Ende 2008 laufen die Verträge der Landkreis-Tochter Kommunalunternehmen (KU) mit den Entsorgern der verschiedenen Müllfraktionen aus. Schon im Mai 2007 hatte man sich Gedanken über eine EU-weite Ausschreibung der Müll-Lose gemacht und dabei auch die Einführung der Blauen Tonne im Landkreis beschlossen. Im August meldete dann ROWE beim Landratsamt an, dass es die Altpapiertonnen im Kreis Kissingen aufstellen will.
Untersagungsverfügung
Das Landratsamt reagierte im Oktober mit einer Untersagungsverfügung, in der die staatliche Behörde anführte, dass nach Paragraf 13 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes das „öffentliche Interesse überwiegend beeinträchtigt“ sei, wenn die Firma tätig werde. Denn wenn nicht alle Bürger die Tonnen der Firma annehmen, sei der Landkreis gezwungen, weiter an 147 Wertstoff-Inseln und 24 Wertstoffhöfen Papiercontainer zu unterhalten, hieß es in dem 17-seitigen Bescheid.
Zudem müssten die Bürger vielleicht mit höheren Müllgebühren rechnen, wenn dem Kreis die Einnahmen aus dem Papiergeschäft entgingen. ROWE reichte im November Klage beim Verwaltungsgericht ein und beantragte, den sofortigen Vollzug der Untersagung aufzuheben. Dann hätte die Firma nämlich im Vorfeld Müllgefäße aufstellen dürfen. Die Überraschung kam dann nach der Jahreswende: Das Kommunalunternehmen reagierte prompt und verteilte 23 000 Blaue Tonnen im gesamten Landkreis.
In Sachen Blaue Tonne wird derzeit bundesweit verhandelt. Zahlreiche Urteile wurden auch bei der Verhandlung in Würzburg aufgezählt, allerdings waren nur wenige Fälle vergleichbar, wie der des Landkreises Forchheim. Dort hatten sich drei Anbieter um die Blaue Tonne gestritten und man war überein gekommen, dass jede Firma bestimmte Gemeinden bedient. Brandneu ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg, demzufolge der Landkreis Unterallgäu Privatfirmen das Aufstellen der Blauen Tonne nicht verbieten dürfe.
Bislang ging es in all diesen Urteilen jedoch immer um das Aussetzen des Sofortvollzugs. In Würzburg vor dem Verwaltungsgericht wurde erstmals in einem „Hauptsache-Verfahren“ verhandelt, ob Privatfirmen mit dem Aufstellen der Altpapiertonnen das „öffentliche Interesse beeinträchtigen“. Was dem öffentlichen Interesse entgegen stehe, sei nicht ganz klar, formulierte der Richter.
Das Argument des Landratsamts, das KU habe die Papierentsorgung bereits ausgeschrieben, als ROWE das Anliegen kundtat, ließ das Gericht nicht gelten. Auch „rein fiskalische Argumente“, wie eine mögliche Erhöhung der Müllgebühren, reichten nicht aus für überwiegend öffentliches Interesse, hieß es. Zudem tat sich der Richter mit dem Argument fehlender Planungssicherheit schwer: Wenn die Firma nach vier Jahren die Tonnen wieder abzöge, müsse halt der Kreis wieder seine 147 Wertstoffinseln mit Papiercontainern ausstatten, so der Vorsitzende.
Nach besagtem Paragraf 13 stehe es jedem Bürger frei, wem er sein Papier zur Entsorgung überlasse, bemühte der Rechtsanwalt der Klägerin nochmals das Gesetz. Seiner Ansicht nach habe der Landkreis nur „Auffang-Funktion“, wenn die Papierentsorgung gefährdet sei.