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Münnerstadt
Friedhofsanlage ein Kind des Betonzeitalters
Zum Fest Allerheiligen vor 50 Jahren wurden die Leichenhausanlage und die Kriegergedächtnisstätte ihrer Bestimmung übergeben. Die Freude hielt nicht lange.
Am 1. November 1968 wurde die Leichenhallenanlage zusammen mit der Kriegergedächtnisstätte feierlich übergeben. Stadtarchiv/Gerhard Fuhrmann       -  Am 1. November 1968 wurde die Leichenhallenanlage zusammen mit der Kriegergedächtnisstätte feierlich übergeben. Stadtarchiv/Gerhard Fuhrmann
| Am 1. November 1968 wurde die Leichenhallenanlage zusammen mit der Kriegergedächtnisstätte feierlich übergeben. Stadtarchiv/Gerhard Fuhrmann
Thomas Malz
 |  aktualisiert: 18.08.2022 15:45 Uhr

Nur noch die älteren Münnerstädter können sich daran erinnern, dass auf dem Friedhof eine Kapelle stand, die 1875 erbaut wurde, weil der Vorgängerbau marode geworden war. Diese Kapelle fiel 1967 dem Neubau der Leichenhausanlage zum Opfer. "Rund dreieinhalb Jahre benötigte der Stadtrat für die Verwirklichung einer neuen Leichenhausanlage, die zunächst großzügig geplant, später nochmals durchdacht und mit Rücksicht auf die erforderlichen Baukosten neu projektiert wurde, nun gut gelungen und für die nächsten Jahrzehnte würdig den gestellten Aufgaben gerecht werden kann", war am 29. Oktober 1968 in einer Vorankündigung für die Einweihung am 1. November in der Zeitung zu lesen.

Bereits 1965 lagen die ersten Planungen vor. Obwohl die Ausschreibung für den Rohbau bereits erfolgt war, gab ein Jahr später erhebliche Änderungen, die hauptsächlich der Kostenersparnis dienten. Eigentlich sollte das Ganze nicht mehr als 400 000 DM kosten, am Ende waren es doch ein paar Zehntausende mehr. Neu gebaut wurden damals eine Kapelle mit turmähnlichem Glockenträger, eine Aussegnungshalle, Sezierraum, Räume für die Angehörigen, den Geistlichen, den Totengräber, den Gärtner und die Geräte, eine Garage sowie zwei Toiletten.

"Mit der Friedhofsanlage hat der Stadtrat auch die Frage eines Ehren- oder Mahnmals für die Kriegstoten gelöst", stand vor 50 Jahren in der Zeitung. Das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des 1. Weltkriegs, an dem später eine Tafel mit den Gefallenen des 2. Weltkriegs angebracht worden war, hielt man für nicht würdig. Den Zuschlag bekam eine Gruppe aus 16 Betonkreuzen, die ein Massengrab versinnbildlichen sollte.

Bei der Feierstunde am 1. November 1968 verwies der Architekt darauf, es sei ihm noch nie passiert, dass so heftig um jedes Detail gerungen wurde, wie bei dieser Anlage. Er wertete das allerdings als Zeichen des großen Interesses. Auch zu der Feierstunde selbst waren zahlreiche Münnerstädter gekommen. Oberregierungsrat Dr. Göbig, der als Vertreter der Landkreisverwaltung und als Stadtrat selbst am Neubau der Friedhofsanlage mitgewirkt hatte, "bezeichnete Aussegnungshalle und Friedhofskapelle als Spiegelbild der Geisteshaltung und christlichen Gesinnung einer Gemeinde", war damals in der Zeitung zu lesen. Münnerstadt habe mit dem Bau einer neuen Kapelle, eines großzügigen Leichenhauses und eines würdigen Ehrenmals trotz Förderung durch Kreis und Stadt eine kulturelle Tat als echte Gemeinschaftsleistung vollbracht, die vollste Anerkennung verdiene und als Vorbild anzusehen sei. Die Predigt zur Einweihung hielt der evangelische Pfarrer Hans-Peter Wagner, Stadtpfarrer Pater Hugolin Landvogt segnete die Anlage und die Kriegergedächtnisstätte.

Nicht einmal 20 Jahre später musste sich der Stadtrat erneut mit dem Thema beschäftigen. 1984 war die Friedhofskapelle wegen des undichten Daches unbenutzbar geworden. Außerdem hatte sich herausgestellt, dass sie viel zu klein war, weshalb mehrere Varianten einer Vergrößerung zur Diskussion standen. Damals zeigten sich auch schon erste Wasserschäden in der Aussegnungshalle.

Genau 25 Jahre nach Einweihung der Friedhofsanlage machte der damalige Stadtpfarrer Pater Edelbert Paul auf die unhaltbaren Zustände aufmerksam. Längst fanden da die Requien in der Stadtpfarrkirche statt. 1984 stellte die Stadt dann 250 000 DM für die Sanierung der Leichenhalle zur Verfügung. Zwischenzeitlich gab es Überlegungen, die nicht mehr nutzbare Friedhofskapelle als Gedenkstätte zu nutzen.

Inzwischen hatte der Bundesverband der Bestatter den Lehrfriedhof neben der Anlage eingerichtet und der Verband brachte auch die Lösung für die Friedhofskapelle. Sie wurde 1998 abgerissen und an gleicher Stelle ein Seminargebäude für die Bestatterausbildung gebaut, die Theo-Remmertz-Akademie.

Längst war da schon das Denkmal für die Opfer der Kriege völlig unansehnlich geworden. 2005 wurden auf Initiative der Reservistenkameradschaft Münnerstadt und mit Unterstützung der Stadt die 16 Betonkreuze beseitigt und das neue Denkmal an der Rückwand der Theo-Remmertz-Akademie eingeweiht.

Eine absolute Aufwertung bekam das Ensemble dann 2013. Die alten Kreuzwegstationen, die früher an der Friedhofsmauer standen wurden auf Initiative des Altstadtverein an der Aussegnungshalle anbebracht. Altbürgermeister Ferdinand Betzer hatte die Restaurierung angestoßen. 15 Jahre hatten die Reliefplatten in Depots verbracht, einige galten als verschollen, bis auf eine wurden aber alle wiedergefunden und dank großzügiger Spenden restauriert.

Jetzt, so sagt Bürgermeister Helmut Blank, sei die Anlage in Schuss. Dafür sei aber auch genügend Geld investiert worden "Nur die Lautsprecheranlage muss einmal erneuert werden."

 
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