriebes in der Diebacher Straße. Die Insolvenz der Lutz AG wird von der Anchor Management in Weilheim abgewickelt. Der Lutz AG gehörte das Gebäude bis zum Schluss. „Das war 2017 eine Top-Ten-Insolvenz“, spielt Rechtsanwalt Michael Verken auf den Umfang des Verfahrens an. Bis zu 30 Mitarbeiter sind damit beschäftigt. Bislang halte sich das Interesse an den Komplex in Grenzen. Dies ist wohl auch dem Alter der Bauten geschuldet. Eher unwahrscheinlich sei es, dass hier wieder eine Fleischproduktion einzieht.
Der Verkaufsprozess wird von der impro Immobilienverwertung GmbH begleitet. Sie ist bereits seit 1993 deutschlandweit als Spezialist für die Verwertung von Insolvenz-Immobilien tätig. Gerade schreibt sie das Gelände auf der Suche nach einem neuen Käufer aus. Geboten sind auf 19 000 Hammelburger Quadratmetern Grundstücksfläche knapp 8000 Quadratmeter für Produktion Lager und Verwaltung und ein Mehrfamilienhaus mit 250 Quadratmetern Wohnfläche. Als Verhandlungsbasis werden 885 000 Euro aufgerufen.