
Es sollte ein schöner Abend werden, im März vergangenen Jahres. Mit zwei Freundinnen vergnügt sich die heute 23-Jährige in der Bad Kissinger Spielbank an Geldautomaten. Eine Frau setzt sich an das Gerät neben ihr. Eine Transperson, wie sich später herausstellt.
Nur ein kleiner Gefallen
Sie kommen ins Gespräch, „es war eine lockere Stimmung“, sagt der Anwalt. Die Beschuldigte möchte sich vor Gericht nicht selbst äußern. Die Transperson bittet die junge Frau um einen kleinen Gefallen.
Sie sei Prostituierte und warte auf die Überweisungen eines Freiers in Höhe von 200 Euro . Auf ihr Konto dürfe der Betrag nicht überwiesen werden, weil die Ehefrau des Mannes Verdacht schöpfen könnte.
Mann mit Nacktfotos erpresst
Der Staatsanwalt erklärt die wahren Hintergründe. Die Transperson biete über das Internet sexuelle Dienste an. Ein Mann nahm Kontakt auf. Über Mobiltelefone wurden gegenseitig Fotos ausgetauscht. Der Mann hatte auch mehrere freizügige Aufnahmen von sich geschickt. Auf einem Foto soll er sich splitternackt selbst geohrfeigt haben.
Die Folge war eine üble Erpressung. Falls er nicht zahle, würden die anzüglichen Bilder veröffentlicht. Der Mann zahlte. Insgesamt etwa 20.500 Euro sollen in mehreren Raten übergeben worden sein, sagt der Vertreter der Anklage. Die Erpressung wird in einem gesonderten Prozess verhandelt.
200 Euro überwiesen
Zurück im Spielcasino: Die junge Frau nennt die Daten ihres Girokontos. Die Transperson gibt die Kontonummer per Telefon weiter. Über ihre Bank-App sieht die 23-Jährige zehn Minuten später, dass die 200 Euro eingegangen sind.
Jetzt schlägt die Stimmung um. Es wird nicht mehr locker geplaudert und gescherzt. „Druckvoll, fordernd und nachdrücklich“, so schildert der Anwalt das Verhalten der Erpresserin .
„Bedrohliche Situation“
Die junge Frau muss sofort mit zum nächsten Geldautomaten und die überwiesene Summe abheben. 150 Euro lässt sie sich auszahlen, 50 Euro aus ihrer Geldbörse übergibt sie ebenfalls. Die Situation sei für seine Mandantin sehr bedrohlich gewesen, sagt der Verteidiger.
Der Ankläger wirft ihr vor, billigend in Kauf genommen zu haben, dass die 200 Euro aus kriminellen Machenschaften stammten. Sie habe sich deshalb der Geldwäsche schuldig gemacht.
„Tun Sie das nie wieder!“
Die Richterin ermahnt die Beschuldigte eindringlich: „Sie lernen jemanden im Casino kennen und stellen sofort Ihr Girokonto zur Verfügung?“ Und weiter: „Tun Sie das nie wieder, mit diesem Leichtsinn schaden Sie sich selbst.“
Der Verteidiger sieht bei seiner Mandantin keine kriminelle Absicht und spricht von einem „Augenblicksversagen“. Er schlägt vor, das Verfahren einzustellen.
750 Euro Geldauflage
Das sehen auch die Vorsitzende und der Staatsanwalt so. Gegen eine Geldauflage von 750 Euro wird das Verfahren eingestellt.
Zusätzlich bleibt die junge Frau auch auf einem Schaden von 5,49 Euro sitzen. Dieser Betrag wurde für die Auszahlung der 150 Euro am Automaten fällig, weil sie das Geld nicht bei ihrer Hausbank abheben durfte. Die Erpresserin hatte es sehr eilig.